DGS: Schneebruch an Solar-Modulen muss nicht immer höhere Gewalt sein

Für Experten aus der Baubranche scheine die Einstufung des Versagens von Photovoltaik-Modulen in Folge einer Belastung von Schnee als „höhere Gewalt“ sehr gewagt, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS) in ihrem Newsletter. Der technisch-wissenschaftliche Verband kommentiert so eine Studie des Europressedienstes mit Sitz in Bonn über die häufigste Fehlerquelle von Solarstromanlagen. Darin […]

Für Experten aus der Baubranche scheine die Einstufung des Versagens von Photovoltaik-Modulen in Folge einer Belastung von Schnee als „höhere Gewalt“ sehr gewagt, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS) in ihrem Newsletter. Der technisch-wissenschaftliche Verband kommentiert so eine Studie des Europressedienstes mit Sitz in Bonn über die häufigste Fehlerquelle von Solarstromanlagen. Darin wurde als zweithäufigste Problemursache für das vorige Jahr „höhere Gewalt“ genannt, was sich vor allem im Rekordwinter 2005/2006 in Form des so genannten Schneebruchs gezeigt habe, der Beschädigung der Solar-Module durch eine zu hohe Schneelast. Detaillierte Betrachtungen der Schadensfälle ließen jedoch Zweifel an bestehenden Solarmodul-Testverfahren nach der Norm IEC 61215 aufkommen.
Ein Blick in die in Deutschland gültige Norm für die Lastannahmen von Bauwerken (DIN 1055) schaffe schnell die notwendige Klarheit. Deutschland ist in Schneelastzonen aufgeteilt, und zwar in die Zone 1 (u. a. Rheintal und Rheinische Tiefebene), die Zonen 2 und 3 (Alpen, Bayerischer Wald, Thüringer Wald, Erzgebirge, Harz sowie Vorpommern) sowie die Zonen 1a und 2a (Hochschwarzwald, Rhön und Sauerland). Da die Schneehöhe überproportional zur Höhenlage wächst, sei diese als weiterer Einflussfaktor zu berücksichtigen, erläutert die DGS.

Damit ergebe sich die am Standort anzusetzende charakteristische Schneelast. Die Regeltabelle der Schneelast in der Norm DIN 1055 steige von 0,6 Kilonewton pro Quadratmeter (kN/m²) (Zone 1, bis 250 m Höhe) bis auf 4,0 kN/m² (Zone 3, bis 700 m Höhe). Diese Werte bezeichnen eine Flächenlast, die horizontal wirkt. Soll die Last bei geneigten Flächen wie Dächern ermittelt werden, sei ein Formbeiwert anzusetzen. Dieser liege bis zu einer Dach- oder Modulneigung von 30° bei 0,8 und sei mit dem Bemessungswert der Schneelast zu multiplizieren. Über 30° falle er bis zu einem Winkel von 60° auf Null ab, weil dann von einem rascheren Abrutschen des Schnees auszugehen sei.

Bieten Einheitsmodule nach IEC 61215 genügend Sicherheit für süddeutsche Verhältnisse?
Photovoltaikmodule werden für den Weltmarkt hergestellt, folglich nehmen internationale Richtlinien wie die IEC 61215 auf nationale oder regionale klimatische Eigenheiten nur bedingt Rücksicht. Deshalb ist laut DGS ein genauer Blick auf die Testbedingungen hilfreich, um die Sicherheitsreserve von Modulen zu ermitteln, die diesen Test bestehen. Lasse man PV-Module beim Marktführer TÜV Rheinland gemäß der branchenüblichen IEC 61215 Richtlinie testen, werde ein mechanischer Belastungstest durchgeführt. Dieser, in den TÜV Papieren unter Punkt 10.16 geführte Test zur mechanischen Belastbarkeit, bestehe aus drei Zyklen gleichmäßiger Flächenzug- bzw. -druckbelastung mit 2,4 kN/m² die nacheinander für je eine Stunde einwirken. Die Normforderungen der Lastannahmen nach DIN 1055 übersteigen laut DGS bereits ab Aufstellungshöhen von 600 Metern in der Schneelastzone 3 und ab 650 m in der Schneelastzone 2a diesen Testwert. Hierbei sei neben der Zonen und Aufstellungshöhen auch der Formfaktor bei einer Aufstellung der Module von 30° maßgeblich, da die Mehrzahl der Photovoltaikmodule derart montiert worden seien.
„Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Module mit erweiterten Lastannahmen zu testen. Derzeit haben jedoch lediglich zwei Hersteller von Photovoltaikmodulen auf diesen 5,4 kN/m² Test unter horizontalen Bedingungen gesetzt und Ihre Module bei dieser Belastung nachgewiesen. Sicher ist jedoch, dass es für Installateure und Investoren nicht befriedigend ist, wenn bestehende PV-Normen die regionalen Lastannahmen für Schnee in Deutschland unterschreiten“, heißt es im DGS-Newsletter.

Betrachtungen der Schadensfälle lassen Zweifel an bestehenden Testverfahren nach IEC 61215 aufkommen
Betrachte man die durch Schneelast verursachten Schadensfälle an Modulen falle durchweg die Schädigung des Rahmens auf. Dies könne unmittelbar mit einem Bruch des Glases einhergehen, der Bruch des Rahmens könne aber auch erst bei der nächsten Schneelast erfolgen. In allen Fällen biege sich der zumeist f-förmige Rahmen der Module bogenförmig und die Glasscheibe verliere Ihren stabilisierenden Rahmen. Alle Fälle solcher Schäden entstehen laut DGS durch die Hangabtriebskraft des Schnees, welcher der Schwerkraft folgend auf den Rahmen wirkt. Nach der DIN 1055 bei einem Formbeiwert von 0,8 und dem zugehörigen Sinus von 30 entspreche dies bei der IEC Regellast von 2,4 kN/m² einer Last auf den Rahmen von 0,96 kN/m². Da der Reibkoeffizient von Schnee auf Glas wegen des oftmals häufig wärmer werdenden Photovoltaik Moduls vernachlässigt werden könne, seien dies fast 100 kg die hangabwärts wollen, so die DGS. Da Solarstromanlagen sich in der Regel aus größeren Modulverbünden zusammensetzen, sei eine solche Belastung des Rahmens der unteren Module auch realistisch.
Angesichts der Schadensbilder durch Schneelast verbogener Rahmen, die sich vielen Sachverständigen in diesen Fällen böten, würden solche Lasten in der Praxis nicht allzu unwahrscheinlich sein. Ein Blick in die derzeit gültigen Prüfverfahren für Module nach der IEC 61215 jedoch zeige, dass dieser wichtige Sachverhalt einer Rahmenbelastung von keiner der durchgeführten Prüfungen erfasst werde, kritisiert die DGS. Alle Belastungstest erfolgten ausnahmslos vertikal und entsprächen somit nicht den in der Mehrzahl der Montagefällen vorgefundenen geneigten Dachanlagen. „Die Testbedingungen blenden diesen Sachverhalt aus“, hält die DGS fest.

RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen reagiert mit Sandsacktest
Angesichts der vom Europressedienst mit 10 % bezifferten Schäden durch „höhere Gewalt“ sei klar, dass die Branche reagieren müsse, betont die DGS. Dass hier nicht auf die Veränderungen internationaler oder nationaler Normen in langwierigen Verfahren gewartet werden könne liege auf der Hand. „Die RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen e.V. wird umgehend reagieren und zu Ihrer Mitgliederversammlung am 20. April einen leicht zu implementierenden Sandsacktest vorstellen, der diesen Sachverhalt des Schneedrucks realistisch abbilden wird, so das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Gütegemeinschaft, DGS-Präsident Dr. Jan Kai Dobelmann.

Tagungsband zum 15. DGS Sonnenforum mit weiteren Infos zu Schneelasten
Auf dem 15. DGS-Sonnenforum in München wurde das Thema Modulschäden durch Schneelasten intensiv diskutiert. Der Vorsitzende der Regelwerkskommission des RAL Solar Christian Keilholz warf in seinem Vortrag die entscheidenden Fragen auf. Der Tagungsband des 15. Sonnenforums kann als PDF-Dokument heruntergeladen werden unter der Adresse http://www.dgs.de/fileadmin/files/15-dgs-sonnenforum-tagungsband.pdf. Die RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen e.V. www.ralsolar.de bietet der Solarbranche kostenfrei technische Richtlinien zur Ausschreibung von Komponenten und Leistungen. Die Güte- und Prüfbestimmungen gibt es unter http://www.gueteschutz-solar.de/fileadmin/files/RAL_Solar/RAL-GZ_966-Endversion.pdf. Interessenten an einer Teilnahme in der Gütegemeinschaft können sich anmelden unter http://www.gueteschutz-solar.de/uploads/media/Mitgliedsantrag.pdf. Mitglieder können über die Gestaltung der Richtlinien mitbestimmen. DGS-Mitgliedsunternehmen erhalten einen Rabatt auf die RAL-Mitgliedschaft.

04.04.2007 | Quelle: DGS | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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