EU-Kommission: Abhängigkeit von Erdgas-Importen könnte auf über 70 % steigen

Die russischen Erdgaslieferungen nach Europa haben sich wieder normalisiert. Dennoch werfe der „Gasstreit“ zwischen Russland und der Ukraine grundlegende Fragen auf, berichtet die Europäische Kommission in ihren EU-Nachrichten. Von entscheidender Bedeutung sei die Frage, wie sicher die Versorgung der EU mit Erdgas ist. Mehr als 50 Prozent des in der EU verbrauchten Gases werde importiert. […]

Die russischen Erdgaslieferungen nach Europa haben sich wieder normalisiert. Dennoch werfe der „Gasstreit“ zwischen Russland und der Ukraine grundlegende Fragen auf, berichtet die Europäische Kommission in ihren EU-Nachrichten. Von entscheidender Bedeutung sei die Frage, wie sicher die Versorgung der EU mit Erdgas ist. Mehr als 50 Prozent des in der EU verbrauchten Gases werde importiert. Diese Abhängigkeit könnte sich bis 2020 auf über 70 Prozent erhöhen, prognostizierte die EU-Kommission bereits 2000 in einem Grünbuch.
 
Um einseitige Abhängigkeiten von einzelnen Importeuren zu vermeiden, soll die Versorgung daher nicht einzelnen Martkakteuren überlassen werden. Ein funktionierender EU-Binnenmarkt müsse sich auf Lieferungen von unterschiedlichen Partnern stützen, vor allem Russland, Norwegen, Algerien und aus dem Nahen Osten. Dies sicherzustellen, sei Anliegen der neuen EU-Erdgasrichtlinie (2003/55/EG), die bis Mai 2006 umgesetzt sein muss. Mit der Richtlinie schaffe die EU einen gemeinsamen Rahmen, in dem die Mitgliedstaaten in einem liberalisierten Erdgasmarkt im Sinne der Erdgasversorgungssicherheit verstärkt zusammenarbeiten.

Ostseepipeline entspricht nicht unbedingt der EU-Erdgasrichtlinie

Die Staaten müssen „transparent, solidarisch und diskriminierungsfrei“ vorgehen, fordere der Rechtstext. Dies werfe zumindest die Frage auf, ob eine Ostseepipeline von Russland nach Deutschland noch dem Geist und Buchstaben der Richtlinie entspreche, heißt es in den EU-Nachrichten. Zudem müssten Hindernisse wie hohe Netzzugangsentgelte oder die Beherrschung der Gasgewinnung und -einfuhr durch wenige Unternehmen überwunden werden. Die Aufgabe der EU-Kommission werde sein, Verträge zur Gaseinfuhr mit Drittländern zu prüfen und die Vernetzung der Erdgasnetze innerhalb der Union voranzubringen.

Steigender Erdgas-Verbrauch

Welche Energiequellen in welchem Maße genutzt werden („Energiemix“), fällt laut EU-Kommission allerdings weiterhin in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten. Erdgas nehme im EU-Maßstab eine immer wichtigere Rolle ein. Der Bruttoverbrauch sei in den vergangenen zehn Jahren konstant gestiegen (siehe Grafik), jedoch mit erheblichen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten. Gegenüber 2003 erhöhte sich der Verbrauch 2004 in Portugal (+25,4%), Spanien (+16,8%), Luxemburg (+12,7%) und Frankreich (+12,3%). Am stärksten zurückgegangen ist die Nutzung in der Slowakei (-4,1%), Belgien (-3,3%) und Finnland (-3,2%). Nahezu konstant blieb sie in Deutschland (-0,1%).

Wachsende Importabhängigkeit vom Erdgas, in Deutschland 82,4 Prozent

Zwar verfüge die EU über bedeutende Eigenreserven, doch könne der Energiehunger durch innereuropäische Quellen nicht gestillt werden, betont die Kommission. Die Erdgasproduktion habe sich in Europa kontinuierlich erhöht und erreichte 2004 einen Wert von 211 Millionen Tonnen Rohöleinheiten (tRÖE). Die Erdgasimporte stiegen stärker an und betrugen im gleichen Jahr 319 Millionen tRÖE. Die Energieabhängigkeit lag 2004 damit bei 54,7 Prozent (2003: 53,1 %). Deutschland sei zu 82,4 Prozent auf Erdgasimporte angewiesen. Russland verfüge etwa über ein Drittel der weltweiten Gasreserven und sei mit rund 30 Prozent Anteil wichtigster Lieferant für Europa. Ob dies angesichts des Lieferstopps gegen die Ukraine so bleiben könne, sei für die EU eine zentrale Frage.

10.01.2006   Quelle: EU-Kommission   Solarserver.de   © EEM Energy & Environment Media GmbH

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