Experten sehen deutsche Klimaziele für 2020 kaum noch als erreichbar an
Die Professoren, Andreas Löschel (Uni Münster), Frithjof Staiß (ZSW), Georg Erdmann (TU Berlin) sowie Hans Joachim Ziesing (AG Energiebilanzen) bürsten wie gewohnt kritisch den aktuellen Monitoringbericht der Bundesregierung für das Jahr 2015 gegen den Strich. Das übergeordnete Ziel der Treibhausgasreduktion von 40 Prozent gegenüber 1990 sei bis 2020 kaum noch zu erreichen, so die Wissenschaftler. Das Bundeswirtschaftsministerium hob demgegenüber hervor, dass Deutschland bei der Entwicklung erneuerbarer Energien im Stromsektor mit 31,6 Prozent über dem Zielkurs liege. „Gerade bei der Energieeffizienz sind allerdings weitere Fortschritte notwendig. Mit zahlreichen neuen Förderprogrammen sind wir jedoch auch hier auf dem richtigen Weg“, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Keine Trendwende ist bislang beim Verkehr in Sicht. Um 1,3 Prozent stieg dessen Endenergiebedarf seit 2005. Die Expertenkommission kritisierte, es werde in dem Bericht der Bundesregierung nur unzureichend das Augenmerk darauf gerichtet, dass die Treibhausgasemissionen seit 2009 mehr oder weniger stagnierten. In Ihrer Stellungnahme folgern die Professoren: „Die Lücke bis zum Zielwert für 2020 (749 Mio. t CO2-Äquivalente) kann somit nur geschlossen werden, wenn eine durchschnittliche jährliche Reduktion um fast 32 Mio. t CO2-Äquivalente bzw. um 3,8 % bewirkt wird. Berücksichtigt man die für 2016 erwartete Stagnation der Emissionen auf dem Vorjahresniveau müsste es sogar für die vier Jahre von 2017 bis 2020 zu einer jährlichen Reduktion um knapp 40 Mio. t CO2-Äquivalente kommen.“ Vergleiche man dies mit Vergangenheitswerten, so müsse sich das Tempo der Emissionsminderung gegenüber der Periode von 1990 bis 2015 (-1,3 % p.a.) etwa verdreifachen, gegenüber der Periode von 2005 bis 2015 wäre es sogar eine Vervierfachung, rechnen die Gutachter vor und kritisieren: „Aus heutiger Sicht ist nicht zu erkennen, wie die Bundesregierung dies erreichen möchte.“ Die Wissenschaftler empfehlen der Bundesregierung, sich für eine Stärkung des Emissionshandels durch eine Anpassung des europäischen Reduktionsziels, eine sektorale Ausweitung des Emissionshandels und die Einführung eines Preiskorridors zu engagieren. Sofern dies auf europäischer Ebene nicht gelingen sollte, seien zusätzliche nationale Maßnahmen geboten, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. In ihrem Bericht heißt es: „Die nationalen Maßnahmen sollten möglichst über alle Sektoren und Technologien wirken. Eine allgemeine CO2-Bepreisung sichert dies und bietet die Möglichkeit, die Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien – Gesetz (ca. 22,9 Mrd. Euro) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (ca. 1,2 Mrd. Euro), die Stromsteuern (ca. 6,6 Mrd. Euro) und ggf. weitere Energiesteuern, Umlagen etc. in ein Instrument zu integrieren und perspektivisch weitgehend zu ersetzen.“ Für eine solche Neuausrichtung spricht in den Augen der Expertenkommission eine Vielzahl von weiteren Gründen. So sei die Förderung erneuerbarer Energien über das EEG nicht kompatibel mit der richtigen Idee der Sektorenkopplung, da auf der einen Seite mehr Strom im Gesamtsystem integriert werden solle, aber gleichzeitig die Förderung der erneuerbaren Energien im Stromsektor durch das Umlagesystem den Strompreis erhöht und damit Strom in den Sektoren Wärme und Verkehr unattraktiver gegenüber fossilen Energieträgern mache. Lediglich in puncto Ausbau der erneuerbaren im Strom- und Wärmesektor sehen die Experten die Energiewende bis 2020 auf Zielkurs.