Solar-Interview mit Professor Eicke Weber über die Intersolar North America und deren Konferenzprogramm

Professor Eicke R. Weber, Vorsitzender des Komitees der Intersolar North America-Konferenz, ist Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) und Professor für Physik und angewandte Wissenschaft an der Albert-Ludwig Universität in Freiburg. Das ISE ist eines der weltweit führenden Forschungsinstitute für Solarenergie und Energieeffizienz.  Im Solarserver-Interview berichtet der Solar-Forscher im Vorfeld der Intersolar North […]

Professor Eicke R. Weber, Vorsitzender des Komitees der Intersolar North America-Konferenz, ist Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) und Professor für Physik und angewandte Wissenschaft an der Albert-Ludwig Universität in Freiburg. Das ISE ist eines der weltweit führenden Forschungsinstitute für Solarenergie und Energieeffizienz. 
Im Solarserver-Interview berichtet der Solar-Forscher im Vorfeld der Intersolar North America über Entwicklungen der Photovoltaik-Technologie und -märkte, mit Schwerpunkt USA.
Solarserver: Herr Professor Weber, inwiefern unterscheiden sich die Intersolar North America und die Konferenz 2010 von der Veranstaltung im vergangenen Jahr?
Prof. Weber: Die Intersolar North America ist dieses Jahr mit fast 30 % mehr Ausstellern wieder eindrucksvoll gewachsen. Mit über 570 Ausstellern – und gemeinsam mit über 120 Unternehmen, die sich auf der  SEMICON West präsentieren – füllt die Intersolar North America alle drei Ebenen des Moscone Center West und belegt mehr als 12.000 Quadratmeter. Und das ohne die Veranstaltungen in den Lobbys und weiteren Räumen. Wir erwarten mehr als 20.000 Solar-Experten und über 1.600 Konferenzteilnehmer, was die Konferenz zu einem vollen Erfolg machen wird.
Solarserver: Wie kamen Sie zur Intersolar und speziell zur Intersolar North America?
Prof. Weber: Ich habe 23 Jahre an der Universität von Kalifornien in Berkeley gearbeitet, unter anderem als Professor für Materialwissenschaft und zuletzt als Vorsitzender der Nanoscale Science and Engineering Graduate Group. Während der Zeit in Berkeley schloss ich mich der SEMI PV Group an, und 2006 zog ich dann nach Freiburg, um Direktor des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE zu werden. Dort hatte ich den ersten Kontakt zur Intersolar, die damals noch ausschließlich in Europa stattfand, und da begann auch unsere Zusammenarbeit.
Meine Beziehungen zur SEMI eröffneten die Möglichkeit, diese beiden Gruppen zusammenzubringen. Von Anfang an war klar, welche Synergien das ergeben konnte, und wie gut sie sich in verschiedenen solaren Arbeitsfeldern ergänzen. Die Intersolar ist stärker fokussiert auf die Hersteller und Systemintegratoren und zielt überwiegend auf Entwickler, Produzenten, Händler und Installateure als Besucher. Die SEMI PV Group hingegen konzentriert sich vor allem auf die Materialien und die Produktionstechnologie. Der Umzug der Intersolar in die USA und die gemeinsame Veranstaltung mit der SEMICON West war für beide von Vorteil. Aufgrund meiner Erfahrung und Kenntnis der Industrie wurde ich gebeten, den Vorsitz der Konferenz zu übernehmen. Das habe ich sehr gerne getan, und das mache ich bis heute mit Vergnügen. 2008 wurde ich ebenfalls Mitglied des internationalen Vorstands der SEMI.
Solarserver: Welche wichtigen Trends sind dieses Jahr in der Solarindustrie zu erkennen?
Prof. Weber: Die Photovoltaik erreicht in immer mehr Regionen weltweit die Netzparität. Zum Beispiel liegen die Kosten von Solarstrom in Kalifornien schon heute unter den allgemeinen Stromkosten, wenn das auf die Verbrauchszeiten und -lasten bezogen wird. Noch wichtiger: Die Kosten aller Technologien entlang der Wertschöpfungskette sind um rund 30 % gesunken, was bedeutet, dass auch die Systemkosten sich entsprechend entwickeln. Zwar wird es noch 10 bis 15 Jahre dauern, bis Photovoltaik-Strom endgültig mit Atomstrom und Strom aus fossilen Brennstoffen wettbewerbsfähig ist. Doch bedenken Sie, dass allein in diesem Jahr 10 Gigawatt (GW) neue Photovoltaik-Leistung installiert werden, während es in den vergangenen Jahren insgesamt 20 GW waren.
Hinsichtlich der Technologie zeigt sich, dass die Konzentrator-Photovoltaik an einem Punkt angekommen ist, an dem sie mit solarthermischen Kraftwerken konkurrieren kann. Chevron wird nun eine Megawattanlage bauen, welche das größte CPV-Kraftwerk weltweit sein wird. Mit Blick auf die Komponenten wird deutlich, dass die Wirkungsgrade steigen. Neue Wechselrichter werden die Kosten der Betreiber weiter senken.
Gegenwärtig gibt es in Deutschland deutliche Vorteile, was die kompletten Installationskosten betrifft. Doch es wird möglich sein, diese Vorteile auch in Kalifornien zur erreichen, wenn wirksame Markteinführungsprogramme nach deutschem Vorbild greifen.
Solarserver: Sehen sie weitere Veränderungen und Tendenzen in der Solarindustrie?
Prof. Weber: Es ist fast so etwas wie ein Gemeinplatz, dass Kostensenkungen ein wichtiger Trend waren und auch bleiben werden. Hier gewinnt die Produktionseffizienz an Bedeutung. Neue Fertigungsverfahren machen die Wafer sowohl dünner als auch effizienter, und sie senken zugleich deren Produktionskosten. Auch zur Beschichtung werden neue Technologien entwickelt, welche die Absorption von mehr Sonnenlicht über längere Zeiträume ermöglichen, was bedeutet, dass mehr Solarstrom erzeugt wird.
Neben der Technologie eröffnet auch die Politik eine weitere Möglichkeit zur Kostenreduktion. Die Solarindustrie ist noch immer auf politische Förderung angewiesen, besonders in den USA. Dieser Unterstützung bedarf es vor allem, um den Solarstrom in das Netz zu bringen. Ich mache mich ganz entscheiden dafür stark, allen Erzeugern erneuerbarer Elektrizität einen attraktiven Preis in Form von Einspeisetarifen anzubieten. Viele wissen, dass der deutsche Markt mit Einspeisetarifen enorme Erfolge erzielte. Auch Spanien und Italien befinden sich damit auf Erfolgskurs. In Kalifornien werden ebenfalls Einspeisetarife erwogen, und ich denke, dass dies das Beste für das Marktwachstum und ein wichtiges Beispiel für weitere Regionen sein wird.
Solarserver: Welche besonders interessanten Technologie-Entwicklungen können die Besucher der Intersolar dieses Jahr sehen?
Prof. Weber: Die Dünnschicht-Photovoltaik von First Solar auf der Grundlage von Cadmiumtellurid (CdTe) ist in diesem Jahr am schnellsten gewachsen, weil sie Kostenführer ist. Ähnlich interessant sind solarthermische Kraftwerke, die es ermöglichen, Solarstrom auf der Basis von geschmolzenem Salz effizient zu speichern und bedarfsgerecht anzubieten. Doch auch die Photovoltaik auf Grundlage von kristallinem Silizium hat sich atemberaubend weiterentwickelt.
Es gibt etliche junge Unternehmen mit neuen Technologien. In den kommenden Jahren wird der Markt bereinigt werden, und es wird sich zeigen, welche davon mit der rasanten Marktentwicklung mithalten können.Solarserver: Welche Schwerpunkte des Kongresses sind Pflichtveranstaltungen?
Prof. Weber: Die Konferenz der Intersolar North America bietet sowohl Veranstaltungen für Einsteiger als auch für erfahrene Solarexperten. Speziell für Neueinsteiger empfehle ich die Veranstaltungen zur weltweiten Technologie- und Marktentwicklung, in denen auch politische Fragen diskutiert werden. Jede Technologie-Session bietet zudem einen ausgezeichneten Überblick, der den raschen Einstieg erleichtert. Experten können sich an einer große Bandbreite interessanter Diskussionen beteiligen, in denen die Marktführer ihre Technologien vorstellen werden.

Solarserver: Welche Perspektiven hat die Solarindustrie, und welche Rolle wird die Intersolar dabei spielen?
Prof. Weber: Wir stehen ganz am Anfang des Wachstums der weltweiten Solarindustrie. Ich vergleiche den aktuellen Markt gerne mit dem Automobilmarkt im Jahr 1905. Die Schlüsseltechnologien sind entwickelt, und durch rasche Kostensenkungen werden die Märkte zehn Mal so groß werden wie heute. Die Intersolar Europe, als weltgrößte Solarmesse, und die Intersolar North America werden eine wesentliche Rolle bei dieser Entwicklung spielen. Was mich ganz besonders freut, ist, dass es uns gelungen ist, die Intersolar North America in San Francisco zu etablieren, im sonnigen Staat Kalifornien.
Solarserver: Vielen Dank für diese Auskünfte, Herr Prof. Weber!
Das Interview für den Solarserver führte Christian Roselund.

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