Windenergie: Stadtwerke als Windmüller
Foto: Stadtwerke MünsterEs ist zehn Jahre her, dass sich die Stadtwerke Haltern am See erstmals an einer Windkraftanlage beteiligt haben. Inzwischen enthält das Windenergie-Portfolio des Kommunalunternehmens mehr als ein halbes Dutzend Beteiligungen mit Anteilen von jeweils zwischen 3 und 50 Prozent.
„Windenergie ist für uns ein durchweg positives Geschäftsfeld. Und wir bereuen nicht, dass wir an einer der ersten Anlagen hier auf Halterner Stadtgebiet beteiligt waren“, sagt Stadtwerke-Chef Carsten Schier rückblickend. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Projektgesellschaften um GmbH & Co. KGs. Aber auch an der Energiegenossenschaft Haltern am See e.G. mit 1.400 Mitgliedern ist das Stadtwerk zu 9,7 Prozent beteiligt. Schier, der selbst im Genossenschaftsvorstand mitwirkt, sieht hier eine Win-win-Situation für beide Seiten: „Es ist aus Sicht der Energiegenossenschaft nicht zwingend notwendig, dass wir als Stadtwerk an ihr beteiligt sind – sie würden alles auch ohne uns schaffen. Aber es unterstützt natürlich das Engagement, wenn der kommunale Player vor Ort seine Expertise einbringt.“
Allemal scheint die Einbindung der Kommune und der Bürgerschaft die Einstellungen gegenüber der Windenergie in der Stadt nördlich des Ruhrgebiets positiv zu beeinflussen – so zumindest Schiers Eindruck: „Das war über Jahre hinweg ein schwieriges Thema. Aber die Akzeptanz der Windkraftanlagen im Halterner Stadtgebiet – wo es ja einige gibt – ist sukzessive gestiegen. Mittlerweile erlebe ich nur noch positive Resonanz.“
Windenergie-Projektierung im Stadtwerk
50 Kilometer weiter nordwestlich im Oberzentrum Münster haben sich die dortigen Stadtwerke noch intensiver der Windenergie verschrieben. Sie unterhalten seit den 2010er-Jahren eine eigene Projektierungsabteilung mit derzeit 25 Mitarbeiter:innen. Von der Flächenakquise bis zum Betrieb der Windturbinen organisieren die Stadtwerke Münster alle Wertschöpfungsstufen im eigenen Unternehmen. Pressesprecherin Juliette Polenz betont: „So bleibt die Wertschöpfung im Unternehmen, in der Stadt und in der Region.“

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Zumal die Münsteraner ihre Projektierungskompetenz auch anderen Kommunalbetrieben in der Region anbieten. So übernehmen die Stadtwerke Dülmen von ihren Münsteraner Kollegen nach deren Fertigstellung zwei neue Windturbinen auf Dülmener Gebiet. Und seinerseits setzt der Dülmener Versorger bei seinen Windprojekten auf eine Zusammenarbeit mit der örtlichen Bürgerenergiegenossenschaft BED eG.
Stadtwerk kooperiert mit Energiegenossenschaft
Auch die Stadtwerke Münster kooperieren mit der Genossenschaft „Unsere Münster-Energie“ (UMEG), die seit 2015 beziehungsweise 2017 mehrere von den Stadtwerken realisierte Windkraftanlagen betreibt.
Und offenbar lohnt sich das Wind-Engagement für das Kommunalunternehmen auch betriebswirtschaftlich, wie Münsters Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk erläutert: „Windenergie ist für uns nicht nur ein Beitrag zur dringend notwendigen Energiewende, sondern auch ein unternehmerischer Kernpfeiler: Sie stärkt die regionale Wertschöpfung, sichert langfristig stabile Energiepreise für unsere Kundinnen und Kunden und eröffnet neue Einnahmequellen, die wir in die Stadt zurückgeben können. Unser Anspruch ist es, die ökologische Verantwortung mit einem klaren betriebswirtschaftlichen Kompass zu verbinden.“
Bestärkt wurde die Unternehmensführung in diesem Kurs auch durch das Chaos auf den Energiemärkten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Resilienz ist seitdem im Werte-Ranking vieler Stadtwerke deutlich gestiegen. Jurczyk sagt: „Mit jedem eigenen Windrad stärken wir unsere Unabhängigkeit von volatilen Märkten und fossilen Importen. Eigene Erzeugung bedeutet planbare Kosten, sichere Erlöse und die Möglichkeit, Strom auch in Krisenzeiten zuverlässig und zu stabilen Preisen liefern zu können.“
Stadtwerke Münster: Klare Ausbauziele für Windenergie und Photovoltaik
Inzwischen drehen sich 25 Anlagen im Bestand der Stadtwerke Münster, weitere 16 sind bereits genehmigt. Bis zum Jahr 2030 will der Versorger 280 Gigawattstunden (GWh) jährlich aus Windenergie erzeugen. Zusammen mit weiteren 100 GWh an eigenem Solarstrom soll das dann etwa der Menge entsprechen, die Münsters Privathaushalte verbrauchen.
Diesen Meilenstein haben die Städtischen Werke Kassel bereits heute erreicht. Im Jahr 2024 erzeugten die vier nordhessischen Windparks Söhrewald/ Niestetal, Rohrberg, Stiftswald und Kreuzstein rund 244 GWh Strom. Damit deckten sie rechnerisch den Stromverbrauch aller Haushalte Kassels und ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs der industriell geprägten Großstadt. Durch den hohen Verbrauch der Industrie steckt das regionale Netz den fluktuierenden Windstrom auch bei kräftigen Winden jederzeit weg. „Wir mussten unsere Windkraftanlagen noch kein einziges Mal abregeln“, berichtet der Sprecher der Städtischen Werke, Ingo Pijanka.
Daraus ergibt sich eine Arbeitsteilung mit anderen Kommunalversorgern in der Region Nordhessen und im benachbarten südlichen Niedersachsen, deren Motivation Pijanka aus Kasseler Sicht so beschreibt: „Wir haben den Strombedarf, aber nicht die Flächen.“
Arbeitsteilung innerhalb der Stadtwerke-Familie
So haben sich in der SUN Stadtwerke Union Nordhessen größere und kleinere Stadtwerke zusammengeschlossen. Die Städtischen Werke bringen hier ihre Kompetenzen als Projektierer ein. Und in diesem Jahr hat sich auch in der Nachbarregion der Stadtwerke Verbund Südniedersachsen GmbH & Co. KG (SVS) nach nordhessischem Vorbild formiert. Aus dem bislang lockeren Verbund wird ein Gemeinschaftsunternehmen, in dem acht Kommunalversorger sich mit den Städtischen Werken Kassel und den Harzwasserwerken zusammenschließen, um Windparks und Freiflächen-Solaranlagen zu entwickeln. Diese werden in Projektgesellschaften organisiert, an denen sich dann auch Anliegerkommunen ohne eigenes Stadtwerk sowie Bürgerenergiegesellschaften beteiligen können. Die am SVS beziehungsweise an der SUN beteiligten Versorger bleiben auf diese Weise frei in der Entscheidung, ob und mit welchem Anteil sie in die einzelnen Projekte einsteigen wollen.
Das erinnert stark an die Stadtwerke-Kooperation Trianel, die bereits 1999 als GmbH gegründet worden ist und inzwischen mehr als 50 Eigner mit Anteilen zwischen einem Viertelprozent und knapp 15 Prozent hat. Das ursprüngliche Anliegen des Initiatorenkreises um die Aachener Stawag und die Stadtwerke Bochum war damals, auf dem frisch liberalisierten Strommarkt als Stadtwerke-Familie gemeinsam zu agieren, um unter anderem die Einkaufsbedingungen zu verbessern. Später erst kam die gemeinsame Stromerzeugung hinzu. Neben einem Gaskraftwerk und Solarparks betreibt bzw. baut die Trianel-Gruppe schon über 500 MW an Windkraftanlagen und bündelt dafür ein Investitionsvolumen in Milliardenhöhe.
Mehr Wettbewerbsdruck bei Windenergie-Projekten
Trianel hat dazu im Laufe der Jahre drei große Projektgesellschaften gegründet, deren Zweck die Planung, Entwicklung sowie Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen ist. Das Kapital von jeweils bis zu 500 Millionen Euro kommt aus dem Kreis der beteiligten Stadtwerke. Über zwei Fonds betreibt die Gruppe sogar Offshoreparks vor Borkum. Trianel-Pressesprecherin Ingela Marré erklärt den Hauptzweck dieser Kooperation ganz simpel: „Man kann Projekte realisieren, die ein einzelnes Stadtwerk nicht stemmen könnte.“
In Zukunft könnte diese Motivation auch noch wichtiger werden. Denn derzeit nimmt der Wettbewerbsdruck in der deutschen Windbranche stark zu. Das sieht auch Carsten Schier von den Stadtwerken Haltern: „Für kleinere Player wird es definitiv schwieriger. Deshalb sind wir froh über die Beteiligungen, die wir bereits haben.“
Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH | www.solarserver.de

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 10/2025 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!