Europa feilscht über den Einspeisevorrang für Erneuerbare

Foto: Guido Bröer
Solarthemen+plus. In den Trilogverhandlungen zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und dem Rat der Mitgliedsregierungen über die No­velle der Elektrizitäts-Binnenmarktrichtlinie geht es un­ter anderem um den Einspeisevorrang für erneuerbare Ener­gien und KWK.

Zuletzt wurde darüber zwischen Vertretern der Mitgliedsstaaten, der EU-Kommission und dem Parlament am Dienstag dieser Woche in Straßburg im Trilogverfahrfahren verhandelt, allerdings noch ohne endgültiges Ergebnis. Die weiteren Verhandlungen können entscheidenden Einfluss auf die deutsche Gesetzgebung haben, wo der Einspeisevorrang im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beziehungsweise im KWK-Gesetz geregelt ist. Seit dem ursprünglich im Stromeinspeisungsgesetz von 1991 unbegrenzten Einspeisevorrang für Erneuerbare gegenüber den damals konventionellen Energien wurden daran immer mehr Einschränkungen vorgenommen. Das EU-Parlament und der Ministerrat sind sich grundsätzlich einig, dass solche Begrenzungen des Einspeisevorrangs innerhalb der nationalen Gesetzgebungen weiterhin möglich sein sollen. Allerdings unterscheiden sich die Positionen im Detail sehr deutlich. Dem grundsätzlichen Vorschlag der EU-Kommission, wonach neue KWK- und EE-Anlagen generell nur noch bis zu einer Leistung von 500 kW bei Dispatch-Maßnahmen der Übertragungsnetzbetreiber vorrangig am Netz bleiben sollen, stimmen sowohl Ministerrat als auch EU-Parlament zu. Allerdings wollen Kommission und Ministerrat diese Grenze auf 250 kW absenken, sobald in einem Land der Anteil der bevorrechtigten Anlagen an der gesamten installierten Stromerzeugungskapazität höher ist als 15 Prozent – was in Deutschland und einigen weiteren Mitgliedsländern schon lange der Fall ist. Das Parlament beharrt demgegenüber auf einer Grenze von 500 kW für alle Länder. Zudem soll dieser Schwellenwert für lokale Energiegemeinschaften, wie sie in der bereits beschlossenen Erneuerbare-Energien-Richtlinie definiert werden, weiter angehoben werden können. Das Parlament ist allerdings bereit, einzelnen Mitgliedsländern auf Antrag eine Härtefallregelung einzuräumen, die an strenge Bedingungen geknüpft werden soll. Ab 2026 sollen die Schwellenwerte für den Einspeisevorrang halbiert werden. Das Parlament möchte für diesen Zeitpunkt eine Absenkung auf 250 kW festschreiben, während die Kommission zumindest für die Länder mit höherem EE-Anteil die Grenze bei 125 kW ansetzen will. Ein wesentlicher Unterschied ist auch, dass die Kommission in der Verordnung lediglich Übertragungsnetzbetreiber zu einer Schonung von Erneuerbare-Energien-Anlagen bei Abregelungen verpflichten will, während das Parlament die Regelungen auch auf Dispatchmaßnahmen von Verteilnetzbetreibern anwenden will. Ausdrücklich möchte das Parlament es den Mitgliedsländern allerdings ermöglichen, Betreibern kleiner Anlagen, die auf ihren Einspeisevorrang freiwillig verzichten, dafür einen finanzieller Ausgleich zu bieten. Die Novelle der Elektrizitäts-Binnenmarktrichtlinie ist Teil des so genannten Winterpakets, das die EU-Kommission Ende 2016 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat. Brüsseler Kreise erwarten eine Verabschiedung vor dem Jahresende 2018. Text und Foto: Guido Bröer

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