Smart Meter für Photovoltaik-Anlagen

Drehstrom-Zweiwege-Stromzähler. Viele Betreiber haben noch solch ein Gerät und keinen Smart Meter für Photovoltaik-AnlagenFoto: Guido Bröer
Macht das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seine Ankündigung wahr, dann steht der gesetzlich vorgesehene verpflichtende Rollout sogenannter intelligenter Messysteme unmittelbar bevor. Ob und ab wann der Smart-Meter für Photovoltaik-Anlagen kommen wird, hängt aber davon ab, wie die Behörde ihren Ermessensspielraum nutzt.

Viele Augen in der Energiewirtschaft schauen vor Weihnachten nach Bonn. Dort bereitet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine lange erwartete Bescherung vor. Sobald die Behörde die Zertifizierung für das dritte sogenannte Smart-Meter-Gateway bekannt gibt, ist das der Startschuss für den verpflichtenden Rollout der Smart Meter. Bei der Vergabe des zweiten Zertifikats im September hat das BSI angekündigt, dass es noch in diesem Jahr so weit sein soll. Dann steht auch der Smart-Meter für Photovoltaik-Anlagen ab 7 kW auf der Agenda.

Kommunikationsmodul

Im Gegensatz zu einfachen digitalen Zählern, die künftig auch überall zum Standard werden sollen, gehört zum Smart Meter ein Kommunikationsmodul, das Smart-Meter-Gateway. Es ermöglicht den Datenaustausch zwischen Erzeugern, Verbrauchern, Stromlieferanten und Netzbetreibern.

Nicht alle werden sich über die Bescherung freuen. Neben Verbrauchern, die jährlich mehr als 6000 kWh beziehen, wird auch allen Stromerzeugungsanlagen zwischen 7 und 100 Kilowatt Leistung ein Smart Meter verordnet. Dies bestimmt seit 2016 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, mit dem das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) eingeführt wurde.

Markterklärung soll kommen

Wie genau dieser gesetzlich vorgegebene Rollout gestaltet werden kann, das muss das BSI in einer „Markterklärung“ bekanntgeben. Mit ihr ist zusammen mit der dritten Gateway-Zertifizierung in diesen Tagen zu rechnen. Erst sie wird Klarheit bringen, welche Übergangsfristen möglicherweise für Messstellen- und Anlagenbetreiber eingeräumt werden.

Die ComMetering GmbH, ein unabhängiger Messtellenbetreiber, der aus dem Photovoltaikforum.com hervorgegangen ist, sieht dafür gleich vier mögliche Szenarien. Im einen Extrem könnte das BSI von jeglichen Sonderregelungen absehen, so dass alle PV-Anlagen unmittelbar vom Rollout betroffen wären. Im anderen Extremfall könnte die Behörde PV-Betreiber von der ersten Phase des Rollouts vollständig ausnehmen. Dazwischen gibt es weitere Möglichkeiten. Denn die Behörde muss sich in ihrer Marktanalyse mit einem Problem auseinandersetzen. Die Smart-Meter-Gateways, die sie bislang genehmigt hat, können vieles von dem nicht, was man sich von ihnen erhofft. Beispielsweise ein Lastmanagement durch die Netzbetreiber oder für die lastabhängige Direktvermarktung von Strom durch die Anlagenbetreiber.

Zwar wirbt das Bundeswirtschaftministerium in einer Broschüre zum Rollout: „Smart Meter ermöglichen in Zukunft, selbst erzeugten Strom zum besten Zeitpunkt zu verkaufen.“ Doch diese Zukunft ist mit der aktuellen Gerätegeneration, die jetzt Zertifikate erhält, nicht erreichbar. Sie müssen über ihre Kommunikationsschnittstelle laut BSI-Zertifizierung nicht viel mehr Anwendungsfälle beherrschen als die analogen Zähler. Dazu gehört ein Messwert pro Jahr, ein H/T-Tarif mit zwei Messwerten pro Jahr, ein Lastgang pro Tag in 15-Minuten-Auflösung und ein Endzählerstand zum Beispiel für den Wechsel eines Mieters oder eines Stromlieferanten.

Diese Smart Meter können wenig

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) zieht daraus in einem Thesenpapier das Fazit: „Die durch die erste Markterklärung zugelassenen, zertifizierten Smart-Meter-Gateways liefern nur solche Daten, wie sie auch die bisherigen Zähler geliefert haben.“ An einen Einsatz der Gateways im Zuge von Energiemanagementlösungen oder Direktvermarktungsprozessen sei mit diesen Mindestanforderungen kaum zu denken. Das gibt Anne Köhler, Digital-Expertin beim bne, zu verstehen: „Leider werden in diesem Zertifizierungsprozess Innovationen gar nicht mitgedacht.“ Ginge es nach dem bne, dann würden die Gateways zum Beispiel mindestens sekundengenaue Lastgänge einzelner Geräte übermitteln können.

Hohe Kosten für Betreiber

Für den PV-Betreiber bringen die Geräte, sobald sie vom Messstellenbetreiber installiert wurden, deshalb zunächst nur eines: höhere Kosten. Die Branche geht davon aus, dass die Messstellenbetreiber die möglichen jährlichen Höchstpreise, die im Messstellenbetriebsgesetz stehen, ausreizen wird. Für Erzeugungsanlagen zwischen 7 und 15 kW darf der Messtellenbetreiber bis zu 100 Euro pro Jahr als Gebühr berechnen. Für größere Anlagen wurde das Limit auf bis zu 130 Euro pro Jahr festgelegt. Auf die Rendite wirkt sich der Smart Meter für Photovoltaik-Anlagen deshalb sehr deutlich aus. Das hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ausgerechnet (siehe Grafik).

Lieber ein Modul weglassen?

Womöglich fällt die jährliche Rendite einer einfamilienhaus-typischen PV-Anlage mit 7,1 kW schlechter aus, als wenn der Installateur ein PV-Modul weniger aufs Dach bauen würde. In der HTW-Studie heißt es dazu: „Für künftige AnlagenbetreiberInnen ergibt sich ein Flickenteppich mit allerlei Renditelöchern. Wählt man die falsche Anlagenleistung aus, können die Kosten für die intelligente Messung die eigene Rendite deutlich schröpfen.“

Das „Renditeloch“ oberhalb von 7 kW fällt ähnlich tief aus, wie dasjenige, welches die sogenannte Bagatellgrenze für die EEG-Umlagepflicht oberhalb von 10 kW bewirkt. Im Gegensatz dazu droht diese Rendite­einbuße allerdings auch für Bestandsanlagen. Für deren Zähler gilt lediglich ein achtjähriger Bestandsschutz ab dem Zeitpunkt der Zählermontage. Womöglich kann es im grenzwertigen Einzelfall sogar sinnvoll sein, die Leistung einer Altanlage durch die Entfernung eines Moduls zu verringern.

Das Fazit der HTW-Wissenschaftler klingt denn auch einigermaßen sarkastisch: „Es lässt sich festhalten: Auf der einen Seite verschlechtert das MsbG die Wirtschaftlichkeit der PV, auf der anderen ist ein wirtschaftlicher Betrieb mit größeren PV-Anlagenleistungen weiterhin möglich. Die Rendite wird zugunsten der Messstellenbetreiber umverteilt und auf einem geringeren Niveau vergleichmäßigt.“

Einen Trost hat Anne Köhler vom bne imerhin für Haushalte mit PV-Anlage und einem hohen Verbrauch vonr mehr als 6000 Kilowattstunden im Jahr. Für solche Hausbesitzer mit Wärmepumpe ein Elektroauto. Für sie sind zwar smarte Verbrauchs- und Einspeisezähler Pflicht, aber es reicht für beide zusammen ein Gateway.

Fristverlängerung?

David Schick von der Verbraucherzentrale NRW hofft, dass das BSI seinen Ermessensspielraum nutzt. Prosumer solle es zunächst noch von der Smart-Meter-Pflicht ausnehmen. Schon nach dem ursprünglichen Zeitplan, laut dem der Rollout 2017 begonnen hätte, wären laut Messstellenbetriebsgesetz innerhalb der ersten drei Jahre nur Anlagen mit mehr als 15 kW obligatorisch umzurüsten gewesen. Die Verbraucherschützer hoffen deshalb, das das BSI die Fristen entsprechend verschiebt. Abgeschlossen sein sollte der Rollout der Smart Meter für Photovoltaik-Anlagen nach dem ursprünglichem Zeitplan je nach Anlagengröße zwischen 2024 und 2028. Es gibt aber Netzbetreiber, die bereits mit der Umrüstung angefangen haben und deutlich schneller vorankommen wollen als gesetzlich gefordert.

Auf Ausnahmen hofft die Verbraucherzentrale auch für einige Härtefälle. Einige Hausbesitzer müssten den kompletten Zählerschrank erst auf den Stand der Technik erneuern. Erst dann können sie überhaupt einen Smart Meter für Photovoltaik-Anlagen installieren. Bei Photovoltaikbesitzern dürfte das Problem aber eher selten auftreten, da deren Anlagen zumeist noch keine 25 Jahre alt sind, so dass man eine Sanierung des Zählerschranks oft schon im Zuge der PV-Installation erledigt hat.

19.12.2019 | Solarthemen | solarserver.de
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