Die Offshore-Wind-Wette

Borkum Riffgrund 1
Solarthemen+plus. Spektakuläres Ergebnis bei der ersten Ausschreibung für die Offshore-Windenergie in Deutschland: Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) und der dänische Energiekonzern Dong Energy haben den Zuschlag für drei ihrer Nordsee-Projekte erhalten, weil sie bei der Auktion komplett auf eine EEG-Förderung verzichtet haben.

Dass Investoren für den milliardenschweren Bau eines Hochseewindparks auf staatliche Fördermittel verzichten, hat es weltweit bislang noch nirgends gegeben. Mit diesen Null-Cent-Zuschlägen hatte kein Branchenexperte im Vorfeld gerechnet: Deren Schätzungen lagen meist in einem Korridor zwischen 6 und 9 Ct/kWh. Nach der von der Bundesnetzagentur (BNetzA) am Gründonnerstag veröffentlichten Mitteilung verzichtet EnBW für das Projekt He Dreiht (900 MW) auf die EEG-Förderung, Dong Energy für die beiden Projekte OWP West (240 MW) und BorkumRiffgrund 2 (40 MW). Nach Angaben der BNetzA lag der höchste Gebotswert, der noch einen Zuschlag erhalten hat, bei 6 Ct/kWh. Diesen Preis hatte Dong Energy für das Nordsee-Vorhaben Gode Wind 3 (Leistung: 110 MW) geboten und den Zuschlag erhalten. Insgesamt hat die Bonner Behörde in der ersten Ausschreibungsrunde 1490 der möglichen 1550 MW vergeben. Die Null-Cent-Zuschläge für gleich drei Offshore-Windvorhaben sind gemessen an den bisherigen Fördersätzen für die Windenergie auf See von rund 19 Ct/kWh ein Paukenschlag: Allerdings ist dieser Einspeisepreis unter politisch ganz anderen Rahmenbedingungen entstanden. Bei den Debatten um die EEG-Reformen 2012 und 2014 legte die Bundesregierung großen Wert darauf, Investitionsanreize zu geben, da Offshore damals nur äußerst schleppend voran kam. Fakt ist, dass das Ergebnis der ersten Offshore-Windausschreibung den Trend verstärkt, der im vergangenen Jahr in den Niederlanden und Dänemark zu beobachten war: Damals purzelten die Zuschlagspreise mit 4,99 ct/kWh (Kriegers Flak) und 5,45 ct/kWh (Borssele 3 + 4) auf ein Niveau, das vor zwei Jahren noch als unvorstellbar galt. Die Reaktionen auf die Bekanntgabe der Ausschreibungsergebnisse fielen innerhalb der Windbranche differenziert aus. Für die Offshore-Windverbände ist mit den Nuller-Ergebnissen „deutlich geworden, dass die Offshore-Windenergie das Potenzial hat, schon in naher Zukunft der Kern einer preiswerten Energiewende zu werden.“ Weniger euphorisch zeigte sich der Bundesverband Windenergie: „Die Anbieter stehen offenbar unter einem hohem Erfolgsdruck den Wegfall atomarer und fossiler Kapazitäten durch erneuerbare Energien zügig zu kompensieren. In den Ausschreibungsangeboten wird ein deutlich höherer Börsenstrompreis unterstellt und massive Kostendegressionsschritte in der Anlagentechnologie vorausgesetzt.“ Die Annahme mit den größeren Windturbinen stimmt. Dong Energy kalkuliert bei den Geboten für seine drei Projekte, die wohl 2024 in Betrieb gehen, mit 13 bis 15 MW je Windturbine. EnBW jedenfalls setzt bei He Dreiht (Inbetriebnahme: 2025) nicht nur auf größere Turbinen, sondern auch auf Synergieeffekte dank der benachbarten Projekte Hohe See und Albatros. Deshalb geht der Stromkonzern von einer Renditeerwartung aus, „die deutlich über unseren Kapitalkosten liegt und damit attraktiv ist“, so wird Dirk Güsewell, der bei EnBW für das Offshorewind-Geschäft zuständig ist, in einer Unternehmensmitteilung zitiert. Auch wenn die Dong-Energy-Projekte erst in sieben beziehungsweise He Dreiht erst in acht Jahren am Netz sein werden, zeichnen sich bereits für die nächste Zeit viele Diskussionen ab. „Die aktuelle Deckelung des Ausbaus der Offshore-Windenergie durch die Bundesregierung ist bei diesen Ergebnissen nicht mehr haltbar und sollte kurzfristig deutlich angehoben werden“, forderte Niedersachsens Wirtschaftsministers Olaf Lies (SPD). Die neue Parole brachte Bremens Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) prägnant auf den Punkt: „Der Offshore-Deckel muss weg.“ Die schwarz-rote Bundesregierung hatte mit der letztjährigen EEG-Reform – wie bereit 2014 – den Ausbaudeckel für den Windstrom vom Meer auf einem Niveau von 15000 MW bis zum Jahr 2030 festgezurrt. Text: Ralf Köpke Foto: DONG Energy

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