Photovoltaik: Vorsicht vor neuen Betrugsmaschen!

Eine Person packt neue Solarmodule für die Montage aus.Foto: Gabort / stock.adobe.com
Photovoltaik-Betrug: Nicht nur Geschäftskund:innen sondern auch Endverbraucher:innen sollten bei Vorauszahlungen für Photovoltaik-Anlagen vorsichtig sein.
Betrugsfälle in der Photovoltaik-Branche nehmen zu, insbesondere seit Anlagen preiswerter und Investitionsentscheidungen schneller getroffen werden. Immer häufiger nutzen Kriminelle falsche Identitäten, Lockangebote und Vorauszahlungen, um hohe Schäden zu verursachen. Eine Übersicht von Martin Schachinger, Geschäftsführer von pvXchange.

Zunehmende Betrugsfälle bei Photovoltaik-Anlagen

Neulich tauschten sich in einem Internetforum wieder einmal potenzielle Photovoltaik-Anlagenbetreiber:innen aus. Die traurige Gemeinsamkeit hier: alle waren auf einen betrügerischen Installationsbetrieb hereingefallen, der Endkund:innen und Investor:innen mit günstigen Angeboten und traumhafter Rendite lockte. Nach einem ersten Vorort-Beratungstermin wurden jeweils ein Kaufvertrag mit dem Opfer unterzeichnet und eine hohe Vorauszahlung kassiert. Wenn die Käufer:innen Glück hatten, wurden wenigstens noch die benötigten Komponenten zeitnah geliefert. In manchen Fällen wurde die Installation der DC-Seite, also vor allem die Dachmontage der Solarmodule bereits begonnen, aber letztendlich nie fertiggestellt. In keinem der Fälle war die Montage fachgerecht ausgeführt oder irgendeine der Arbeiten abgeschlossen.

Günstige Angebote, hohe Vorauszahlungen, und dann Funkstille

Je mehr Zeit verstrich, desto schleppender wurde die Kommunikation, bis sie irgendwann abriss und die Photovoltaik-Anbieterin nicht mehr erreichbar war. Um einer Strafverfolgung zu entgehen, meldete das Unternehmen Insolvenz an und die Geschäftsführer:innen und alle Beteiligten verschwanden in der Versenkung – die Betroffenen wurden mit einem beträchtlichen finanziellen Schaden und ohne eine funktionierende Anlage zurückgelassen. Leider häufen sich solche Fälle in den letzten Jahren – insbesondere, seit das allgemeine Interesse an Photovoltaik groß ist und die Anlagenpreise so gering, dass kein Bankkredit mehr notwendig ist. Entscheidungen zugunsten vermeintlich preiswerter, aber in Wirklichkeit unseriöser Anbieter fallen so viel zu leicht.

Marktsituation: Niedrige Modulpreise begünstigen Risiken für PV-Betrug

Die Modulpreise im Großhandel und in Lieferverträgen sind ebenfalls historisch niedrig, was aber nicht unbedingt auf unseriöse Anbieter zurückzuführen ist. Das Angebot übersteigt in diesem Monat ein weiteres Mal die Nachfrage, was erneut Druck auf die Preise ausübt. Sie bewegen sich weiterhin über alle Technologieklassen tendenziell seitwärts, ohne einen nachhaltig erkennbaren Trend. Noch immer ist in China keine finale Entscheidung zu einer Steuererhöhung gefallen, zumindest wurde noch kein Stichtag veröffentlicht. So versuchen die dort ansässigen Hersteller:innen, ihre Produkte möglichst schon auf den Weg in Zwischenlager außerhalb ihres Landes zu bringen, um einer zwangsläufigen Preiserhöhung zuvorzukommen. Ob es im Dezember zu dieser einschneidenden Korrektur kommen wird, bei der alle Preise für neu gefertigte Ware automatisch um etwa 9 Prozent angehoben werden, bleibt abzuwarten.

Wirtschaftskriminalität: Strafverfolgung setzt Schadensfall voraus

Zurück zum eigentlichen Thema dieses Monats. Leider kommen Betrugsversuche innerhalb der Photovoltaik-Branche aktuell immer häufiger vor. Die Methoden werden dabei immer vielfältiger und ausgefeilter. Aus juristischer Sicht kann man erst gegen vermeintliche Betrüger:innen vorgehen, wenn bereits ein Schaden entstanden ist. Dies ist aber insbesondere deswegen höchst unbefriedigend, da es sich bei Wirtschaftskriminalität in der Regel um große Geldbeträge dreht. Besser ist, es gar nicht erst zu einer Schädigung kommen zu lassen, sondern wachsam und aufgeklärt zu sein. In einschlägigen Foren oder WhatsApp-Gruppen werden zwar Betrugsfälle diskutiert – leider oft aber erst dann, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Geschädigte Kund:innen tauschen sich dort aus, um sich Ratschläge zur Schadensbegrenzung zu geben oder sich zu Sammelklagen zusammenzufinden.

Identitätsklau und KI: Neue Methoden der Täter:innen

Vermeiden lässt sich der Betrug nur, wenn die Masche bekannt ist und das potenzielle Opfer rechtzeitig gewarnt. Oft reicht aber auch die größte Vorsicht nicht aus, um sich vor einer gut geplanten Abzocke zu schützen. Die Maschen der Betrüger:innen sind dabei oft trickreich und perfide. Durch die fortschreitenden Möglichkeiten des Einsatzes Künstlicher Intelligenz (KI) sind Delikte wie der Identitätsklau immer häufiger anzutreffen. Man sucht sich ein Unternehmen mit guter Reputation im Markt und Bonität bei den Banken und eignet sich dessen Identität an. Eine Website ist mit entsprechenden Tools schnell nachgebaut, ähnliche klingende Domainnamen und Telefonanschlüsse, sowie ein Bankkonto bei Bedarf wurden ohnehin schon registriert. Und schon können die Betrüger:innen sich bei einer Zielperson als Mitarbeitende einer real existierenden Firma ausgeben und ihr Unwesen treiben.

Gefälschte Großbestellungen bei Photovoltaik-Großhändler:innen

Diese Masche funktioniert auch als potenzielle Kundschaft von Großhändler:innen, wo dann LKW-Mengen an gefragten Photovoltaik-Komponenten bestellt werden – bei vielen verschiedenen Anbieter:innen gleichzeitig. Natürlich ist die Not groß und eine kurze Lieferzeit ganz wichtig, weswegen unbedingt auf Rechnung eingekauft werden muss. Die Kreditwürdigkeit, sofern sie überhaupt abgefragt wird, ist dabei durch das Unternehmen gegeben, dessen Identität man geklaut hat. Vermeintlich scheint also alles in Ordnung zu sein, das Geschäft sicher. Trotz allem aber sollte es die unternehmerische Vorsicht verbieten, Neukund:innen beim Erstgeschäft einen größeren Kredit zu gewähren. Die eine oder andere Großhändler:in wird sich trotzdem auf ein solches Geschäft einlassen, wenn das Lager voll und der Verkaufsdruck groß genug ist. 

Schein-Insolvenzverwalter:innen und Fake-Kanzleien

Aber auch mithilfe einer nur virtuell existierenden Anwaltskanzlei lassen sich Installateur:innen und Händler:innen abzocken. Man gibt sich als Insolvenzverwalter:in aus und bietet ein sehr attraktives Paket mit Solarkomponenten aus einem Firmenkonkurs an, selbstverständlich unter Zeitdruck und nur gegen Vorauszahlung. Auch hier findet man Anwälte:innen in entsprechenden Registern und die Website sieht zunächst professionell und authentisch aus. Die Alarmglocken sollten zu läuten beginnen, wenn es weder möglich ist, die Ware vorab zu besichtigen, noch eine gerichtliche Bestellung als Insolvenzverwalter:in vorgelegt werden kann oder falls doch, diese nicht vom zuständigen Amtsgericht bestätigt wird.

Schutz vor Photovoltaik-Betrug: Vorsicht, Aufklärung und KI-Tools

Vorsicht ist besser als Nachsicht – die Gier und das Verlangen, ein gutes und schnelles Geschäft zu machen, sollte das Hirn nicht lähmen. Glücklicherweise kann man die bösen Buben manchmal mit ihren eigenen Waffen schlagen, beziehungsweise den dreisten Betrugsversuch entlarven. KI lässt sich nämlich oft mit KI besiegen, zumindest deckt sie die Schwachstellen im betrügerischen System auf. Eine Fake-Website lässt sich zum Beispiel mit ChatGPT oder gleichwertigen Tools auf ihre Plausibilität überprüfen. Nutzer:innen erhalten dann einen mehr oder weniger ausführlichen Bericht, der auf falsche Identitäten, Lügen bei den Referenzen und Datumsangaben oder aber schlampig erstellte, oft widersprüchliche Inhalte hinweist. Spätestens dann sollten wieder die Alarmglocken läuten und man ist gut beraten, Abstand von dem vermeintlich guten Geschäft und vor allem von den unseriösen Geschäftspartner:innen zu nehmen.

Über den Autor
Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit mehr als 30 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die Online-Handelsplattform pvXchange.com.

Quelle: Martin Schachinger / pvXchange.com | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

Schließen