Neue Studie: Globale Energiewende braucht deutlich günstigere Kredite für Erneuerbare

Für eine globale Energiewende sollten in den Schwellen- und Entwicklungsländern neben der Einführung eines CO2-Preises zusätzlich die Kapitalkosten für Windenergie- und Solar-Anlagen von oft über 10 Prozent auf unter 5 Prozent gesenkt werden, so eines der wesentlichen Ergebnisse der neuen Studie „The role of capital costs in decarbonizing the electricity sector“.

Exportgarantien, der Zugang zu internationalen Finanzmärkten und ein stabiler politischer und rechtlicher Rahmen für Investoren in den Ländern könnten zu dem gewünschten Ziel führen.
Lion Hirth und Jan Steckel vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben die Untersuchung jetzt im Fachmagazin Environmental Research Letters veröffentlicht.
Die Erkenntnisse sind vor der gerade startenden Klimakonferenz in Marrakesch von besonderer Relevanz: Die globale Energiewende wird zwar eines der vielen Schwerpunktthemen in Marokko sein.
Zugleich setzen jedoch viele arme und schnell wachsende Länder weiterhin auf billige Kohlekraftwerke, um ihren wachsenden Energiehunger zu stillen. Diese sind nicht nur sehr umweltschädlich, ihre Investitionskosten liegen auch deutlich unter denen von Erneuerbaren Energien.

Klimafreundliche Stromerzeugung wird durch hohe Kapitalkosten behindert
Wenn aber in vielen armen Ländern sowohl die Risiken als auch die Kreditzinsen für die Erneuerbaren hoch sind, spielen deren Vorteile – keine Kosten für Brennstoffe, keine CO2-Zertifikate, keine Luftverschmutzung – für die Investoren kaum eine Rolle.
Der Einsatz klimafreundlicher Stromerzeugung in Schwellen- und Entwicklungsländern wird somit derzeit durch hohe Kapitalkosten stark behindert. Höhere Investitionsrisiken – beispielsweise durch politische Unsicherheiten – spiegeln sich in höhere Zinsen und damit höheren Kosten für Investoren wider.
„Niedrige Kapitalkosten sind ein entscheidender Hebel, um die Wirkungen von CO2-Preisen voll zu entfalten: je niedriger die ersteren, desto effektiver die letzteren“, erklärt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimawandel und Entwicklung.
„Bleiben die Kapitalkosten jedoch weiterhin so hoch, würde selbst die Einführung von vergleichsweise hohen CO2-Preisen verpuffen. Auch hohe CO2-Preise sind dann nicht in der Lage die Rechnung der Investoren zugunsten der kapitalintensiven Erneuerbaren zu verschieben.“
Für ihre Forschung haben die MCC-Wissenschaftler erstmals quantitativ untersucht, wie sich hohe Kapitalkosten auf die Effektivität von CO2-Bepreisungen auswirken. Mithilfe ihres Modells können sie beispielsweise zeigen, dass bei relativ niedrigen Kapitalkosten von 3 Prozent schon ein moderater CO2-Preis von 50 US-Dollar pro Tonne den Emissionsausstoß um fast die Hälfte verringert. Hingegen kommt es bei höheren Kapitalkosten von 15 Prozent – bei gleichem CO2-Preis – zu fast keiner Reduzierung der Emissionen.

Kapitalintensivität bei klimafreundlichen Technologien sehr hoch
Die unterschiedlichen Kostenstrukturen sind entscheidend für Investitionsentscheidungen, da zukünftige Kosten abgezinst werden – sie fallen damit weniger ins Gewicht.
Die Wissenschaftler sprechen von unterschiedlicher „Kapitalintensivität“. Diese ist gerade bei klimafreundlichen Technologien sehr hoch – übrigens nicht nur bei Erneuerbaren Energien, sondern auch bei Atomkraft und Kraftwerken mit Kohlenstoffabscheidung (CSS).

Einspeisetarife für Erneuerbare können sichere Rahmenbedingungen schaffen
„Moderate CO­2-Preise mit niedrigen Kapitalkosten zu verbinden, ist politisch wahrscheinlich realistischer als die extrem hohen CO2-Preise, die sonst nötig wären um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen“, sagt Steckel.
„Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern brauchen wir daher rechtlich sichere Rahmenbedingungen für Investoren. Einspeisetarife für Erneuerbaren können hier eine Möglichkeit sein.“
Die neue Forschung bestätigt damit auch, dass für die Erneuerbaren physikalisch günstigere Bedingungen in einigen Ländern, wie etwa viel Sonne oder Wind, noch lange nicht zum Selbstläufer für deren Auf- und Ausbau werden.
„Eine erfolgreiche Klimapolitik muss das Investitionsrisiko senken. Bei sicheren Anlagen sind Banken bereit, günstigere Kredite zu vergeben und Investoren geben sich mit einer geringeren Rendite zufrieden“, sagt MCC-Forscher Hirth.
„Mit anderen Worten: Sind die Kapitalkosten geringer, werden Wind- und Solarenergie gegenüber Kohlekraftwerken deutlich wettbewerbsfähiger. So kann die globale Energiewende gelingen.“

Weitere Informationen: The role of capital costs in decarbonizing the electricity sector

07.11.2016 | Quelle: MCC | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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