Kann das EU-Atom-Urteil den Erneuerbaren auch nutzen?

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Solarthemen+plus. Am Donnerstag hat das Gericht der Europäischen Union die Subventionspläne der britischen Regierung für das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point für rechtens erklärt. Während Umweltorganisationen mit Entset­zen reagierten, ist auch die Interpretationen möglich, dass mit dem Urteil die einschränkenden Vorgaben der EU-Kommission gegenüber nationalen Förderprinzipien für Erneuerbare hinfällig sein könnten.

Mit drei Beihilfemaßnahmen wollen die Briten den Betreibern des geplanten Atomkraftwerks unter die Arme greifen, die sämtlich im Oktober 2014 von der EU-Kommission genehmigt und jetzt vom EU-Gericht für rechtens befunden wurden. Am umstrittensten ist dabei die Preisgarantie, mit der den Kraftwerksbetreibern über 35 Jahre die Differenz zu einem Mindestpreis von knapp 11 Cent pro Kilowattstunde für den verkauften Strom erstattet werden soll. Greenpeace beziffert die geplanten Subventionen auf 108 Milliarden Euro. Geklagt hatte Österreich gegen die Entscheidung der EU-Kommission, die Subventionen für Hinkley Point zu genehmigen. Im Kern begründet das europäische Gericht sein Urteil damit, dass „jeder Mitgliedsstaat das Recht hat, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen“. Die Argumentation des Klageführers Österreich, dass die Förderung der Atomenergie kein Ziel von gemeinsamem Interesse der Mitgliedsstatten sei, lehnte das Gericht ab und verwies dabei unter anderem auf den Euratom-Vertrag. Interessant ist auch ein weiterer Hinweis des Gerichts, wonach Großbritannien für das von einer Tochter des französischen Energiekonzerns EDF gebaute Atomkraftwerk kein öffenliches Vergabeverfahren hätte durchführen müssen. Begründet wird dies in der Pressemitteilung des Gerichts so: „Bei den Maßnahmen handelt es sich nicht um einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession, sondern lediglich um Zuschüsse.“ Aus all diesen Argumentationssträngen des Europäischen Gerichts leitet die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer neue Freiheiten nationaler Regierungen bei der Förderung erneuerbarer Energien gegenüber der Brüsseler EU-Kommission ab. Scheer erinnert an die Umstellung des EEG auf eine Mengensteuerung und die Einführung von Ausschreibungen um Fördergelder. Die deutsche Bundesregierung hatte während der entscheidenden EEG-Novelle 2016 fast ausschließlich mit der kompromisslosen Vorgabe aus Brüssel argumentiert, die das bis dato geltenden EEG-Prinzip von garantierten Festvergütungen beziehungsweise Marktprämien gemäß ihrer Beihilfeleitlinie nicht weiter dulden werde. Nach dem Urteil zu Hinkley Point sei diese Position nun nicht mehr haltbar, meinte Scheer im Gespräch mit den Solarthemen: „Wenn die EU so große Freiheiten für die Atomenergie setzt, muss dies mindestens auch für erneuerbare Energien gelten.“ Scheer fordert, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sollte sich nun schnellstens in Brüssel dafür einsetzen, die EU-Beihilfeleitlinie für Erneuerbare Energien zu überarbeiten. „Die mit der Beihilfeleitlinie aufgestellten Hemmnisse in der Ausgestaltung der Energiewende müssen umgehend beseitigt werden“, meint sie und denk dabei vor allem an das Anfang 2017 eingeführte Ausschreibungsprinzip im EEG, das sich als „kontraproduktiv“ erwiesen habe. Akteursvielfalt und Beteiligung der Menschen vor Ort hätten darunter gelitten und seien aber „der Erfolgsmotor der Energiewende“. Gegen das Urteil des Europäischen Gerichts können innerhalb von 2 Monaten Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof eingelegt werden. Text: gb, Foto: acceleratorhams/fotolia

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