Malus in EEG-Ausschreibungen Wind/PV benachteiligt bestimmte Regionen

Large solar farm from the air
Solarthemen+plus. Ob eine Photovoltaik-Großanlage oder ein Windpark bei den ab April 2018 geplanten gemeinsamen EEG-Ausschreibungen für Wind und Photovoltaik einen Zuschlag bekommt, wird von einer Regionalformel abhängen. In 98 der insgesamt 294 Landkreise in Deutschland werden Gebote mit einem Malus von bis zu 0,88 Cent pro Kilowattstunde bewertet. Diese für Wind und PV ver­schie­dene Verteilernetzkomponente (VNK) greift dort, wo schon vergleichsweise viele Anlagen am Netz sind.

Die Bundesnetzagentur hat die Liste der betroffenen Landkreise mit den jeweiligen Zuschlagfaktoren am letzten Werktag vor Weihnachten bekannt gegeben, so dass die neuen Regelungen in der Szene bislang wenig Beachtung gefunden haben. Für regional aktive Planer, Betreiber und Kommunen dürfte diese Regelung, die mit der unterschiedlichen Belastung der Verteilnetze begründet wird, allerdings von hoher Relevanz sein. Komplizierte Formel Betroffen sind alle Landkreise, in denen die Leistung der bereits in in Betrieb genommenen Erneuerbare-Energien-Anlagen nach den Annahmen der BNetzA höher als die dort angenommene Höchstlast ist – es sei denn, dass ein Kreis aufgrund seines besonderen Flächenpotenzials von der Regelung ausgenommen ist. Die schlechter gestellten Kreise werden als „Verteilernetzausbaugebiete” nach einer komplizierten Formel klassifiziert. In diese Formel geht einerseits die Gesamtleistung der installierten Erneuerbare-Energien-Anlagen in einem Landkreis ein (mit Ausnahme von PV-Dachlagen und von EE-Anlagen, die direkt an das Hochspannungsnetz angeschlossen sind). Andererseits zählt die Höchstlast im Netz, die statistisch aus der Bevölkerungszahl und der Bruttowertschöpfung der unterschiedlich energieintensiven Wirtschaftszweige abgeleitet wird. Mithin orientiert sich die Liste der BNetzA nicht am tatsächlichen Ausbaustand und den vorhandenen Reserven des Verteilernetzes, sondern lediglich an statistischen Indikatoren. Dass sich die realen Strukturen des Verteilnetzes selten mit Landkreisgrenzen decken, hat den Gesetzgeber ebenfalls nicht interessiert. Obendrein werden mit dem Malus bei den Ausschreibungen auch Projekte belegt, die das Verteilnetz gar nicht betreffen würden, weil sie im Falle eines Zuschlags direkt an das Hochspannungsnetz angeschlossen werden könnten. Ein Sonderfall sind auch landkreisübergreifende Wind- oder Solarparks, für die es bereits Beispiele in Deutschland gibt. Hier regelt die Verordnung, dass die jeweils höhere VNK der beiden Landkreise gilt. Entscheidender Nachteil Für Windkraftanlagen rangiert der Malus in Form der VNK von 0,24 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) bis 0,58 ct/kWh, wobei in den meisten betroffenen Landkreisen der Höchstwert gilt. Für die Photovoltaik rangiert der Wert zwischen 0,08 und 0,88 ct/kWh. Wenn ein Projektierer im letzteren Fall mit einem Gebotspreis von 5 ct/kWh in die Auktion geht, wird er bewertet als hätte er 5,88 ct/kWh geboten. Die VNK wirkt sich in den Versteigerungen also negativ auf die Reihung der Gebote aus, nicht aber positiv auf die tatsächlich gezahlte Förderung. Diese würde im genannten Beispiel bei 5 ct/kWh liegen, nicht bei 5,88 ct/kWh. Es kommt nicht selten vor, dass in Bayern in einem Landkreis der Höchstwert für Photovoltaik gilt, während der Nachbarkreis nicht mal als Verteilernetzausbaugebiet gilt. Bei ähnlichen Einstrahlungsbedingungen und hohem Wettbewerbsdruck ist absehbar, dass in Kreisen mit hoher PV-VKN keine Zuschläge erteilt werden. Bislang gelten die VNK nur in den gemeinsamen Ausschreibungen für PV und Wind, durch die 2018 in zwei Chargen erstmals 400 MW vergeben werden. Allerdings ist erkennbar, dass der Gesetzgeber damit einen Versuchsballon starten wollte, um später vielleicht auch die normalen technologiespezifischen Ausschreibungen regional zu steuern. Für die Wind- und Solarbranche stand bislang der regionale Aspekt der gemeinsamen Ausschreibungen nicht im Fokus. Die Branchenverbände lehnen die gemeinsamen Ausschreibungen grundsätzlich ab, da Wind und Sonne nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. „Technlogieoffene Ausschreibungen sind Murks”, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) auf Anfrage. Die neuesten Verteilernetzkomponenten der Bundesnetzagentur habe man zwar noch nicht im Detail geprüft. Klar sei allerdings, so Körnig, dass alle Hürden, die nicht auf dem tatsächlichen Zustand der Netze beruhten, dem erklärten Ziel nicht angemessen seien. Text: Guido Bröer Fotos: fotolia – Mattoff (l.), Studio FI (r.)

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