Hans-Josef Fell: Über Ausstieg aus EURATOM-Fusionsforschung nachdenken
„Sollte der in ‚DIE WELT’ vom 25. März berichtete Zusammenhang zwischen der spanischen Beteiligung am Irak-Krieg und der Standortfrage des internationalen Fusionsforschungsreaktors ITER zutreffen, muss Deutschland über einen Ausstieg aus der über EURATOM finanzierten Kernfusionsforschung nachdenken.“ Das erklärten der forschungs- und technologiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Hans-Josef Fell (MdB), und der für Energieforschung zuständige Berichterstatter der SPD- Bundestagsfraktion, Ulrich Kasparick (MdB), in einer Pressemitteilung. Die Zeitung DIE WELT hatte berichtet, angesichts der spanischen Beteiligung am Irak-Krieg gebe sich die Regierung in Madrid sich optimistisch, dass Spanien den Zuschlag für den internationalen Fusionsforschungsreaktor erhalte. Die kontrollierte Verschmelzung (Fusion) von Wasserstoff zu Helium könnte zur Stromerzeugung genutzt werden und eventuell das Energieproblem der Menschheit lösen. Diese Fusion läuft unkontrolliert auch in einer Wasserstoffbombe ab.
Es sei unanständig, ein wissenschaftlich äußerst umstrittenes Projekt an die Frage der Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Krieg zu koppeln, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der beiden Abgeordneten. Die Fusionsforschung sei fragwürdig, betonen Fell und Kasparick. Bei der Anhörung des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 28. März 2001 sei deutlich geworden, dass die Energiegewinnung durch Kernfusion keine energiepolitische Option für die nächsten 50 Jahre sein könne. Frühestens Mitte des Jahrhunderts sei es möglich, zu beurteilen, ob Energie aus Kernfusion überhaupt die Grundlast der Versorgung übernehmen kann. Die Wirtschaftlichkeit von Fusionsreaktoren stellen Fell und Kasparick in Frage: Die prognostizierten Kosten der Stromproduktion pro Kilowattstunde lägen deutlich über bereits jetzt am Markt erzielbaren Preisen.
Ähnlich wie bei der Kernspaltung sei die Frage des radioaktiven Abfalls ungeklärt, kritisieren Fell und Kasparick. Nach einem Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags sei mit bis zu 100.000 Tonnen radioaktivem und radiotoxischem Abfall pro Kraftwerk zu rechnen. Das entspreche der Abfallmenge eines herkömmlichen Atomkraftwerkes vergleichbarer Leistung. Ein Einstieg in die Kernfusion bedeute ein Weiterführen der jetzigen Kraftwerks-Großstrukturen. Große Atom-Anlagen seien aber seit dem 11. September 2001 ein Sicherheitsrisiko. Außerdem sei die Wirksamkeit der Fusionsforschung in Frage zu stellen, so die Abgeordneten. Seit über dreißig Jahren versuchten die Fusionsforscher die grundsätzlichen Fragen der Fusion zu beantworten. Lösungen seien sie bisher schuldig geblieben.“
04.04.2003 Quelle: Hans-Josef Fell (MdB)