Experten kommentieren erste Photovoltaik-Freiflächenausschreibung; Zweifel am Fortbestand der Akteursvielfalt

Bis zum 15. April können bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) die notwendigen Informationen zur ersten Photovoltaik-Freiflächenausschreibung abgerufen und Gebote von interessierten Investoren abgegeben werden.

Dass dies der erste und nicht ganz unkomplizierte Schritt in einem Systemwechsel hin zu einer möglichst weitgehenden Umstellung von Einspeisetarifen hin zu Ausschreibungen ab 2017 auch für andere Größenklassen, Anlagentypen und auch andere Erneuerbare Energieträger ist, erklärte Cornelia Viertl, zuständige Referentin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nur einen Tag nach Verfahrenseröffnung bei der „S³.Solar.Storage.Safety“-Konferenz von EuPD Research und IBESA in Köln.

Konferenzteilnehmer zweifeln am Fortbestand der Akteursvielfalt
Im Rahmen der nun eröffneten Pilotphase sollen erste Erfahrungen gesammelt werden. Ziel sei es, so Cornelia Viertel im Rahmen ihres Vortrages bei der S³-Fachkonferenz, die Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu reduzieren, dabei jedoch die Akteursvielfalt zu erhalten.
Viele der anwesenden Teilnehmer bezweifeln jedoch aufgrund der Voraussetzungen, die ein Investor mit der Abgabe eines Gebots erfüllen muss, dass diese Vielfalt erhalten bleibt.
So auch Daniel Quack-Scheffen, EuPD Research Consultant: „Aus dem Auktionsverfahren ergeben sich zusätzliche direkte und indirekte Kosten, die kaum Anreiz für Investoren bieten, überhaupt in den Markt einzusteigen. Das Marktumfeld, so zeigen es die Erfahrungen der letzten Jahre, ist höchst schwierig einzuschätzen für Unternehmen.“
Quack-Scheffen weiter: „Das grundsätzliche Wettbewerbsrisiko in Kombination mit dem Risiko einer Fehleinschätzung der eigenen Kosten, dem Finanzierungsrisiko insgesamt und Risiken aufgrund der Auktionsbedingungen, all das wird zum selektiven Mechanismus im Auktionsverfahren und schließt Wettbewerber durch zu hohe Hürden von der Teilnahme aus.“

Mit Ausschreibung Höhe der Marktprämie wettbewerblich ermitteln
Ausgeschrieben wird jeweils die Förderberechtigung von Photovoltaik-Projekten. Dies ist eine Berechtigung, eine bestimmte Anlagenleistung zu installieren, die an den Anlagenbegriff im EEG angelehnt ist. Im Rahmen der Ausschreibung soll künftig dann wettbewerblich die Höhe des anzulegenden Wertes der Marktprämie ermittelt werden, indem die Gebote, in denen die niedrigste Förderhöhe angeboten wird, den Zuschlag erhalten, so lange, bis das Volumen der jeweiligen Ausschreibungsrunde erreicht ist.
Das Volumen der aktuellen Ausschreibungsrunde beträgt insgesamt 150 MW. Damit löst die wettbewerbliche Festlegung der Förderhöhe die der regulatorisch festgelegten und traditionellen EEG Festvergütung ab.

System der Marktprämie wird nicht verändert
Über die Ausschreibung soll nur die Förderhöhe ermittelt werden, betonte Viertl. Die Förderhöhe ist die Höhe der Marktprämie, wie sie im EEG derzeit definiert ist. Das System der Marktprämie wird nicht verändert. Der so genannte anlegbare Wert, der derzeit im EEG vorgegeben wird, wird im System der Ausschreibung dann über die Gebote ermittelt. Im Übrigen gelten die Regelungen des EEG 2014 weiter. Dies entlaste den Umstellungsprozess, ermögliche eine schnelle Ausschreibung und sichere auch die Akzeptanz. Ob und inwieweit das später allerdings geändert werde, könne derzeit aus ihrer Sicht nicht eingeschätzt werden, so die Fachexpertin aus dem BMWI.

Drei Ausschreibungsrunden pro Jahr
Für die Förderung über Ausschreibungsverfahren darf das Gesamtvolumen des Projektes bei mindestens 100 Kilowatt (kW) und maximal zehn Megawatt (MW) liegen. Es werden jährlich drei Ausschreibungsrunden stattfinden, die jeweils inklusive der fix vorgegebenen Formatvorgaben acht Wochen vor dem Gebotstermin auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht werden.
Die Teilnehmer einer Ausschreibung geben Gebote ab. Diese sind „verdeckt“, d.h. nicht öffentlich und damit anderen Bietern nicht bekannt. Zunächst soll jeder Bieter genau die Förderhöhe erhalten, die er auch geboten hat.
Dieses Verfahren nennt man auch „Pay-as-bid“. Es können dann dadurch unterschiedliche Förderhöhen entstehen. Dieses Verfahren sei, so Cornelia Viertl, recht einfach verständlich, da man genau das erhält, was man sich ausgerechnet und angeboten hat – vorausgesetzt man hat mit seinem Angebot Erfolg.
In der zweiten und dritten Ausschreibungsrunde 2015 soll das Verfahren auf das so genannte „Uniform-Pricing“ Verfahren umgestellt werden. Dies bedeutet, dass alle die gleiche Förderhöhe erhalten, nämlich die des letzten noch erfolgreichen Gebotes. Das gerade noch zugeschlagene, letzte Gebot setzt damit den Preis für alle erfolgreichen Gebote fest.
Sinn und Zweck des Wechsels ist es, beide Methoden zu testen. Da es sich um kontinuierliche Ausschreibungen handelt, wird sich mit der Zeit voraussichtlich auch eine bestimmte Förderhöhe etablieren, an der sich alle orientieren. Es ist ein Höchstpreis vorgesehen. Dieser ist öffentlich. Gebote, die höher liegen als der Höchstpreis, werden nicht bezuschlagt. Der Höchstpreis verhindert, dass bei fehlendem Wettbewerb sehr hohe Förderhöhen erreicht werden. Überförderung wird somit verhindert.

Bagatellgrenze für Photovoltaik-Dachanlagen noch nicht geklärt
Auch für Photovoltaik-Dachanlagen sei perspektivisch geplant, sie in das Ausschreibungsmodell aufzunehmen, so Cornelia Viertel auf Nachfrage in der Diskussionsrunde der S³-Konferenz, aber noch sei nicht geklärt, wie und wo zum Beispiel auch die Bagatellgrenze liegen werde
Die von der EU als Rahmen gesetzte Grenze von 1 MW sei allerdings eher unwahrscheinlich. Die EU gebe zwar einen Rahmen vor, aber inwieweit das auch für Deutschland umgesetzt werde, das könne sie noch nicht sagen, denn es gebe eine Vielzahl von Ausnahmen bei der Ausschreibungspflicht.

BMWi-Referentin Viertl: Erhöhter Solarstrom-Eigenverbrauch bringt volkswirtschaftlich kein Plus
Allerdings, so ergänzt sie abschließend, sei ein erhöhter Eigenverbrauch, wie er häufig postuliert werde, rein „volkswirtschaftlich kein Plus“, da hier weder Steuern, noch Umlage gezahlt werde. Bis Herbst 2015 erwarte sie, dass auch für die anderen Erneuerbaren Energieträger Ausschreibungskonzepte entwickelt seien. Zeit, die eigene Pilotphase fundiert auszuwerten, bleibt bei dem Zeitplan nicht, betont EuPD Research.

19.03.2015 | Quelle: EuPD Research | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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