Supersommer 2018 zeigt PV-Ausbaulücke

Solarthemen+plus. Professor Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) errechnet in der jüngsten Version seiner „Energy Charts“ nicht nur einen Rekordanteil von 40,4 Prozent erneuerbarer Energien am deutschen Nettostromverbrauch 2018. Er zeigt unter ande­rem auch, dass aufgrund des schleppenden Ausbaus der Photovoltaik in den letzten Jahren inzwischen „Solarstrommangel“ herrscht.

„Wir brauchen mehr Solarerzeugung, um im Verlauf des Jahres einen ungefähr gleichbleibenden Anteil erneuerbarer Energien im Netz zu haben“, sagt Burger mit Blick auf eines seiner Diagramme (Grafik 1). Dort sieht man, dass die gemeinsame Stromerzeugung aus Sonne und Wind im Sommer 2018 trotz der extrem solarfreundlichen Wetterbedingungen deutlich zurück geht. Denn bei solchen Hochdruckwetterlagen, wie sie 2018 monatelang über Mitteleuropa geherrscht haben, weht nur wenig Wind. PV-Ausbau hinkt hinterher Den Einwand, es werde doch im Sommer auch weniger Strom verbraucht, bestätigt Burger zwar; allerdings kann er an einer weiteren Säulengrafik (Grafik 2) zeigen, dass der monatliche Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Nettostromverbrauch gerade in den sonnenstromreichen Monaten Juli und August unter dem Jahresschnitt lag. Die Sonnenstromerzeugung kompensiere also den fehlenden Windstrom nur unzureichend. Im Zuge einer ausgewogenen Entwicklung müsse der PV-Bereich dringend aufholen, empfiehlt Burger. Von einigen Medien, unter anderem der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, war der Professor für die Prozentzahl von mehr als 40 Prozent kritisiert worden, die deutlich über dem von anderen Quellen, etwa dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW oder der Agora Energiewende, für das Jahr 2018 publizierten erneuerbaren Anteil von 38,2 Prozent liegt. Diese vergleichen die erneuerbare Erzeugung mit dem Bruttostromverbrauch, während die ISE-Zahl sich auf den Nettostromverbrauch bezieht. Im Gespräch mit den Solarthemen begründete Burger deshalb nochmals seinen Ansatz: „Ich möchte dem Verbraucher sagen, welcher Strom bei ihm aus der Steckdose kommt.“ Der wesentliche Unterschied sei, dass beim Netto­stromverbrauch der Eigenverbrauch der Kraftwerke nicht mitgerechnet werde. Dieser Strom erreiche ja nie das öffentliche Netz, argumentiert Burger: „Nach der Rechnung des BDEW wird jeder Braunkohlebagger oder werden die Pumpen im Kühlkreislauf eines Atomkraftwerkes zu 38 Prozent mit erneuerbarem Strom betrieben.“ Außerdem, so erläutert Burger, bliebe bei seiner Berechnung die Eigenerzeugung der Industrie, soweit für sie keine EEG-Umlage gezahlt werde, außen vor. Dafür nehme er allerdings auch für den deutschen Stromexport den durchschnittlichen Strommix an. Die BDEW-Zahl gehe hingegen davon aus, dass die Erzeugung aus erneuerbaren Energien vollständig im Inland verbleibe, während der deutsche Exportüberschuss nur aus Strom bestehe, der in Atom- und fossilen Kraftwerken erzeugt worden sei. Einig sind sich alle Quellen, dass aus Erneuerbaren 2018 erstmals soviel Strom erzeugt worden ist wie aus Stein- und Braunkohle zusammen. Dass in Deutschland weniger CO2 emittiert wurde als 2017, hält Agora aber für ein temporäres konjunktur- und wetterbedingtes Phänomen. Text: Guido Bröer, Grafik: Bruno Burger, Fraunhofer ISE

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