Großspeicher im Anmarsch

Mehrere Reihen mit Containern (Großspeicher), im Hintergrund HochspannungsmastenFoto: iStock.com/Young777
Große Batteriespeicher sind für die Energiewende wichtig. Aufgrund guter Gewinner­war­tungen hat ein Boom von Speicherparks begonnen. Für Genehmigungs­behör­den und die Standortkommunen ist das ein neues Thema, mit dem sie umgehen müssen.

Bislang sind nach Zahlen des Bundesverbands Energiespeichersysteme (BVES) noch keine 2 Gigawatt an Großspeicher-Systemen mit dem deutschen Stromnetz verbunden. Aber der Wachstumstrend ist unübersehbar. Die Container voller Lithium-Ionen-Zellen können das fluktuierende Energieangebot von Sonne und Wind gegenüber dem Strombedarf puffern. Aufgrund starker Preisschwankungen an der Strombörse, verursacht von zunehmender Wind- und Solarstromerzeugung, erwarten Investoren, dass die in der Beschaffung immer günstigeren Batteriespei­cher sich schon nach kurzer Zeit bezahlt machen. Das gilt sowohl für Batterien in Verbindung mit Solarparks (Stichwort: Co-Lokation) als auch für unabhängig von der Erzeugung be­trie­be­ne Stand-Alone-Speicher.

In Co-Lokation werden Großspeicher mit neu­en PV-Anlagen oft schon gleich mitgeplant. Die Batterien helfen den Betreibern, ihre Solarstrom­ernte nicht in der Mittagsspitze verkau­fen zu müssen, wenn Strom an sonnigen Tagen kaum Geld bringt, sondern am Abend oder am nächsten Morgen, wenn die Preise an der Börse hoch sind.
Bislang scheint der noch interessantere Business Case aber derjenige für Stand-Alone-Batterien zu sein, deren Betrieb sich aufgrund der Strompreis­schwan­­kun­gen schnell rechnen.

Vorstoß in den Gigawattbereich

Typische Batterieparks bestehen aus mehreren Containern, haben eine Leistung von 10 bis 50 Mega­watt und können bei voller Leistung Strom für ein bis vier Stunden ein- oder ausspeichern. Die größten Speicher in Deutschland haben eine Kapazität von mehr als 200 Megawattstunden. In Waltrop möchte der Stadtwerke­verbund Trianel ab dem kommenden Jahr bei einem Großspeicher erstmals in den Gigawattbereich vorstoßen. Solche Containeransammlungen benötigen Platz und einen ausreichend starken Netzanschluss. Als Standorte empfehlen sich deshalb Industriege­biete mit einer ohnehin groß dimensionierten Stromversorgung ebenso wie ländliche Stand­orte in der Nähe von Umspannwerken. So kommt es, dass Bürgermei­s­ter:in­nen und Kommunalverwaltun­gen in der Provinz sich unverhofft mit Bauvoranfragen für einen Großspei­cher konfrontiert sehen.

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Ein schlagkräftiges Argument aus Sicht vieler Kommunen: Die Großspeicher versprechen Einnahmen für die Gemeinde. Dass der Großteil der Gewerbesteuer tatsächlich im Gemeinde­säckel landet, dafür hat noch die Ampelregierung im Bund mit dem Jahres­-­ Steuer­ge­setz im Herbst 2024 ge­sorgt. Seitdem ist klar, dass ebenso wie bei Wind- und Solarparks auch von der Gewerbesteuer einer Großbatterie 90 Prozent an die Standortgemeinde fließen und nur 10 Prozent dort verbleiben, wo die Betreibergesellschaft ihren Sitz hat.

Skepsis in Kommunen

Dennoch sind manche Gemeinden skeptisch, denn von Wind- und Solarprojekten hat sich herumgesprochen, dass je nach Abschreibungsmodell mitunter erst nach vielen Jahren erste Gewerbesteuern fällig werden. Bei einem Großspeicher werde es allerdings schnel­ler gehen, meint Arne Weinig, Ge­­schäftsführer der Tauber-Solar-Grup­pe, die neben Solarparks inzwischen auch Stand-Alone-Großbatte­rien betreibt: „Die ersten Gewerbesteuerflüsse an die Stand­ort­kom­mu­nen können erfolgen, sobald die Betreibergesellschaft Gewerbesteuererträge erzielt. Wir ge­hen davon aus, dass dies bereits innerhalb der ersten Betriebsjahre der Fall sein wird.“

Die Rentabilität der Speicherprojek­te wird allerdings davon abhängen, wie schnell der Ausbau von Erneuerbaren und Flexibilitäten in den nächsten Jah­ren vorangeht. Solange der Preis weiterhin wie in diesem Sommer am Spot­markt der Leipziger Strombörse täglich zwischen null Euro in den Mittags­stun­den und mehr als 100 Euro pro Megawattstunde am Abend und am frühen Morgen schwankt, kön­nen Speicherbetreiber mit Arbitrage-Geschäft schnelles Geld machen.

Dass im aktuellen Windhundrennen gebaute Lithiumspeicher schon bald zu Bauruinen würden, für die sich kein Investor mehr interessiert, damit ist frei­lich nicht zu rechnen. Denn Flexi­bilität im Stromnetz wird mit stei­gendem Anteil erneuerbarer Energien dauerhaft gebraucht werden.

Kommunen unterstützen

Derweil beschäftigt das Thema die Behörden vor Ort, die sich in die speziellen Aspekte von Großspeichern erst einar­bei­­ten müssen. In den Standortgemeinden spüre er eine grund­sätzliche Offenheit gegenü­ber den Batterieparks, sagt Projektierer Weinig: „Die Kommunen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind sehr aufgeschlossen und durchaus neu­gie­rig, was für die Projektent­wick­lung förderlich ist. Hier erhalten wir hilfreiche Unterstützung.“

Mühsamer sei der Umgang mit oft auf Kreisebene angesiedelten Genehmigungsbehörden, wo es noch an fach­lichen Einschätzun­gen oder schlicht an Routine fehle, berich­tet Weinig: „Das muss erst wachsen. Diese Unsicherheit führt in einigen Fällen dazu, dass durchaus das ganze Repertoi­re an Auflagen und Gutachten in Genehmigungen beziehungsweise in die Vollständigkeitsprüfung der Anträ­ge zur Baugenehmigung aufgenom­men wird – nach dem Motto viel hilft viel.“ Regelmäßig sei etwa bei den The­men Brand- und Schall­schutz eine intensivere Diskussion be­ziehungsweise Aufklärungsarbeit not­wendig.

Für einen Großbatteriespeicher ist in der Regel ein Bebauungsplan vonseiten der Gemeinde erforderlich. Im Außenbereich können kleinere Anlagen aber zulässig sein, wenn sie als Nebenanlagen von privilegierten Photovoltaik- oder Windkraftanlagen errichtet werden. Das kann bei PV-Anlagen entlang von Autobahnen und Schienenwegen der Fall sein oder auch bei kleineren Agri-Photovoltaikanlagen bis 2,5 Hek­tar. Eine eigenständige Stellung im Baurecht haben Energiespeicher bislang nicht, obwohl die Ampelkoalition dies im Zuge einer größeren Energierechtsnovelle geplant hatte.

Werden Batteriespeicher allerdings als Nebenanlagen von Wind- oder vor allem Solarparks geplant, fallen sie heu­te schon in der Schutzgüterabwägung unter die Vorzugsbehandlung nach § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Sie dienen dann unter bestimmten Voraussetzungen dem „überragenden öffent­li­chen Interesse und der öffentlichen Sicherheit“. Auf diese Weise sind sie durch die Genehmigungsbehörden als vorrangiger Belang zu bewerten.
Auch Bürgerenergiegesellschaften, die lokale Solarparks betreiben, dürften sich zunehmend für Batterien interessieren. Schließlich werden diese immer wichtiger, um mit Solarstrom in der sogenannten Direktvermarktung gute Preise zu erzielen.

Bürger-Batterien

Und selbst Stand-Alone-Batterien, die bislang eher als Option für risiko­affine Großinvestoren gelten, könnten auch für lokale Bürgerenergie-Akteure ein Thema werden. Das jedenfalls meint Benjamin Ohlhäuser von der Berliner Team Edda GmbH, einem Start-up, das Bürgerenergiegenossenschaften, Landwirte und kleinere Stadtwerke bei der Projektierung von Batterieparks beglei­tet, um auf diese Weise „Bürger-Batte­rien“ zu realisieren.
Ohlhäuser empfiehlt kleinen Akteuren, sich nicht aufgrund der Risiken von dem attraktiven Geschäfts­feld fernzuhalten, sondern „einfach mal mit der Projektierung zu beginnen“. Risiken ließen sich nämlich durch Bundling von Kapazitäten und gemeinsames Auftre­ten gegenüber Batterieanbietern, Direktvermarktern und Versicherern minimieren. Lokale Genossenschaften hät­­ten durch ihre hohe Akzeptanz vor Ort eigentlich ide­ale Voraussetzungen, um jetzt im Windhundrennen zu bestehen, sagt Ohlhäuser: „Energiespei­cher kommen sowieso – die Frage ist nur, wer sie baut und betreibt.“

Autor: Guido Bröer | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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