Mieterstrom-Modelle basieren auf dem Zusammenspiel zwischen Vermieter, Mieter und Stromanbieter. Der Vermieter produziert Strom aus erneuerbaren Quellen lokal am Haus und verkauft ihn direkt oder über einen Stromanbieter an seine Mieter. Der lokale Verkauf des Mieterstroms ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Die Anlagen des Vermieters werden profitabler, während die Stromkosten für die Mieter sinken. Daher kommen sowohl Sozialwohnungen als auch Luxusimmobilien als Mieterstromprojekte in Frage.

Was ist der Mieterstromzuschlag?

Mieterstrom-Modelle helfen Immobilienbesitzern nicht zuletzt, die Anforderungen an den jährlichen Primärenergiebedarf ihres Gebäudes zu erfüllen, um KfW-Förderungen zum Beispiel für den Effizienzhaus-Standard EFH 40 oder EFH 40 Plus zu erhalten. Für die EFH-40-Plus-Förderung ist Mieterstrom in Mehrfamilienhäusern sogar quasi Voraussetzung. Auch mit dem 2020 verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz wirkt sich direkt am Haus produzierter Photovoltaikstrom zum Vor-Ort-Verbrauch wie ein Bonus auf die Primärenergiebilanz des Gebäudes aus. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes 2022 wird sich die sogar noch verstärken.

Außerdem können Anbieter von Mieterstrom einen Zuschlag erhalten, der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt ist. Dieser Mieterstrom-Zuschlag berechnete sich ursprünglich (bis 31.12.2020) aus der EEG-Vergütung, die bei einer Einspeisung ohne Zwischenspeicherung besteht, abzüglich 8,5 Cent pro Kilowattstunde.

EEG 2021 hat Änderungen gebracht

Im Zuge der EEG-2021-Novelle hat sich dieser Berechnungsmodus sei dem 1.1.2021 geändert und er wurde mit dem Beschluss über das EEG 2023 Anfang Juli 2022 nochmals angepasst. Das EEG sieht nun feste Mieterstromzuschläge vor, die sich künftig proportional zur Vergütung von eingespeistem Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem sogenannten atmenden Deckel anpassen. Das Gesetz sieht seit dem 1.1.2021 folgende Staffel für den Mieterstromzuschlag vor: ≤ 10 kW: 3,79 ct/kWh, ≤ 40 kW: 3,52 ct/kWh, ≤ 750 kW: 2,37 ct/kWh. Mit dem EEG 2023 wird die Bundesnetzagentur die Höhe des Mieterstromzuschlags bestimmen und für neue PV-Anlagen jeweils auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Der Mieterstromzuschlag wird dann für Anlagen bis 1 Megawattpeak gewährt statt bisher nur bis 750 kWp. Weitere Informationen dazu bietet die Bundesnetzagentur.

Somit hat der Gesetzgeber die Obergrenze für EEG-geförderte Mieterstromprojekte im EEG2021 von 100 auf 750 Kilowatt und dann weiter auf 1 Megawatt angehoben. Wobei die Obergrenze für die einzelne Photovoltaikanlage noch im EEG 2021 auf einem Gebäude bei 100 kW belassen wurde. Erst mit dem EEG 2023 wird diese Obergrenze pro Gebäude aufgehoben. Sie entfällt mithin für alle Mieterstromanlagen, die nach dem 1.1.2023 ans Netz gehen. Seit dem EEG 2021 kann Mieterstrom auch innerhalb eines Wohnquartiers an Mieter verkauft werden kann. Bis zum 31.12.2020 war dies nur innerhalb eines einzelnen Gebäudes möglich. Der neue Quartiersansatz fußt zwar auf unbestimmter Rechtbegriffen, die von der Rechtssprechung noch nicht genauer ausgelegt worden sind. Klar ist freilich, dass der Verknüpfungspunkt zum öffentlichen Netz nach dem Willen des Gesetzgebers die äußerste Grenze eines Mieterstrommodells bilden soll.

Mieterstrom: Änderungen im EEG 2023

Mehrere Neuregelungen für den Mieterstrombereich bringt das im Juli 2022 von Bundestag und Bundesrat verabschiedete EEG 2023 mit sich. Diese werden zum 1. Januar 2023 in Kraft treten, sofern die EU-Kommission dem Gesetz sein OK gibt. Dann entfallen vor allen Dingen die Obergrenzen für Mieterstromprojekte. Der Mieterstromzuschlag kann dann bis zu einer Anlagenleistung von 1 MW gezahlt werden. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob die Module auf einem Gebäude oder verteilt auf mehrere Dächer angeordnet sind. Zugleich entfällt mit dem Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) die EEG-Umlage und sonstige Umlagen für alle Stromlieferungen innerhalb von Gebäude- und Arealnetze, die in der Sprache der Energieversorger „Kundenanlagen“ genannt werden.

Die Höhe des Mieterstromzuschlags wird nach EEG 2023 nicht mehr direkt im EEG geregelt, sondern die Bundesnetzagentur wird diese Werte fortan festlegen und auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Bei Parlamentsbeschluss über das EEG 2023 standen die Werte für das Jahr 2023 somit noch nicht fest.

Ein wichtiger Punkt ist gerade für Photovoltaik-Mieterstrom auch die grundsätzlich geänderte Systematik der EEG-Vergütungen und Marktprämien. Für Anlagen auf Gebäuden, die ihren Strom vollständig ins Netz einspeisen gibt es seit August 2022 einen deutlich höheren Einspeisetarif als für Anlagen, die nur überschüssigen Strom einspeisen, der nicht im Gbäude oder im Arealnetz verbraucht werden kann. Der Gesetzgeber will damit erreichen, dass Hausbesitzer:innen ihre Dächer möglich auf der ganzen verfügbaren Fläche mit Photovoltaik belegen. Für Vermieter und Anlagenbetreiber verändert sich damit aber die Abwägung, ob sie tatsächlich den höheren Aufwand auf sich nehmen, ein Mieterstrom anzubieten und bei ihren Mieter:innen zu bewerben. Eine Volleinspeisung ist mit der Gesetzesänderung deutlich attraktiver geworden als zuvor. Allerdings können Anlagenbetreiber per Mitteilung an den örtlich zuständigen Netzbetreiber theoretisch jährlich zwischen Voll- und Überschusseinspeisung wechseln. Diese Option kann für die Investition auf einem Mietshausdach durchaus eine finanzielle Absicherung bedeuten.

Mieterstrom-Modell in Frankfurt: Mietshäuser von oben mit Photovoltaikanlagen
Mieterstromprojekt in Frankfurt. Foto: BSW Solar

Bei Mieterstrommodellen mit BHKW-Anteil erhält der Anlagenbetreiber eines BHKW zwar keinen Mieterstromzuschlag im Sinne des EEG. Gemäß Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz steht ihm jedoch für vor Ort erzeugte und im Gebäude verbrauchte Kilowattstunden ein Zuschlag zu.

Laut einer Potenzial-Analyse des Photovoltaik-Branchenverbandes BSW Solar könnten allein in den zehn größten Städten Deutschlands 1,2 Millionen Mieter von Mieterstrom-Photovoltaikanlagen profitieren.

Win-Win-Situation

Potenzial von Mieterstrom-Modellen in Deutschland

Mieterstrom-Potenzial in Deutschland. Grafik: BSW Solar

Experten gehen davon aus, dass ein Mieterstromtarif um 10 bis 20 Prozent niedriger liegt als der Grundversorgertarif des örtlichen Stromversorgers. Für Anlagen, die mit einem EEG-Mieterstromzuschlag gefördert werden, legt § 42 a des Energiewirtschaftsgesetze (EnWG) sogar fest, dass Mieterstrom nur 90 Prozent des örtlichen Grundversorgungstarifs kosten darf.

Vermieter konnten hingegen nach bisheriger Rechtslage in den vergangenen Jahren gut 15 Prozent mehr Erlöse mit einer Photovoltaikanlagen einfahren, wenn Sie den Strom direkt an ihre Mieter verkaufen und nicht den gesamten Strom in das Netz einspeisen. Angesichts der im Jahr 2022 stark gestiegenen Strompreise und der teils chaotischen Einkaufssituation für Reststrommengen, die vom Mieterstromanbieter als Ergänzung zur Eigenerzeugung am Gebäude beschafft werden müssen, sind solche pauschalen Kalkulationen allerdings derzeit kaum möglich.

Weitere Vorteile für den Vermieter bestehen darin, dass er die Nebenkosten für seine Mieter senkt und somit die Attraktivität bzw. den Marktwert seiner Immobilie steigert.

Wie gut ein Mietobjekt für ein Mieterstrom-Modell geeignet ist, hängt vom Verbrauchsprofil der Mieter und der Lage des Gebäudes ab und ist im Einzelfall zu prüfen.

Mieterstrom-Modelle

Der Vermieter kann im Prinzip zwischen zwei grundlegenden Mieterstrom-Modellen wählen: Entweder sucht er sich einen Mieterstrom-Contractor oder er betreibt beim so genannten Mieterstrom-Enabling die Photovoltaik-Anlage oder ein Blockheizkraftwerk (BHKW) selbst. Im Contracting-Modell übernimmt der Mieterstrom-Contractor den Betrieb und meist auch die Finanzierung der Solaranlage. Der Vermieter stellt im Prinzip nur den Platz für die Anlagentechnik zur Verfügung und erhält dafür eine Pacht. Er benötigt kein Know-How im Energiemarkt und vermeidet eine Gewerbesteuerpflicht.

Was die Gewerbesteuer betrifft, so hat der Gesetzgeber im Jahr 2021 das Steuerrecht geändert. Wohnungsunternehmen dürfen inzwischen bis zu zehn Prozent ihrer EInkünfte aus Stromverkäufen erzielen, ohne ihre Gewerbesteuer-Privilegien dadurch zu verlieren.

Einigung zum Mieterstrom und zu Ladestrom

Die Gesetzesänderung bezieht sich auch auf den Betrieb von Ladestationen für Elektroautos. Aus dem Fahrstrom-Verkauf an ihre Mieter dürfen Vermieter nun Einnahmen bis zur 10-Prozent-Grenze erzielen, ohne dass ihre Miet-Erträge mit Gewerbesteuer belastet werden. Diese neuen Einkünfte aus den erneuerbaren Energien sollen aber weiterhin der Gewerbesteuer unterliegen.

Schematischer Aufbau von Mieterstrom-Anlage als Beispiel für ein Mieterstrom-Modell
Schematischer Aufbau einer Mieterstrom-Anlage. Grafik: BSW Solar

Anders sieht es ohnehin beim Mieterstrom-Enabeling aus. Hier muss der Betreiber über Know-How im Energiemarkt verfügen. Denn Anbieter von Mieterstrom liefern Strom an Endverbraucher. Sie müssen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Anforderungen der Marktrolle des Lieferanten erfüllen. Aber auch in diesem Modell muss der Vermieter nicht alle Rollen in der komplexen Struktur des Mieterstroms ausfüllen. Er kann Aufgaben an andere Player abgeben. Letztlich sind es immer drei Rollen, die bei einem Mieterstrom-Modell, geregelt sein müssen: Die Rolle des Investors, Die Rolle des Betreibers der Anlagentechnik und die Rolle des Energieversorgers. Bei größeren Mieterstrom-Modellen macht dies auch Sinn. Für viele private Vermieter und kleine Mietshäuser mit nur wenigen Wohneinheiten wären die Transaktionskosten freilich relativ zum Stromabsatz hoch. Professionelle Mieterstromanbieter aus der Energiewirtschaft bieten ihre Dienste daher zumeist nur für größere Mietwohnbestände an.

Komplexe Struktur

Mieterstrom-Modelle beginnen bei der Planung. Steht die Planung, muss man die Finanzierung bedenken. Dafür kann der Vermieter einen Investor suchen oder die Investition selbst stemmen. Für die Installation benötigt er einen erfahrenen Photovoltaik-Handwerksbetrieb. Auch für den Betrieb und die Wartung kann er auf einen Dienstleister zurückgreifen. Entscheidend sind dann die einzuhaltenden Energieversorgerpflichten, die Kundenbetreuung und die Reststromlieferung. Diese Bereiche des Mieterstroms setzen Spezialwissen über den Energiemarkt und die Schnittstellenkompetenz voraus. Dabei muss der Stromlieferant Themen wie das Bilanzkreismanagement und die Beschaffung beherrschen. Genauso muss er regulatorische und rechtliche Fragen beachten. Und er muss technische Fragen wie die Anlagensteuerung, die Anlagenauslegung, Messkonzepte und Messtechnik im Griff haben.

Für diese Aufgaben bietet sich deshalb die Einbindung eines Dienstleisters ein. Denn einige Dienstleister haben sich darauf spezialisiert, Mieterstrom-Modelle umzusetzen. Sie können die Rolle des Energieversorgers übernehmen, je nach Wunsch des Vermieters und Modell aber auch die anderen Rollen.

Von der Mieterstrom-Anlage zum Mieter

In der Regel arbeitet der Vermieter mit einem Stromversorger zusammen. Der kümmert sich um die Abnahme des lokal produzierten Stroms und um Versorgung der Mietparteien. Durch diese Zusammenarbeit kann man auch verhindern, dass der Immobilienbesitzer unter die Gewerbesteuerpflicht fällt. Außerdem entfällt so die Einstufung des Vermieters als Energieversorger. Das war bislang vor allem wichtig, weil dieser sonst die volle EEG-Umlage bezahlen musste. Nach dem Entfall der EEG-Umlage mit dem Beschluss über das Energiefinazierungsgesetz im Juli 2022 entfällt dieses Problem. Es verbleiben allerdings weitere Pflichten, die er gegenüber dem Netzbetreiber und Steuerbehörden hätte.

Preisvergleich Photovoltaik-Mieterstrom zu Netzstrom
Prinzip eines Preisvergleichs zwischen Mieterstrom und Netzstrom (Stand: 2020). Grafik: Polarstern GmbH

Die Mieter werden ausschließlich über das Haus- beziehungsweise Arealnetz mit Mieterstrom versorgt. Deshalb benötigen Mieterstrom-Modelle das öffentliche Stromnetz zur Weiterleitung des erzeugten Stroms an die Mieter nicht. Das hat zur Folge, dass die Netzentgelte für den lokal erzeugten und genutzten Strom in voller Höhe entfallen. Im Übrigen ist Mieterstrom von weiteren Strompreisbestandteilen befreit, die aus der Nutzung des öffentlichen Netzes resultieren. Dies betrifft die Konzessionsabgabe, den KWK-Aufschlag, die Umlage aus der Stromnetzentgeltverordnung, die Offshore-Haftungsumlage und die Umlage für abschaltbare Lasten. Zudem ist in der Regel eine Befreiung von der Stromsteuer möglich.

Der Preis für Mieterstrom ist daher günstiger als herkömmliche Stromtarife. Der Mieterstrom fungiert deswegen als Strompreisbremse. Denn die Mieterstrompreise werden auch in Zukunft niedriger sein als die Tarife für Strom aus dem Netz.

Wie wird Mieterstrom gemessen und abgerechnet?

Das Messkonzept eines Mieterstrom-Modells ist mit dem Netzbetreiber abzustimmen. Es muss sicherstellen, dass sich die selbst verbrauchten Strommengen nur auf die Mieter verteilen, die auch am Mieterstrom-Modell teilnehmen. Zwar nutzen physikalisch auch fremdbelieferte Mietern die vor Ort erzeugte Energie. Dieser Verbrauch wird bilanziell aber nur den teilnehmenden Mietern gutgeschrieben. Dafür eignet sich das Summenzählermodell. Bei diesem Modell enthält jede Erzeugungsanlage und auch jeder gegebenenfalls integrierte Photovoltaik-Speicher einen eigenen Zähler. Auch die Mieter haben weiterhin jeweils einen Stromzähler für ihren individuellen Verbrauch. Die Strommengen, die das Gebäude aus dem öffentlichen Netz bezieht, und die Einspeisung der Erzeugungsanlage in das öffentliche Netz erfasst der Summenzähler. Dieser misst in zwei Richtungen; man nennt ihn deshalb auch Zwei-Richtungs-Zähler.

Messkonzept für die Abrechnung bei einem Mieterstrom-Modell
Messkonzept für ein Mieterstrom-Modell. Grafik: Polarstern GmbH

Ergänzung durch Strom aus dem öffentlichen Netz

Wenn der eigenproduzierte Mieterstrom nicht ausreicht, dann versorgt der Stromanbieter die Mieter mit Strom aus dem öffentlichen Stromnetz. Je nach Anbieter handelt es sich dabei um konventionellen Strom oder Ökostrom.

Aktuelle Artikel zum Thema Mieterstrom finden sie auf dem Solarserver unter diesem Link.

Aktualisiert: 18. August 2022
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