Unabhängige Ökostromanbieter: Wirtschaftsminister Gabriel plant „Zeitlupen-Energiewende“ ohne Bürger

Das Bundeskabinett hat auf der Klausur in Meseberg am 22.01.2014 die Eckpunkte von Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gebilligt.

Die Reformideen des Ministers brächten jedoch weder den Ausbau der Erneuerbaren voran, noch machten sie die Stromversorgung billiger, kritisieren die Ökostromanbieter NATURSTROM AG, Elektrizitätswerke Schönau und Greenpeace Energy eG. Stattdessen bremse Gabriel die Bürgerenergiewende aus und bereinige den Markt zu Gunsten der großen Konzerne.
Die Ökostromanbieter weisen auf mehrere Probleme und Konsequenzen des Eckpunktepapiers hin.

Begrenzter Ausbau und eingeschränkte Akteursvielfalt
Der Vorschlag Gabriels setze auf eine Begrenzung des Ausbaus der Erneuerbaren durch Ausbaukorridore. Obwohl Strom aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen immer günstiger wird, würden künftig enge Zubau-Grenzen von jeweils 2,5 GW pro Jahr eingezogen.
Bei Überschreitung der Ausbauziele tritt der sogenannte atmende Deckel in Kraft, der zu einer automatischen Senkung der Vergütungssätze führt. Das schwäche die Investitionssicherheit vor allem für Windkraftanlagen, für die eine mehrjährige Planung benötigt wird. Auch wenn die Details der Deckelung noch unbekannt seien, führe die instabile Finanzierungssituation dazu, dass insbesondere Bürgerenergiegenossenschaften und mittelständische Unternehmen ihr Engagement beim Ausbau der Erneuerbaren wohl erheblich reduzieren müssten.
Auch die Konzentration auf die relativ zentrale und teure Offshore-Windkraft, die 2015 etwa die Hälfte der gesamten Förderkosten ausmachen soll und aufgrund der hohen Investitionskosten primär Großunternehmen zugute kommt, ziele in die falsche Richtung.
Wenn dann noch ab 2017 das Recht zum Betrieb neuer regenerativer Anlagen von europaweiten Ausschreibungen abhängig gemacht wird, sei klar, dass Bürger und mittelständische Unternehmen keine Chance haben, sich noch für Erneuerbare Energien zu engagieren. „Die Bürgerenergiewende wird abgewürgt und der Markt den großen Konzernen überlassen“, so das Fazit der Ökostromversorger.

Fehlende Sicherheit für Investoren
Dass sich die Voraussetzungen für die Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Anlagen ändern, sei bekannt. Problematisch sei jedoch, dass diese Anpassungen so kurzfristig umgesetzt werden sollen. Das neue EEG soll schon am 1. August 2014 in Kraft treten.
Gabriels Eckpunktepapier gewährt Investitionsschutz für alle Erzeugungsanlagen, die vor diesem Termin ans Netz gehen oder die bis zum 22. Januar 2014 immissionsschutzrechtlich genehmigt worden sind; für alle anderen Anlagen gelten noch unbekannte Vergütungssätze.
Die Kürze der Frist – fünf Tage ab Veröffentlichung – rechtfertige Gabriel mit dem Hinweis, es sei bekannt gewesen, dass sich das EEG bald ändere.
Durch die enge Frist werde aber einer Vielzahl von Projekten, die in der Planung teils sehr weit fortgeschritten sind, die Investitionsgrundlage entzogen, entgegnen die Ökostromversorger. „Teils erhebliche Planungskosten müssten abgeschrieben werden, das finanzielle Engagement tausender Bürgerinnen und Bürger wäre umsonst gewesen.“
Bereits an diesen beispielhaften Kritikpunkten werde deutlich, dass von einem „großen Wurf“ der Regierung und des zuständigen Ministeriums wahrlich keine Rede sein könne, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung. Noch immer fehle ein Gesamtkonzept.

Energiewende in die falsche Richtung
Die Regierung scheue sich, an den großen Schrauben – dem nicht funktionierenden Börsenhandel, den CO2-Zertifkaten oder den nicht mehr zu rechtfertigenden Industrierabatten – zu drehen, die einen maßgeblichen Effekt auf die Höhe der EEG-Umlage haben. Stattdessen werde eine Vielzahl von kleinen Schrauben bewegt –  allerdings aus Sicht der dringend benötigten Energiewende zum Großteil in die falsche Richtung.
„Die Bundesregierung weigert sich, die tatsächlichen Hemmnisse der Energiewende zu überwinden, setzt weiterhin auf künstlich verbilligte Braunkohle und zementiert so Kosten und Umweltfolgen für die Zukunft. Ihrer Verpflichtung zur Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit wird die Regierung mit den vorgestellten Eckpunkten nicht gerecht!“, fassen die Ökostromanbieter ihre Kritik zusammen.

23.01.2014 | Quelle: NATURSTROM AG, Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace Energy eG | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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