Ausschreibung und Innovation für die KWK

Foto: Guido Bröer
Solarthemen 481. Das Bundeswirtschaftsministerium will vor dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2017 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das KWK-Gesetz (KWKG) nochmals novellieren. Wesentliche Änderungen sind für KWK-Systeme geplant. Für Anlagen zwischen 1 und 50 MW soll die KWK-Förderung analog zum EEG künftig ausgeschrie­ben werden. Zugleich plant das Ministerium eine separate Ausschreibung für so genannte „innovative KWK-Systeme“, die hohe Anteile von Wärme aus erneuerbaren Energien einbinden. Experimentierklauseln sollen außerdem Pilotprojekte für die Sektorenkopplung entlasten, indem deren Netzentgelte und EEG-Umlage reduziert werden.

Es hat sich inzwischen eingebürgert, dass einige Monate nach großen EEG-Novellen und noch vor deren Inkrafttreten eine Novelle der Novelle nachgeschoben wird. So auch beim EEG 2017 für das das Bundeswirtschaftsministerium Ende September einen Referentenentwurf interessierten Verbänden vorgestellt hat. Der wesentliche Anlass für das Gesetzge­bungs- Verfahren ist allerdings die gleichzeitige Änderung des KWK-Gesetzes, das eigentlich schon zum 1. Januar 2016 hätte in Kraft treten sollen, aber von der EU-Kommission nicht notifiziert worden war. Ausschreibungen für KWK Der wichtigsten Forderung der EU-Kommission will die Bundesregierung mit der Gesetzesnovelle nun nachkommen: Auch die KWK-Zuschussförderung soll auf ein Ausschreibungssystem umgestellt werden, wie es mit den Marktprämien für Windkraft und große PV-Anlagen im EEG 2017 bereits geschehen ist. Nach dem Entwurf des BMWi sollen neue KWK-Anlagen zwischen 1 MW und 50 MW elektrischer Leistung um die Förderung in Ausschreibungen konkurieren. Kleinere und größere Systeme sollen weiterhin politisch festgelegte Zuschüsse pro Kilowattstunde bekommen. Ebenfalls von der Ausschreibungspflicht ausgenommen sind modernisierte und nachgerüstete KWK-Anlagen. Bislang vergeblich hatte der AGFW als Lobbyverband der Fernwärme- und KWK-Branche darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission offiziell lediglich den Umlagemechanismus des KWKG, nicht aber ausdücklich den Förderungsteil moniert hatte. Vor diesem Hintergrund plädiert er dafür, beim bisherigen Fördersystem der festen Zuschüsse zu bleiben. Mindestens aber solle die untere Grenze für Ausschreibungen auf 2 MW angehoben werden. Wenig Freude findet der stellvertretende Geschäftsführer und Justiziar des AGFW, Adolf Topp, auch an § 8 b des geplanten Gesetzes, der separiert von den Ausschreibungen für „normale“ KWK-Anlagen ein zweites Ausschreibungssegment für so genannte „innovative KWK-Systeme“ einführen soll. Der Gesetzentwurf versteht darunter„energieeffiziente und treibhausgasarme Systeme, in denen KWK-Anlagen in Verbindung mit hohen Anteilen von Wärme aus erneuerbaren Energien KWK-Strom und Wärme bedarfsgerecht erzeugen oder umwandeln“. Topp überzeugt diese Definition nicht: „Das ist sehr unklar formuliert. Jedenfalls hat es wenig mit dem zu tun, was man im juristischen Sinne bislang unter Kraft-Wärme-Kopplung versteht. Wenn der Gesetzgeber das Erzeugungsportfolio in einem Fernwärmesystem um weitere erneuerbare Techniken ergänzen will, dann soll er das auch so nennen. Wir würden dies als AGFW grundsätzlich begrüßen. Bei der KWK-Anlage anzusetzen, führt hingegen in die Irre.“ Besonders stört sich Topp daran, dass einer KWK-Anlage, die als Teil eines „innovativen KWK-Systems“ an dieser Ausschreibung teilnimmt, ausdrücklich verboten werden soll, sich zugleich an den normalen KWK-Ausschreibungen zu beteiligen. Ein bisschen Dänemark Sehr erfreut über die geplante Förderung innovativer KWK-Systeme ist hingegen Carsten Pfeiffer, Leiter Energiepolitik beim Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Ginge es nach dem BEE, so lässt er durchblicken, würden ausschließlich solche innovativen KWK-Systeme gefördert, die über eine hohe Flexiblilität und einen hohen Anteil erneuerbarer Energien verfügen. Pfeiffer sagt: „Wir engagieren uns hier, weil wir es für wichtig halten, dass die KWK zunehmend flexibilisiert und decarbonisiert wird.“ Um Innovationen anzureizen, müs­se die Definition dieser innovativen Systeme im Gesetz ja gerade möglichst offen gehalten werden, meint Pfeiffer. Ihm schwebt durchaus vor, dass über diese Ausschreibungen komplexe Versorgungssysteme gefördert werden, wie sie in Dänemark bereits an zahlreichen Orten entstehen. Große Wärmespeicher könnten die Verbindung schaffen zwischen Solarthermiefeldern, Power-to-Heat mit Wärmepumpen und Elektrokesseln sowie klassischen KWK-Anlagen – zumal wenn diese gespeicherten Wind-Wasserstoff verbrennen würden. Was genau über diese Innovationsausschreibungen ermöglicht wird, dürfte sich allerdings erst zeigen, wenn der Bund dazu eine Verordnungsentwurf vorlegen wird. Denn die entscheidenden Details soll das Gesetz wie üblich einer späteren Verordnung überlassen, diese soll nach BMWi-Plan der Zustimmung des Bundestages, nicht allerdings des Bundesrates bedürfen. Eine Verordnungsermächtigung dazu findet sich in § 33 b. Demnach können die Innovationsausschreibungen in Teilsegmente aufgeteilt werden, wobei insbesondere zwischen verschiedenen Leistungsklassen oder zwischen verschiedenen Brennstoffen der KWK-Anlage oder zwischen verschiedenen Techniken zur Bereitstellung von Wärme aus erneuerbaren Energien unterschieden werden kann. Weiterhin soll die Verordnung beispielsweise einen Mindestanteil von Wärme aus erneuerbaren Energien, Effizienzgrade und Anforderungen an Netze, Speicher und Wärmeerzeuger formulieren. Vor allem sollen die KWK-Anlagen nicht wärmegeführt laufen und innerhalb der Systeme keine technische Mindesterzeugung haben. Entsprechend soll die Wärme, die aus dem KWK-Prozess ausgekoppelt werden kann, jederzeit mit einem der im System installierten elektrischen Wärmeerzeuger erbracht werden können, um die Anlage als Flexibilität für das Stromsystem quasi doppelt nutzen zu können. Experimentierklauseln Eine neue, bereits als „Experimentierklausel“ während der EEG-Novelle im Sommer angekündigte Verordnungsermächtigung soll außerdem ermöglichen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die EEG-Umlage auf 40 Prozent reduziert wird, wenn Wind- und Solarstrom, der ansonsten abgeregelt worden wäre, im Zuge der Sektorenkopplung vor Ort genutzt oder umgewandelt wird. Gelten sollen diese Ausnahmen allerdings nur für Pilotprojekte, die im Programm SINTEG (Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende) registriert sind. Die Verordnungsermächtigung soll jetzt mit dem Artikelgesetz als neuer § 119 in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) hin­einge­schrie­ben werden. Die Fälle, in denen überschüssiger Regenerativstrom auf diese Weise verwendet werden darf, möchte das BMWi allerdings bewusst beschränken. Nur wenn die Netzbetreiber nach EEG oder EnWG etwa wegen Netzengpässen oder Sicherheitsgründen die Anlagen abschalten dürfen oder wenn an den Strombörsen für den laufenden oder folgenden Tag negative Preise erzielt werden, soll Regenerativstrom mit verminderter EEG-Umlage vor Ort umgewandelt werden dürfen. Direktlieferung ermöglichen! Der Bundesverband Erneuerbare Energien begrüßt die Verordnungsermächtigung, hält sie aber für zu eng. Laut seiner Stellungnahme sollten grundsätzlich auch Anlagen gefördert werden, die in direkter Verbindung mit Wind- oder Solarparks Überschussstrom vor Ort speichern oder in andere Energieformen umwandeln. Außerdem würde er gern Direktlieferverträge zwischen Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen und Betreibern diverser Sektoren-Kopplungs-Technologien ermöglicht sehen, so dass innovative Geschäftsmodelle mit neuen Technologien erprobt werden könnten. Text und Foto: Guido Bröer

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