DGS berichtet über Probleme von Solarstromanlagen bei dem Orkan Kyrill

Der Sturm „Kyrill“ beeinträchtigte am 18. und 19. Januar 2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas. Die Böen erreichten Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometern pro Stunde; der Orkan forderte insgesamt 34 Todesopfer und führte zu erheblichen Sachschäden. Auch die Energieversorgung und den Verkehr beeinträchtigte Kyrill erheblich: Über eine Million Menschen waren zeitweilig ohne […]

Der Sturm „Kyrill“ beeinträchtigte am 18. und 19. Januar 2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas. Die Böen erreichten Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometern pro Stunde; der Orkan forderte insgesamt 34 Todesopfer und führte zu erheblichen Sachschäden. Auch die Energieversorgung und den Verkehr beeinträchtigte Kyrill erheblich: Über eine Million Menschen waren zeitweilig ohne Strom, Flüge mussten gestrichen, Fährverbindungen eingestellt, Straßen gesperrt werden. Der Bahnverkehr kam in einigen Teilen Mitteleuropas nahezu vollständig zum Erliegen. Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS) zitiert Informationen des Fachinformationsdienstes Solarthemen (Nummer 249), denen zufolge sämtliche Windkraftanlagen in Deutschland die teils gewaltigen Böen gut überstanden hätten und es zu keinen Ausfällen unter den 18.685 Windenergieanlagen in Deutschland gekommen sei. Die Sicherheitssysteme hätten funktioniert und die Anlagen allerorts rechtzeitig abgeschaltet. Der Artikel der Solarthemen habe allerdings auch auf erhebliche Probleme bei Photovoltaikanlagen hingedeutet, so die DGS in ihren Mitteilungen. Nun, weniger als zwei Monate nach dem Sturm, lägen erste konkrete Schadensmeldungen vor.

Solartechnik erheblich vom Sturm betroffen – hoher Sachschaden gemeldet
Das Schadensbild sei kein Einzelfall, betont die DGS. In einer ersten Zwischenanalyse seien bei Versicherungen bereits Schäden an Solarstromanlagen in einer Höhe von über 1,5 Millionen Euro registriert worden. Der Schwerpunkt der Schäden konzentrierte sich dabei auf Photovoltaik-Anlagen auf Flachdächern sowie nachgeführte Solarstrom Anlagen, so die DGS. Während Flachdachanlagen oft wegen zu geringer Beschwerung der Haltekonstruktionen verschoben worden seien oder umstürzten, sei bei nachgeführten Anlagen häufig ein grundsätzliches Problem deutlich geworden.

Nachgeführte Photovoltaik: „Scheinsicherheit in Segelstellung“
Bei Sturmböen sieht das Sicherheitskonzept vor, dass nachgeführte PV-Anlagen generell in eine „Segelstellung“ überführt werden. Bei dieser wird der Anlagentisch parallel zur Geländeoberfläche ausgerichtet und bietet dem Wind keine Angriffsfläche. Ein Vertreter der Versicherungsbranche habe aber bestätigt, dass dies in vielen Schadensfällen jedoch nicht geschehen sei, berichtet die DGS. Zum Teil sei das Gestänge durch unvermittelte Windböen vorgeschädigt worden und habe nicht mehr reagieren können oder die Anlagen hätten auch in der Sicherheitsstellung immer noch eine konstruktiv bedingte Schräglage aufgewiesen, die zu viel Raum für einen Windangriff bot. Die Folge seien katastrophale Ausfälle gewesen, bei denen ganze Anlagentische umgeknickt sind, heißt es in der DGS-Presseinformation.

Schadensermittlung läuft auf vollen Touren
Derzeit arbeiten laut DGS die Schadensregulierer der Versicherungen auf Hochtouren und besuchen alle Anlagen mit gemeldeten Schäden. Was sich Ihnen bei der Inspektion des Schadensfalles biete, sei jedoch ein oft problematisches Bild. Die Anzahl der gemeldeten Schlagschäden durch die vom Sturm angetragenen Fremdobjekte sei sehr gering. Besorgnis erregend sei jedoch, dass an fast allen Anlagen mit Schäden zum Teil eklatante Ausführungsmängel vorhanden seien, deren Ausmaß die Prüfer überrascht habe.

„Schadensursache Pfusch am Bau – der Sturm war nur der Auslöser“
Wie ein exemplarisches Foto zeige, sei nach ersten Erkenntnissen der Prüfer die Hauptursache in einer mangelhaften Ausführung der Anlagen zu suchen. Die nur 4-6 kg leichten Wannen der auf dem Bild abgebildeten Anlage seien offensichtlich nicht mit 60 – 160 Kilogramm beschwert worden, wie es der Hersteller fordert. „Eine fatale Nachlässigkeit der Errichter“, so die DGS. Aus Kostengründen könne dies jedoch nicht geschehen sein. Kies in solchen Mengen sei für unter 2 Euro zu haben. Erste Analysen der Versicherer hätten ergeben, dass durch Kyrill keine Anlage geschädigt wurde, die nach der „guten fachlichen Praxis“ errichtet worden ist. Alle Schäden offenbarten den Prüfern eklatante Planungs- oder Ausführungsmängel, betont die DGS.

Handwerker haften bei Installationsmängeln
Der Besuch des Schadensregulierers könne jedoch nicht nur angenehme Folgen haben, warnt die DGS: „In 40 % der nach Kyrill vorgefundenen Fälle werden wir eine Regulierung des Schadens wegen der offensichtlichen Verstöße gegen die gute fachliche Praxis ablehnen. Wenn uns der Versicherungsvertrag zur Regulierung gegenüber dem Kunden zwingt, werden, wir bei Vorliegen derartiger Mängel den Handwerker zur Verantwortung ziehen“, zitiert die DGS einen Vertreter der Versicherungsbranche. Hintergrund solcher Aussagen sei das Solidarprinzip der Versicherungen, die durch die Prämiengemeinschaft zwar Risiken, aber keine offensichtlichen Mängel abdecken können. Das Urteil des Schadensregulierers könne jedoch nicht nur für den Handwerker unangenehm werden. Lehne dieser ab, könne der Kunde sich häufig nur auf dem Rechtsweg an seinen Installateur wenden. In vielen Fällen stünden dem Kunden sogar nach Regulierung des Schadens Forderungen des Versicherers über technische Nachbesserungen ins Haus. Diese könnten die Rendite der Anlage empfindlich treffen, sollten diese unerwarteten Mehrkosten zum Erreichen der guten fachlichen Praxis am Investor hängen bleiben, warnt die DGS.

Eine Frage der Prämie: Versicherungswirtschaft wird reagieren
Wegen der ermittelten Schadenssummen hätten einige Versicherer bereits ernsthaft angedeutet, handeln zu müssen, so die DGS. Bereits auf der BSW-Tagung zur Haftung im Solarhandwerk habe Ronald Pönisch von der Mannheimer Versicherung AG betont, dass 40 % der auflaufenden Schäden bei einer ordnungsgemäßen Anlageninstallation nach der guten fachlichen Praxis vermeidbar gewesen wären. „Eine kritische Größe im Massengeschäft, sind Schäden an PV Anlagen doch oftmals sehr kostspielig und die Prämien niedrig. Wenn vermeidbare Schäden derart gehäuft auftreten, werden die Versicherer mit Prämienerhöhungen oder Ausschlüssen von Leistungen reagieren“, warnt die DGS.
Umfassende Qualitätssicherung notwendig, für Komponenten, Planung und Installation
Wichtig für die Versicherer sei die Analyse der vorgefundenen Situation, so die DGS. Viele der nun geschädigten Anlagen seien aus Komponenten errichtet worden, die Prüfzeichen wie beispielsweise TÜV.com, VDE, PV Gap tragen. Dies bedeute, dass mit einer Qualitätssicherung von Einzelkomponenten keine wirkungsvolle Schadensverhütung betrieben werden kann, stellt die DGS fest. Sicherheit vor Naturgewalten umfasse immer einen ganzheitlichen Ansatz bei der Herstellung von Komponenten, der Planung der Anlage und der Ausführung nach der guten fachlichen Praxis. Die RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen e.V. biete der Solarbranche kostenfrei technische Richtlinien zur Ausschreibung von Komponenten und Leistungen sowie Abnahmeprotokolle, mit denen sich Kunden bei Fachhandwerkern die ordnungsgemäße Planung und Installation bestätigen lassen können, erinnert die DGS. Diese Protokolle nutzten aber auch dem Handwerker zur Überwachung der eigenen Leistung seiner Mitarbeiter.
Informationen zur guten fachlichen Praxis im Internet
Die öffentlichen Muster-Abnahmeprotokolle und Leistungsverzeichnisse sind im Internet zugänglich unter http://www.gueteschutz-solar.de. Die vollständigen Güte- und Prüfbestimmungen RAL GZ 966 finden sich unter: gueteschutz-solar.de „Downloads“.

06.03.2007 | Quelle: DGS | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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