Nächste Legislatur bringt Umbau des EEG

Solarthemen+plus. Mit der kommenden Regierungsperiode – noch ist offen, in welcher Konstellation – steht auch eine erneute Diskussion um die Förderung erneuerbarer Energien an. Kanzleramtschef Peter Altmaier hat sich in einem langen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geäußert. Doch die Reaktionen anderer Parteien gegenüber den Solarthemen zeigen, dass die Debatte um die Förderung erneuerbarer Energien weiterhin kontrovers geführt werden wird.

Eine bestimmende Größe in der politischen Wahrnehmung ist die EEG-Umlage. Deren jetzige Höhe resultiert vor allem aus zurückliegenden Jahren mit vergleichsweise hohen Vergütungen, die den damaligen Kosten entsprechen sollten. Diese sind inzwischen deutlich gesunken und der weitere Ausbau hat nur noch einen geringen Effekt auf die Umlage. Altmaier sieht noch bis zum Jahr 2025 eine kritische Phase, bis die ersten Anlagen mit, so erklärt Altmaier gegenüber der FAZ, „sehr hohen Förderzusagen“ aus dem Markt gehen werden. Bis dahin will er die Umlage stabilisieren. Wie dies möglich ist, werde ein Thema der anstehenden Koalitionsverhandlungen sein.

Neue Finanzierung der EEG-Kosten

Altmaier selbst will sich nicht dazu äußern, wie er eine Stabilisierung der Umlage erreichen will. Eine Finanzierung über den Staatshaushalt schließt er jedoch aus. Eine zumindest teilweise Reduktion der EEG-Umlage aus Steuermitteln hatte bereits vor einigen Monaten der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) gefordert. Aus dessen Sicht sollten die im EEG versteckten Subventionen für energieintensive Unternehmen von der Bundeskasse getragen werden; die Besondere Ausgleichsregelung im EEG führt zu einer erhöhten Belastung der Stromkunden, die vom Privileg nicht profitieren. Ähnlich wie der BEE sieht jetzt auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft dieses Thema (BDEW). Dessen Präsident Johannes Kempmann forderte gestern, die Entlastung der Unternehmen von der EEG-Umlage aus Steuern zu finanzieren.

Subventionsregeln für Unternehmen novellieren

Die – zumindest teilweise – Finanzierung der EEG-Umlage ist auch für Bündnis 90/Die Grünen und die Linke ein Thema. So erklärt Julia Verlinden, die energiepolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, gegenüber den Solarthemen: „Erstens müssen die ausufernden Industrie-Ausnahmen bei der EEG-Umlage eingedampft werden. Vergünstigungen sollen nur noch energieintensive Unternehmen erhalten, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen und die bereits umfassende Maßnahmen für mehr Energieeffizienz nachweisen können. Die verbleibenden Ausnahmen können dann zweitens aus Steuermitteln finanziert werden statt über die EEG-Umlage.“ Die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke möchte weitergehen. Eva Bulling-Schröter, Sprecherin für Energie- und Klimapolitik der linken Bundestagsfraktion, sagt: „Die nach wie vor hohen Kosten aus der Anfangszeit des EEG sollten teilweise in einen Energiewendefonds ausgelagert werden, der steuerfinanziert werden könnte.“ Auch ihre Partei will die Ausnahmen für Unternehmen herabsenken. Nur die Firmen sollten von einer verminderten EEG-Umlage profitieren, „die tatsächlich mit einem relevanten Umfang ihrer energieintensiv hergestellten Produkte im internationalen Wettbewerb stehen“. Bernd Westphal, der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, verweist bei der Frage nach der Besonderen Ausgleichsregelung auf die Genehmigung des EEG 2017 durch die Europäische Kommission. Die Privilegien für die Unternehmen seien also zulässig. Allerdings will auch Westphal Spielräume nutzen, um die EEG-Umlage zu reduzieren. So sollte sie von der Mehrwertsteuer befreit werden. Hier spricht sich Westphal für eine indirekte Steuerfinanzierung aus. Aus Sicht von Westphal kommt das EEG mit Blick auf die Belastung der Stromkunden an seine Grenzen. Auch habe die Sektorkopplung erst dann eine Chance, wenn nicht allein über Belastungen des Strompreises die Energiewende getragen werde. „Ich habe eine Präferenz für eine CO2-Komponente“, sagt Westphal. Eine Abgabe oder Steuer auf Treibhausgase, die außerhalb des europäischen Emissionshandelssystems entstünden, könnte zur Finanzierung der EEG-Kosten herangezogen werden.

CO2-Steuer von vielen gefordert

Nina Scheer, ebenfalls SPD-Bundestagsabgeordnete und innerhalb der Fraktion Ansprechpartnerin für erneuerbare Energien, hat zu CO2-Steuern und Abgaben eine klare Position: „Eine Bepreisung von Schadstoffen halte ich für überfällig. Es kann nicht einerseits immer nach der Marktfähigkeit von erneuerbaren Energien gerufen werden und andererseits billigend in Kauf genommen werden, dass der Preis von Verschmutzung über die Gesundheit und Umwelt aufgefangen wird. Das ist schlicht Wettbewerbsverzerrung – eine nicht zu rechtfertigende Subvention fossiler Energien.“ Diese dürften nicht geschont werden. Den Menschen in betroffenen Regionen müsse auf andere Weise staatlicherseits geholfen werden. Nach Aussage von Bulling-Schröter kann sich Die Linke eine CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe vorstellen, „wenn das Aufkommen dieser Steuer nach Schweizer Vorbild vollständig an die Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt wird“. Um den gesetzlichen Kohleausstieg zu unterstützen, sei auch ein nationaler CO2-Mindestpreis im Emissionshandel denkbar. Für Die Linke ist die Einführung einer CO2-Steuer direkt verknüpft mit der von ihr gewollten Abschaffung der Stromsteuer. Verlinden erklärt: „Wir Grüne wollen für einen CO2-Mindestpreis sorgen. Damit würde die EEG-Umlage sinken und der Umstieg auf Erneuerbare erleichtert.“ Dabei sei über die Stromsteuer nachzudenken, „wenn fossile Energieträger mit angemessenen Abgaben belegt werden und so mehr Kostenwahrheit hergestellt wird“. Altmaier hatte sich im Gespräch mit der FAZ auch zur Liquiditätsreserve im EEG-Konto geäußert, die zur Erhöhung der EEG-Umlage beiträgt. Seit Januar 2014 ist das bei den Netzbetreibern angesiedelte EEG-Konto in jedem Monat im Plus – mit steigender Tendenz. Altmaier sagte, die Ermittlung der Umlage solle man den Netzbetreibern überlassen. Die Politik solle sich raushalten. Für Scheer ist dies nur ein rhetorischer Trick. So verweist sie darauf, dass die Ausgleichsmechanismusverordnung vorgebe, wie die Netzbetreiber die Umlage zu ermitteln hätten. Für Bulling-Schröter liegt auf der Hand: „Es gibt keinen Grund, den 4-Milliarden-Überschuss des EEG-Kontos nicht abzuschmelzen.“ Und Verlinden betont: „Auch wenn die abschließende Berechnung der EEG-Umlage bei den Netzbetreibern liegt, kann sich die Regierung bei Faktoren wie der Liquiditätsreserve durchaus einmischen. Angesichts des derzeitigen EEG-Konto-Standes sollte sie das auch tun und für eine Absenkung der Liquiditätsreserve sorgen.“ Im FAZ-Interview hat sich Altmaier grundsätzlich hinter die Förderung erneuerbarer Energien und die Energiewende gestellt. Es gehe nicht nur um die Energiewende in Deutschland. Es solle der Nachweis erbracht werden, dass man in einem großen Industrieland die Energieversorgung nachhaltig umstellen könne. Nur so werde das anderswo gelingen, und nur dann werde global für den Klimaschutz etwas Nachhaltiges erreicht. „Das EEG kann man nicht abschaffen“, sagt Westphal. Sonst könne man mit der Energiewende einpacken. „Das EEG ist das wichtigste ,Klimaschutzgesetz’ das wir derzeit haben“, erklärt Bulling-Schröter: „Wir sollten es erhalten.“ Allerdings müssten die Bürgerenergie-Regel dringend überarbeitet werden. Verlinden unterstreicht: „Wir werden das EEG mindestens mittelfristig, vermutlich eher sogar langfristig brauchen.“ Ginge es nach den Grünen, so sollten in der nächsten Legislaturperiode die Ausbaudeckel gestrichen, die Ausbaumengen erhöht und der Ausbau auch jenseits von Ausschreibungen angekurbelt werden, so Verlinden: „Dazu wollen wir die EEG-Umlage auf selbst genutzten Ökostrom wieder streichen und das Mieterstrommodell auf Nachbargebäude und Gewerbe ausweiten.“

Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten

„Das EEG in der heutigen Form ist nicht mehr das EEG, das einst für die weltweit beachtete Energiewende stand, da es mit Ausbaulimits und Ausschreibungen versehen wurde – beides halte ich für verfehlt“, urteilt Scheer: „Zugleich ist das heutige EEG noch die Lebensader der Energiewende, an der es auch solange nicht zu rütteln gilt, wie Förderbedarfe bestehen.“ Grundsätzlich seien andere Finanzierungsmöglichkeiten als die über die EEG-Umlage möglich und sinnvoll. „Solche Konzeptes sollten aber nicht dazu verwendet werden, die Fördersystematik und den Umstieg auf erneuerbare Energien prinzipiell in Frage zu stellen.“ Die Parteien reagieren damit auch auf das Wahlprogramm der FDP, in dem sie sich für ein Ende des EEG ausspricht. (Die FDP wurde ebenso wie die anderen Parteien angefragt, benötigt für die Antworten aber ein wenig mehr Zeit.) Text: Andreas Witt Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde    

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