Interview mit Joachim Pfeiffer (CDU): Ausbaukorridore einhalten

Solarthemen 471. Dr. Joachim Pfeiffer ist wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU im Bundestag. Im Solarthemen-Interview kritisiert er den aktuellen Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für die EEG-Novelle. Er pocht auf die Einhaltung des Koalitionsvertrages.

Solarthemen: Wenn Sie nur einen einzigen Wunsch frei hätten, was würden Sie am EEG-Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums auf jeden Fall ändern?

Joachim Pfeiffer: Da gibt es nicht nur einen Wunsch. Wir müssen die Erneuerbaren in den Markt bringen. Das ist nicht mit einer einzigen Stellschraube getan. Da gibt es noch in vielen Punkten Optimierungsbedarf.

Na gut: Die Fee gibt Ihnen die klassischen drei Wünsche …

Bisher wird einseitig auf den Ausbau der Erzeugungskapazitäten gesetzt. Es muss jetzt passieren, was bereits im Koalitionsvertrag angelegt ist: Der Netzausbau muss synchronisiert werden mit dem Ausbau der Erzeugung. Das ist im Entwurf noch nicht im notwendigen Umfang angelegt. Zum zweiten geht das Heranführen an den Markt mit den Ausschreibungen zwar in die richtige Richtung. Da bleibt der Entwurf aber in vielen Punkten, beispielsweise bei Photovoltaik, in den Ansätzen stecken – Stichwort: 1-Megawatt-Grenze. Damit würden fast 90 Prozent der installierten Leistung nicht von Ausschreibungen erfasst. Außerdem hatten wir 52 Gigawatt als Deckel für die Förderung der Photovoltaik vereinbart. Es gibt keinen Grund diesen Deckel jetzt aufzuheben. Irgendwann sollten die Erneuerbaren ja mal allein am Markt unterwegs sein. Dritter Punkt: Flexibilität auf der Nachfrageseite. Da werden die notwendigen Vorschläge überhaupt nicht gemacht. Die Flexibilisierung zum Beispiel durch Speicher wird im bishe­rigen Entwurf nicht adressiert. Und es gibt noch ganz viele andere Punkte, wo der Referentenentwurf absolut nicht ausreichend ist.

Ihr Fraktionsvorsitzender Volker Kauder will die Bagatellgrenze auf 30 kW senken. Ist das Konsens in der Union?

Wir sind noch im Diskussionsprozess. Aber in diese Richtung scheint es ein breiter Konsens zu sein.

Wie soll das rein praktisch gehen?

Jetzt kommen wir vom Hölzchen aufs Stöckchen. Wir sollten es mal bei einigen generellen Dingen belassen, an denen deutlich wird, dass wir noch lange nicht dort sind, wo wir hin müssen. Die 1-Megawatt-Grenze bedeutet: Nur 0,1 Prozent der Anlagen und 18 Prozent der Leistung würden erfasst.

Gabriel macht kein Hehl daraus, dass er den Großteil der Photovoltaik von der Ausschreibung ausnehmen will.

Das hat aber nichts mit dem zu tun, womit wir angetreten sind. Wenn wir die Grenze auf 30 kW senken, dann sind 93 Prozent der Anlagen immer noch draußen, aber es werden so wenigstens mal 62 Prozent der installierten Leistung ausgeschrieben. Dann könnte man vielleicht in Ansätzen davon reden, dass es irgendwas mit Markt und Wettbewerb zu tun hat.

In dieser EEG-Novelle ist Windkraft das große Thema.

Beim Wind kann es nicht weitergehen wie bisher. Da muss der Ausbaukorridor, der vereinbart wurde, eingehalten werden. Beispielsweise sollte es eine Einmal-Degression beim Wind geben, bevor die Ausschreibung wirkt. Das Problem entsteht ja sonst in 2017 und 2018. Da ist noch Handlungsbedarf. Dem wird durch den Entwurf noch nicht entsprochen.

Sie fordern die beschlossenen Ausbaukorridore ein. Sind diese Obergrenzen denn nach den Beschlüssen von Paris überhaupt noch zeitgemäß? Ulrich Kelber von der SPD hat in unserem Interview kürzlich einen beschleunigten Ausbau gefordert.

Ich halte nichts vom Ziele-Fetischismus und davon, ständig neue Ziele zu setzen. Ich möchte zunächst mal die Ziele umsetzen, die wir mit dem Koalitionsparter vereinbart haben.

Die Frage bleibt: Passt das Mengengerüst des EEG 2014 noch zu den neuen Zielen von Paris?

Natürlich. Wir liegen doch sogar drüber. Und es nützt ja nichts: Wenn Sie ein Restaurant haben und Sie merken, dass die Zahl der Servicekräfte, die das Essen zu den Leuten bringen, hinten und vorne nicht reicht, dann stellen Sie doch nicht noch weitere Köche ein, damit noch mehr Essen produziert wird! Wenn Sie mal ansehen, was mit den Redispatch-Kosten passiert, was an Abschaltungen passiert und was jetzt an Offshore-Parks ante portas steht, obwohl pro Jahr Strom für 700 Millionen Euro abgeregelt wird. dann sehen Sie doch, dass dieses System nicht nur an seine Grenzen gerät, sondern Gefahr besteht, dass es auseinanderfliegt. Deshalb müssen Netzausbau, Flexibilisierung und Speicheranreize mit dem Erzeugungsausbau abgestimmt werden. Das ist die zentrale Frage, und auf die gibt der Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums noch keine ausreichende Antwort. Man kann nicht weiterhin auf Teufel komm raus Kapazitäten ausbauen, so wie man es jetzt 25 Jahre lang gemacht hat.

Sie könnten dann einen Ausbaustopp für Windkraft in Schleswig-Holstein fordern. Denn dort ist das Netz weitgehend voll.

Die Steuerung muss natürlich mit Maß und Ziel erfolgen. Es muss schon dort der Ausbau erfolgen, wo auch der Wind weht. Es gibt ja sogar Forderungen, dass man noch weiter am Referenzertragsmodell herumschrauben müsse, um an noch windschwächeren Standorten Anlagen bauen zu können. Davon halten wir nichts.

Wie geht’s in der Koalition nun weiter?

Es gilt zunächst mal, was im Koalitionsvertrag von allen einvernehmlich vereinbart wurde. Die Ausbaukorridore sind einzuhalten. Das wird durch den vorliegenden Entwurf nicht gewährleistet.

Interview: Guido Bröer  

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