Großspeicher im Anmarsch

Bislang sind nach Zahlen des Bundesverbands Energiespeichersysteme (BVES) noch keine 2 Gigawatt an Großspeicher-Systemen mit dem deutschen Stromnetz verbunden. Aber der Wachstumstrend ist unübersehbar. Die Container voller Lithium-Ionen-Zellen können das fluktuierende Energieangebot von Sonne und Wind gegenüber dem Strombedarf puffern. Aufgrund starker Preisschwankungen an der Strombörse, verursacht von zunehmender Wind- und Solarstromerzeugung, erwarten Investoren, dass die in der Beschaffung immer günstigeren Batteriespeicher sich schon nach kurzer Zeit bezahlt machen. Das gilt sowohl für Batterien in Verbindung mit Solarparks (Stichwort: Co-Lokation) als auch für unabhängig von der Erzeugung betriebene Stand-Alone-Speicher.
In Co-Lokation werden Großspeicher mit neuen PV-Anlagen oft schon gleich mitgeplant. Die Batterien helfen den Betreibern, ihre Solarstromernte nicht in der Mittagsspitze verkaufen zu müssen, wenn Strom an sonnigen Tagen kaum Geld bringt, sondern am Abend oder am nächsten Morgen, wenn die Preise an der Börse hoch sind.
Bislang scheint der noch interessantere Business Case aber derjenige für Stand-Alone-Batterien zu sein, deren Betrieb sich aufgrund der Strompreisschwankungen schnell rechnen.
Vorstoß in den Gigawattbereich
Typische Batterieparks bestehen aus mehreren Containern, haben eine Leistung von 10 bis 50 Megawatt und können bei voller Leistung Strom für ein bis vier Stunden ein- oder ausspeichern. Die größten Speicher in Deutschland haben eine Kapazität von mehr als 200 Megawattstunden. In Waltrop möchte der Stadtwerkeverbund Trianel ab dem kommenden Jahr bei einem Großspeicher erstmals in den Gigawattbereich vorstoßen. Solche Containeransammlungen benötigen Platz und einen ausreichend starken Netzanschluss. Als Standorte empfehlen sich deshalb Industriegebiete mit einer ohnehin groß dimensionierten Stromversorgung ebenso wie ländliche Standorte in der Nähe von Umspannwerken. So kommt es, dass Bürgermeister:innen und Kommunalverwaltungen in der Provinz sich unverhofft mit Bauvoranfragen für einen Großspeicher konfrontiert sehen.

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Ein schlagkräftiges Argument aus Sicht vieler Kommunen: Die Großspeicher versprechen Einnahmen für die Gemeinde. Dass der Großteil der Gewerbesteuer tatsächlich im Gemeindesäckel landet, dafür hat noch die Ampelregierung im Bund mit dem Jahres- Steuergesetz im Herbst 2024 gesorgt. Seitdem ist klar, dass ebenso wie bei Wind- und Solarparks auch von der Gewerbesteuer einer Großbatterie 90 Prozent an die Standortgemeinde fließen und nur 10 Prozent dort verbleiben, wo die Betreibergesellschaft ihren Sitz hat.
Skepsis in Kommunen
Dennoch sind manche Gemeinden skeptisch, denn von Wind- und Solarprojekten hat sich herumgesprochen, dass je nach Abschreibungsmodell mitunter erst nach vielen Jahren erste Gewerbesteuern fällig werden. Bei einem Großspeicher werde es allerdings schneller gehen, meint Arne Weinig, Geschäftsführer der Tauber-Solar-Gruppe, die neben Solarparks inzwischen auch Stand-Alone-Großbatterien betreibt: „Die ersten Gewerbesteuerflüsse an die Standortkommunen können erfolgen, sobald die Betreibergesellschaft Gewerbesteuererträge erzielt. Wir gehen davon aus, dass dies bereits innerhalb der ersten Betriebsjahre der Fall sein wird.“
Die Rentabilität der Speicherprojekte wird allerdings davon abhängen, wie schnell der Ausbau von Erneuerbaren und Flexibilitäten in den nächsten Jahren vorangeht. Solange der Preis weiterhin wie in diesem Sommer am Spotmarkt der Leipziger Strombörse täglich zwischen null Euro in den Mittagsstunden und mehr als 100 Euro pro Megawattstunde am Abend und am frühen Morgen schwankt, können Speicherbetreiber mit Arbitrage-Geschäft schnelles Geld machen.
Dass im aktuellen Windhundrennen gebaute Lithiumspeicher schon bald zu Bauruinen würden, für die sich kein Investor mehr interessiert, damit ist freilich nicht zu rechnen. Denn Flexibilität im Stromnetz wird mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien dauerhaft gebraucht werden.
Kommunen unterstützen
Derweil beschäftigt das Thema die Behörden vor Ort, die sich in die speziellen Aspekte von Großspeichern erst einarbeiten müssen. In den Standortgemeinden spüre er eine grundsätzliche Offenheit gegenüber den Batterieparks, sagt Projektierer Weinig: „Die Kommunen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind sehr aufgeschlossen und durchaus neugierig, was für die Projektentwicklung förderlich ist. Hier erhalten wir hilfreiche Unterstützung.“
Mühsamer sei der Umgang mit oft auf Kreisebene angesiedelten Genehmigungsbehörden, wo es noch an fachlichen Einschätzungen oder schlicht an Routine fehle, berichtet Weinig: „Das muss erst wachsen. Diese Unsicherheit führt in einigen Fällen dazu, dass durchaus das ganze Repertoire an Auflagen und Gutachten in Genehmigungen beziehungsweise in die Vollständigkeitsprüfung der Anträge zur Baugenehmigung aufgenommen wird – nach dem Motto viel hilft viel.“ Regelmäßig sei etwa bei den Themen Brand- und Schallschutz eine intensivere Diskussion beziehungsweise Aufklärungsarbeit notwendig.
Für einen Großbatteriespeicher ist in der Regel ein Bebauungsplan vonseiten der Gemeinde erforderlich. Im Außenbereich können kleinere Anlagen aber zulässig sein, wenn sie als Nebenanlagen von privilegierten Photovoltaik- oder Windkraftanlagen errichtet werden. Das kann bei PV-Anlagen entlang von Autobahnen und Schienenwegen der Fall sein oder auch bei kleineren Agri-Photovoltaikanlagen bis 2,5 Hektar. Eine eigenständige Stellung im Baurecht haben Energiespeicher bislang nicht, obwohl die Ampelkoalition dies im Zuge einer größeren Energierechtsnovelle geplant hatte.
Werden Batteriespeicher allerdings als Nebenanlagen von Wind- oder vor allem Solarparks geplant, fallen sie heute schon in der Schutzgüterabwägung unter die Vorzugsbehandlung nach § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Sie dienen dann unter bestimmten Voraussetzungen dem „überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit“. Auf diese Weise sind sie durch die Genehmigungsbehörden als vorrangiger Belang zu bewerten.
Auch Bürgerenergiegesellschaften, die lokale Solarparks betreiben, dürften sich zunehmend für Batterien interessieren. Schließlich werden diese immer wichtiger, um mit Solarstrom in der sogenannten Direktvermarktung gute Preise zu erzielen.
Bürger-Batterien
Und selbst Stand-Alone-Batterien, die bislang eher als Option für risikoaffine Großinvestoren gelten, könnten auch für lokale Bürgerenergie-Akteure ein Thema werden. Das jedenfalls meint Benjamin Ohlhäuser von der Berliner Team Edda GmbH, einem Start-up, das Bürgerenergiegenossenschaften, Landwirte und kleinere Stadtwerke bei der Projektierung von Batterieparks begleitet, um auf diese Weise „Bürger-Batterien“ zu realisieren.
Ohlhäuser empfiehlt kleinen Akteuren, sich nicht aufgrund der Risiken von dem attraktiven Geschäftsfeld fernzuhalten, sondern „einfach mal mit der Projektierung zu beginnen“. Risiken ließen sich nämlich durch Bundling von Kapazitäten und gemeinsames Auftreten gegenüber Batterieanbietern, Direktvermarktern und Versicherern minimieren. Lokale Genossenschaften hätten durch ihre hohe Akzeptanz vor Ort eigentlich ideale Voraussetzungen, um jetzt im Windhundrennen zu bestehen, sagt Ohlhäuser: „Energiespeicher kommen sowieso – die Frage ist nur, wer sie baut und betreibt.“
Autor: Guido Bröer | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 7/25 der Zeitschrift Energiekommune erschienen, dem Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!