Kurswechsel beim Emissionshandel in der EU?

Reihe von wehenden Europaflaggen vor dem Hauptgebäude der EU-Kommission in Brüssel.Foto: Guido Bröer
Die Regierungschef:innen haben bei ihrem Gipfeltreffen am 23. Oktober auch über den ab 2027 geplanten Emissionshandel für Straßenverkehr und Gebäude (ETS 2) diskutiert. Es gibt starke Bestrebungen, dieses Instrument für den Klimaschutz abzuschwächen. Doch es gibt auch warnende Stimmen wie den Energieberaterverband GIH, dies könne die Wärmwewende gefährden.

Schon im Vorfeld des Gipfels hatten Mitgliedsstaaten angesichts der mit dem ETS2 zu erwartenden Kostensteigerungen für Autofahrer:innen und Hauseigentümer:innen gefordert, den ab 2027 für sie geplanten Emissionshandel sanfter zu gestalten oder zu verschieben.

In Deutschland gibt es bereits CO2-Preise, die etwa bei fossilen Treibstoffen, bei Erdgas und Heizöl zu zahlen sind. Sie betragen derzeit 55 Euro je Tonne. Mit dem Emissionshandel auf europäischer Ebene, dem ETS2, gäbe es keine festgelegten Preise, sondern Angebot und Nachfrage würden sie regeln. Dabei gibt es unterschiedliche Annahmen zur Höhe des CO2-Preises. Sie bewegen sich zwischen 80 und 200 Euro je Tonne ab 2027.

ETS 2 überarbeiten?

Dies stellt der Gipfel nun in Frage, auch wenn der Einstieg in den ETS2 offenbar nicht verschoben werden soll. Im Abschlussdokument heißt es schwammig: “Der Europäische Rat nimmt die Absicht der Kommission zur Kenntnis, Maßnahmen zur Erleichterung des Inkrafttretens des ETS2 vorzuschlagen, und ersucht die Kommission, eine Überarbeitung des ETS2-Umsetzungsrahmens, einschließlich aller relevanten Aspekte, vorzulegen.”

Damit ist nun völlig offen, in welche Richtung der Emissionshandel geht und welche Wirkung er entfalten kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in einem Brief angekündigt, Preissprünge beim Emissionshandel vermeiden zu wollen.

Union stellt eigenes Klimaschutzinstrument infrage

Für die CDU/CSU könnte dies auch ihr bislang als von ihr als zentral angesehenes Klimaschutzinstrument infrage stellen. Zur Bundestagswahl hatte sich in ihrem Programm erklärt: “Wir setzen auf den Emissionshandel. Er ist das richtige Instrument, um die Emissionsmenge effizient zu begrenzen und damit das Klima bestmöglich zu schützen.” Dies Aussage steht direkt nach der Forderung, das “Heizungsgesetz” abzuschaffen.

Der Energieberaterverband GIH sieht in einer Abschwächung des geplanten Emissionshandels eine Gefährdung der Wärmewende. “Jetzt braucht es keine neue Unsicherheit durch kurzfristige Richtungswechsel, sondern stabile und planbare Rahmenbedingungen für die Energiewende“, sagt GIH-Vorsitzender Stefan Bolln, Die Umstellung auf erneuerbare Energien im Gebäudesektor laufe bereits. Sie brauche weiterhin verlässliche Signale.

Niedriger CO2-Preis sendet falsches Signal

Zwar sei es wichtig, beim ETS2 die Einbindung aller Mitgliedstaaten sicherzustellen, so Bolln. Auch Sozialverträglichkeit und faire Übergänge seien zu berücksichtigen. Allerdings dürfe dabei nicht das Ziel infrage gestellt werden. „Ein zu niedriger CO2-Preis sendet das falsche Signal: Fossile Heizungen bleiben wirtschaftlich erstmal attraktiv, Frühumsteiger werden so faktisch benachteiligt.“, so Bolln. Damit gefährde man den Ausbau der erneuerbaren Energien, senke den Anreiz für sinnvolle energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle und schwäche die Glaubwürdigkeit der Energiewende.

Nun droht aus Sicht des GIH eine Verzerrung des Preissignals. “Ein niedriger Einstiegspreis könnte fossile Technik kurzfristig günstiger erscheinen lassen, obwohl sie langfristig teurer ist”, erklärt der Verband. Zudem bestehe die Gefahr, dass durch das spätere Nachziehen der Zertifikate der CO2-Preis in einigen Jahren umso stärker ansteige.

Autor: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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