Freiburger Appell zur Neufassung des EEG: Ausbau der erneuerbaren Energien und gleichzeitige Senkung der EEG-Umlage um ein Drittel noch in diesem Jahr möglich

Mit dem „Freiburger Appell“ richtet sich ein Bündnis aus Klimaschutzaktiven an die verantwortlichen Politiker und an die Öffentlichkeit. Mit dem Argument der steigenden Strompreise will die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch einschränken.

Mit dem von Christian Meyer Energy Consulting entwickelten Modell zum Stromhandel sei es hingegen möglich, die EEG-Umlage tatsächlich um ein Drittel zu senken, so das Aktionsbündnis. Ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien sei nicht für steigende Strompreise verantwortlich und dürfe keinesfalls gebremst werden.

Reformvorschläge an Regierung, Bundestag und Bundesrat
„Es ist möglich, den Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent voranzutreiben und gleichzeitig die EEG-Umlage noch in diesem Jahr um ein Drittel zu senken. Für solch eine sinnvolle Reform des EEG und eine Reform des Stromhandels setzen wir uns ein. Wir appellieren an die Verantwortlichen in der Regierung, im Bundestag und im Bundesrat, das EEG im Sinne unserer Vorschläge weiterzuentwickeln“, heißt es in der Pressemitteilung des Freiburger Bündnisses.
Die Novellierung des EEG führ in der Form, wie sie die Große Koalition derzeit vorsieht, immer weiter in die Sackgasse (Koalitionsvertrag, Eckpunktepapier Gabriel, Gesetzentwurf EEG 2014). Viele zukunftsfähige Arbeitsplätze seien durch die Regierungspläne bedroht; zehntausende seien durch die drastische Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Photovoltaik-Stromerzeugung bereits vernichtet worden. Zudem könnten die Ausbauziele der Energiewende nicht erreicht werden und der Klimaschutz als wichtigstes politisches Ziel gerate vollkommen ins Abseits, warnt das Bündnis.

Neues Strommarktdesign ohne Zwangsvermarktung von EEG-Strom zu Niedrigstpreisen am Spotmarkt
Um die EEG-Umlage zu senken und um die Förderkosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und ihren Nutzen gerechter zu verteilen, schlägt das Bündnis vor, die derzeitige gesetzliche Zwangsvermarktung von EEG-Strom zu Niedrigstpreisen am Spotmarkt der Strombörse abzuschaffen. Stattdessen soll der EEG-Strom zeitgleich den Stromhändlern zugewiesen werden. Die Bewertung des Stroms soll zum höheren Terminmarkt-Preis erfolgen (neues Strommarktdesign).
Damit würden die Erlöse für EEG-Strom stark steigen und die EEG-Umlage werde deutlich gesenkt. Zugleich könne auf diese Weise auch die von der EU angegriffene übermäßige Befreiung der stromintensiven Industrie und anderer Strombezieher von der EEG-Umlage entfallen. „Mit diesen zwei Maßnahmen kann die EEG-Umlage noch in diesem Jahr um rund ein Drittel sinken, also um über 2 Cent pro Kilowattstunde“, heißt es im Freiburger Appell.

Aktionsbündnis: Pläne der Bundesregierung im Falle der Umsetzung der Freiburger Vorschläge überflüssig
Die Pläne der Bundesregierung zum EEG sehen hingegen mehrere Punkte vor, die aus Sicht des Bündnisses eine erfolgreiche Fortführung der Energiewende verhindern und die im Falle der Umsetzung der Freiburger Vorschläge überflüssig seien.
Das Bündnis lehnte Zubau-Korridore und Deckelungen der Photovoltaik- und Windstromeinspeisung ab sowie eine EEG-Umlage auf den Eigenstromverbrauch aus erneuerbaren Energien und hocheffizienten Kraftwärmekopplungsanlagen (KWK). Auch die die Abschaffung des kostengünstigen Grünstromhändlerprivilegs und Ausschreibungsmodelle, die eine Einschränkung der Teilnahme von kleinen und mittleren Akteuren bewirken, seien der falsche Weg.
Diese Pläne der Bundesregierung machten Investitionen in Strom aus erneuerbaren Energien und in KWK außer bei Kleinstanlagen weitgehend unwirtschaftlich. Auch be- und verhindern sie bürgerschaftliches Engagement bei der Energiewende. Ein weiterer Anstieg der EEG-Umlage würde mit den Maßnahmen der Bundesregierung dagegen kaum vermieden, geschweige denn umgekehrt, so das Bündnis.

Hintergrundinformationen des Bündnisses zum Freiburger Appell (Originaltext)
1. Gerechte Verteilung von Kosten und Nutzen der Energiewende
Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Neufassung des EEG (Gesetzentwurf vom 12. Februar 2014) bremst den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und drosselt den für die Energiewende ebenfalls notwendigen Ausbau der hocheffizienten Kraftwärmekopplung (KWK).
Sie führt nicht zur erforderlichen gerechten Umgestaltung der EEG-Umlage und der Strompreise. Sie stärkt mit fossilen Brennstoffen befeuerte Großkraftwerke und gefährdet den beschlossenen Atomenergie-Ausstieg. Das wichtigste politische Ziel, nämlich das Erreichen der Klimaschutzziele, gerät vollkommen ins Abseits und auch die dezentrale Bürger-Energiewende von unten wird gestoppt.
Bis heute werden die wahren ökologischen und sozialen Kosten der konventionellen Stromerzeugung verschleiert. Diese werden den Steuerzahlern über verschiedene Subventionen aufgebürdet statt den heutigen und bisherigen Verursachern. Sicher ist auch: Die Folgekosten der Atomkraftnutzung und der Verbrennung fossiler Energieträger werden die Kosten der Energiewende erheblich übersteigen. Auch künftige Generationen werden diese noch abtragen müssen.
Die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energien dagegen sind transparent. Diese tragen im Strombereich derzeit einseitig die Haushalte, Kleinverbraucher und nicht privilegierte Teile des Gewerbes und der Industrie. Die großen Stromkonzerne und stromintensive Teile der Industrie profitieren derweil wirtschaftlich vom Strom aus erneuerbaren Energien, weil dieser die Börsenstrompreise in den letzten Jahren stark gesenkt hat. Dazu kommt, dass sie von der EEG-Umlage weitgehend befreit sind.
Mit einer Senkung der EEG-Umlage, unter anderem durch die Begrenzung der Industrierabatte und eine Reform des Strommarktdesigns, können die vielfältigen Nutzen und die Kosten der Energiewende gerechter verteilt werden.

2. Senkung der EEG-Umlage ohne Begrenzung des Zubaus bei den erneuerbaren Energien
Nicht der Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern die Mechanismen des Stromhandels an der Leipziger Strombörse, das so genannte Strommarktdesign, sind die Hauptursache des Anstiegs der EEG-Umlage von 3,59 Cent im Jahr 2012 auf heute 6,26 Cent pro Kilowattstunde (s. Grafik unten). Die über das Umlageverfahren an die Verbraucher weitergereichten Einspeisevergütungen für die erneuerbaren Energien, also die reinen Förderkosten, betragen einschließlich der Marktprämie nur 2,67 Cent pro Kilowattstunde, also nicht einmal die Hälfte der aktuellen EEG-Umlage. Durch eine Veränderung des Strommarktdesigns und die Begrenzung der Befreiung der Industrie von der EEG-Umlage kann die Umlage um ein Drittel gesenkt werden.

3. Mit dem Freiburger Modell für eine Reform des Strommarkts für erneuerbare Energien kann die EEG-Umlage um rund ein Drittel gesenkt werden
Wir fordern das Ende der Zwangsvermarktung des EEG-Stroms über den Spotmarkt der Strombörse. Stattdessen müssen die Stromhändler den zeitgleich erzeugten Strom abnehmen. Dieser Anteil ergibt sich aus der täglichen Prognose über die Menge des erzeugten EEG-Stroms.

Erläuterung:
EEG-Strom darf aktuell gesetzlich nur über den Spotmarkt verkauft werden. Da Strom aus erneuerbaren Quellen nur dann erzeugt werden kann, wenn Wind und Sonne zur Verfügung stehen, muss bisher der zeitgleich gültige Spotmarktpreis angesetzt werden. Dieser Preis schwankt stark. Bei einem hohen Stromangebot (viel Sonne, viel Wind) gibt es für Betreiber konventioneller Kraftwerke bisher keinen Anreiz, ihre Kraftwerke herunterzuregeln, da sie schon Monate oder Jahre im Voraus auf dem Terminmarkt einen guten Preis für ihren Strom ausgehandelt haben. Durch das entstehende Überangebot können die Preise ins Negative sinken. Zu diesem Preis wird dann vor allem EE-Strom verkauft, denn der konventionelle Strom läuft zum festen Preis über den Terminmarkt.
Bei der EEG-Umlage entstehen in 2014 mindestens 2,4 Cent pro Kilowattstunde durch den Rückgang des Börsenstrompreises infolge des Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Art seiner Vermarktung. Dieser Umlage-Betrag kann mit unserem Modell auf nahezu Null gesenkt werden.
Verträge über konventionelle Strommengen, die zuvor auf dem Terminmarkt eingekauft wurden, müssen die Händler um den Anteil stornieren dürfen, der nun durch erneuerbaren Strom abgedeckt ist.
Nun sind es die Betreiber konventioneller Kraftwerke, die ihren übriggebliebenen Strom auf dem Spotmarkt zu Niedrigstpreisen verkaufen müssen. So werden sie gezwungen, vermehrt regelbare Kraftwerke einzusetzen. Große Kohle- und Atomkraftwerke verlieren an Bedeutung. Nur so wird ein echter Vorrang für erneuerbare Energien wieder hergestellt und eine Energiewende eingeleitet.

Eine sinnvolle Begrenzung der Befreiungen für die Industrie senkt die EEG-Umlage weiter
Wir fordern, dass nur Unternehmen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb Nachteile zu erwarten haben, von einer Befreiung von der EEG-Umlage profitieren dürfen.

Begründung:
Die EEG-Umlage ist auch deswegen stark angestiegen, weil immer mehr energieintensive und andere Unternehmen von der Umlage weitgehend befreit wurden. Das Ausmaß der Befreiungen wird inzwischen von der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission als unzulässige Beihilfe angegriffen. In der EEG-Neufassung gilt es, diese ausufernden Befreiungen zu begrenzen. Zusätzlich sind viele Unternehmen auch von Stromnetzentgelten weitgehend befreit und erhalten Stromsteuererstattungen.

Keine EEG-Umlage für die Eigenstromnutzung aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraftwärmekopplung
Für den Eigenstromverbrauch aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraftwärmekopplung (KWK) muss die Befreiung von der EEG-Umlage vollumfänglich bestehen bleiben. Für anderen Eigenstromverbrauch sollte sie sach- und verursachergerecht eingeschränkt werden.

Begründung:
Würde die EEG-Umlage, wie von der Bundesregierung geplant, auf den Eigenstromverbrauch von selbst erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraftwärmekopplung (KWK) erhoben, käme dies einem Ausbaustopp von Photovoltaik- und KWK-Anlagen mit Leistungen oberhalb von 10 kWp vor allem im industriellen und gewerblichen Bereich gleich. Viele bestehende industrielle KWK-Anlagen würden stillgelegt. Auch der Ausbau im Wohnsektor wäre negativ betroffen.
Die Befreiung von der EEG-Umlage beim Eigenstromverbrauch trägt entscheidend zur Wirtschaftlichkeit sehr vieler bestehender und geplanter Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraftwärmekopplung bei. Schon ein teilweiser Wegfall der Befreiung führt zur Stilllegung von Anlagen und zu verbreiteten Planungs- und Ausbaustopps. Das würde gerade diejenigen negativ treffen, die mit unternehmerischem Risiko unverzichtbare Beiträge zur Energiewende erbringen oder künftig erbringen wollen. Aufgrund der stark gefallenen Terminmarktpreise, Basis für die Einspeisevergütung für Strom aus Kraftwärmekopplung, können Kraftwärmekopplungsanlagen häufig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, wenn sie für den selbstgenutzten Strom auch nur einen Teil der EEG-Umlage abführen müssten.
Strom aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraftwärmekopplung (KWK) gehört nicht zu den Verursachern der Umweltprobleme, denen das EEG und das KWK-Gesetz abhelfen sollen: Energieeinsparung, Umweltschutz und das Erreichen der Klimaschutzziele sind Zwecke beider Gesetze.

17.02.2014 | Quelle: Wirtschaftsverband 100 Prozent Erneuerbare Energien Regio Freiburg, ECOtrinova e.V., Fesa e.V., Klimabündnis Freiburg i.Br., Energy Consulting Christian Meyer, Solar-Bürger-Genossenschaft eG; Bild: Bundesverband Erneuerbare Energien | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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