Franz Untersteller: Wir brauchen beim EEG einen Kompromiss

Solarthemen 425.Franz Untersteller setzt sich als Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg für Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung für die EEG-Novelle ein. Im Interview mit den Solarthemen sieht er den Bundestag in der Pflicht, stärker auf die Wünsche der Bundesländer einzugehen.

Solarthemen: Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme am 23. Mai gegen Teile des Regierungsvorschlags zur EEG-Novelle gewandt. Wie zufrieden sind Sie mit der Stellungnahme des Bundesrates? Franz Untersteller: Mit der Stellungnahme bin ich sehr zufrieden, weil darin wesentliche Punkte aufgegriffen werden, die uns wichtig sind. Das sind die Themen des Eigenverbrauchs, der Stichtagsregelung und des Umgangs mit den Ausschreibungen. Solarthemen: Was ist Ihnen an der Position des Bundesrates besonders wichtig? Franz Untersteller: Ich möchte zwei Punkte herausgreifen: die Stichtagsregelung und den Eigenverbrauch. Zunächst zum Thema Stichtag: In einem Bundesland wie Baden-Württemberg, das in der Vergangenheit unter der alten Landesregierung die Windkraft verhindert hat und jetzt alles dafür tut, die Windkraft auf den Weg zu bringen, braucht man dafür einen gewissen Vorlauf – etwa für die Novelle des Landesplanungsgesetzes, den Windkrafterlass, die Erhebung der windkraftrelevanten Arten. All diese Dinge haben wir in den letzten Jahren vorangebracht. Und wir haben jetzt 250 Anlagen im immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Das heißt, wir hatten einen Vorlauf von zwei bis zweieinhalb Jahren. Und es kann nicht sein, dass bei einem solchen Vorlauf, wenn die Windkraft-Projektierer Verhandlungen mit Banken geführt und Business-Pläne gemacht haben, plötzlich dann von der Bun­des­regierung ein Datum wie der 22.1.2014 genannt wird und nur noch Anlagen, die vorher genehmigt wurden, unter die Regelungen des EEG 2012 fallen sollen. Und bei Anlagen, die danach genehmigt wurden, dann die Regeln des neuen EEG gelten sollen. Das bedeutet einen Renditeverlust bis zu 8 Prozent, und das funktioniert einfach nicht. Deswegen haben wir uns mit anderen Bundesländern dafür stark gemacht, dass als Stichtag der 31.12.2014 genommen wird, nämlich als Stichtag für die Inbetriebnahme der Anlagen. Die Herangehensweise der Bundesregierung halte ich nicht für gerechtfertigt. Das Thema Vertrauensschutz sollte doch auch in Berlin noch eine Rolle spielen. Solarthemen: Und das zweite ist der Eigenverbrauch? Franz Untersteller: Natürlich. Wir haben jetzt eine Situation, dass Industriebetriebe und Betriebe, die unter die Besondere Ausgleichsregelung fallen, beim Eigenverbrauch – unabhängig davon, wie sie die Energie erzeugen – 15 Prozent der EEG-Umlage zahlen sollen, selbst wenn sie fossile Energien nutzen. Handel und Dienstleistungen aber – und hier rede ich als Minister eines Landes, wo der Mittelstand eine große Rolle spielt – sollen zukünftig, wenn es nach der Bundesregierung geht, 50 Prozent der Umlage zahlen, also auch wenn sie in erneuerbare Energien oder in Kraft-Wärme-Kopplung und damit tatsächlich in die Energiewende investieren. Das darf meines Erachtens nicht sein. Und hier hoffen wir auf eine Gleichbehandlung. Es gab ja auch von Seiten des Bundesrates dazu eine Stellungnahme, die eine Mehrheit gefunden hat. Diese Unterscheidung zwischen Industrie auf der einen und Handel sowie Dienstleistungen auf der anderen Seite ist nicht sachgerecht. Ich gehöre nicht zu denen, die sich für eine komplette Freistellung des Eigenverbrauchs aussprechen – und ich habe mir mit dieser Position nicht nur Freunde bei den Verbänden der erneuerbaren Energien gemacht. Aber es geht nicht, dass man den Prozentsatz der Umlage so hoch ansetzt, dass der komplette Eigenverbrauch abgewürgt wird. Solarthemen: Über eine weiter gehende Befreiung von der EEG-Umlage zum Beispiel für Mieter, die mit Solarstrom aus dem Wohnhaus beliefert werden, oder für Contractoren wurde gar nicht erst abgestimmt. Haben die Länder hier keine Chance gesehen? Franz Untersteller: Sie müssen sich irgendwann auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Und dazu gehören die beiden von mir genannten Punkte. Dazu gehören auch die Ausschreibungen, bei denen gewährleistet sein muss, dass sie ordentlich abgewickelt werden können und gleichzeitig die Akteursvielfalt erhalten bleibt. Und ein weiterer uns wichtiger Punkt ist die Zeitspanne, nach der sich die Vergütungsredukion bei der Photovoltaik bemisst und die wir von einem Jahr auf drei Monate verkürzen wollen. So könnten wir besser organisieren, dass zumindest der von der Bundesregierung schon reduzierte Ausbaupfad erreicht wird. Das waren die Punkte, die Baden-Württemberg und auch einer Reihe anderer Länder wichtig waren. Solarthemen: Auf wie viel Zustimmung werden die Positionen der Länder bei den Abgeordneten im Bundestag stoßen? Franz Untersteller: Nun gibt es mittlerweile eine Antwort der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates. Und ich bin hier schon frustriert, das muss ich sagen. Denn die Bundesregierung hat alle relevanten Beschlüsse des Rates zurückgewiesen. So kann man nicht miteinander umgehen. Wenn die Bundesregierung auf der einen Seite wünscht, dass es nicht zu einem Vermittlungsverfahren, sondern zu einem Konsens mit den Ländern kommt, dann kann sie nicht völlig stur auf ihrem Standpunkt beharren. Ich gehe davon aus, dass man an solchen Punkten, wie ich sie genannt habe, zumindest zu Kompromissen kommen sollte. Das ist bislang nicht zu erkennen und ich muss nun auf die beiden Regierungsfraktionen im Bundestag setzen. Ich werde mit Bundestagsabgeordneten von Union und SPD Gespräche führen und hoffen, dass sich wenigstens dort noch etwas bewegt. Solarthemen: Kaum jemand möchte wohl unbedingt den Vermittlungsausschuss anrufen. Aber ist das aus Ihrer Sicht eine Option oder wird dies von vornherein mit Blick auf den Terminplan für das Gesetz und die Vorgaben der EU-Kommission verhindert? Franz Untersteller: Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Das ist keine Option. Denn allen ist klar, dass man es sich nicht leisten kann, das Thema über den Sommer hinweg in den Herbst hineinzuziehen – und dann mit offenem Ausgang. Denn es muss natürlich auch klar sein, wann die Bescheide an die Unternehmen rausgehen, die unter die Besondere Ausgleichsregelung fallen. Alle Beteiligten wissen, dass es deswegen gar nicht möglich sein wird, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Aber weil es so ist, sind die Bundesregierung und die Bundestagsabgeordneten in der Pflicht, sich auf die Länder zuzubewegen. In dieser Zeit sind Kompromisse angesagt. Interview: Andreas Witt

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