Bundestag beschließt Kahlschlag bei Energieforschung 2020

Energieforschung 2020, hier Druckprüfung für ein Photovoltaik-Modul im Fraunhofer ISE, hat schwierige PerspektivenFoto: Fraunhofer ISE
Für manche Forschungseinrichtungen dürfte es schwierig werden, ab 2021 ihre Mitarbeiter und Laborgeräte (hier Druckprüfung am Fraunhofer ISE) auszulasten.
Der Bundestag hat die Mittel für die Bewilligung neuer Energieforschungsprojekte im Jahr 2020 radikal zusammengestrichen. 2020 wird die Bundesregierung kaum neue Forschungsprojekte in diesem Bereich bewilligen können. Die Änderungen im Etat des Bundeswirtschaftsministeriums hat der Bundestag bereits am 29. November beschlossen, ohne dass dies von den Betroffenen zunächst bemerkt wurde.

„Mit diesen Kürzungen hat bei uns und in den Mitgliedseinrichtungen des FVEE niemand gerechnet. Das war eine Nacht- und Nebel-Aktion in der so genannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses”, sagt Niklas Martin, Geschäftsführer des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien (FVEE). Die Energieforschung 2020 und in den Folgejahren sei von dieser Entscheidung des Bundestages sehr abhängig. Martin sagt: „Der betroffene Haushaltstitel bildet die Säule der angewandten Forschung zu erneuerbaren Energien in Deutschland.“

Verpflichtungsermächtigungen gekappt

Konkret geht es um sogenannte Verpflichtungsermächtigungen zur Bewilligung mehrjähriger Forschungsprojekte für die Jahre 2021 bis 2023. Allein für das Jahr 2021 schrumpfen die Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsposten „Energieforschung“ von 105 Millionen auf nur noch 10 Millionen Euro. 21 Millionen Euro davon hat der Bundestag zwar lediglich verschoben. Er überführte den Projektbereich „Reallabore“ in den Bereich des Energie- und Klimafonds (EKF). Aber selbst wenn man dies berücksichtigt, fehlen allein für 2021 Forschungsgelder im Umfang von 74 Millionen Euro beziehungsweise 70 Prozent des ursprünglichen Entwurfs. Der hatte sich am Niveau der Vorjahre orientiert. Für 2022 fehlen bei entsprechender Rechnung 61 Millionen Euro und für 2023 rund 22 Millionen Euro.

Auszug aus Bundestagsdrucksache 19/13924

Die Konsequenz davon sei klar, erläutert Martin: „Wir befürchten, dass aufgrund dieser drastischen Kürzungen der Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt 2020 nur ein Bruchteil der geplanten Forschungsanträge im Bereich der Energieforschung in Deutschland bewilligt werden kann.” Dies bestätigten gegenüber den Solarthemen auch Quellen im Wirtschaftsministerium, die der Bundestag mit den Kürzungen selbst kalt erwischt hat. Offenbar hat man bei der Energieforschung gekürzt, um schnell Gelder für höhere Forschungsmittel für künstliche Intelligenz zu mobilisieren.

Kürzungen betreffen auch Universitäten

Die Etatentscheidung der Haushaltspolitiker betrifft neben vielen außeruniversitären Forschungsinstituten vor allem auch Universitäten. Sie sind für ihre Forschungsarbeiten auf öffentliche Projektmittel angewiesen. Niklas Martin sagt: „Für Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkt in der angewandten Energieforschung ist das eine Katastrophe. Sie haben zwar im Moment eine gute Projektauslastung, aber sie brauchen eine verlässliche mehrjährige Perspektive. Nicht zuletzt, um ihre hochqualifizierten Mitarbeiter halten zu können.“

Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte auf Anfrage der Solarthemen die Haushaltsansätze, möchte sie aber anders interpretiert sehen: „Es ist nicht richtig von einer Mittelkürzung zu sprechen“, heißt es in der Antwort der BMWi-Pressestelle. Und weiter: „Es wurden vielmehr Verpflichtungsermächtigungen angepasst und es gibt auch einen neuen Haushaltstitel Verpflichtungsermächtigungen von zusätzlich 147 Mio. Euro.“ Mit diesen 147 Mio. Euro meint das BMWi die Verpflichtungsermächtigungen für die „Reallabore“ im EKF. Diese Reallabor-Verpflichtungsermächtigungen von jährlich 21.000 Euro kompensieren allerdings – wie oben dargestellt – die entsprechenden Kürzungen im klassischen Energieforschungsetat für die Jahre 2021 bis 2023 nur zu einem geringen Teil.

Das BMWi erklärt weiter: „Eine quantitative Aussage über den Umfang der Bewilligungen und der Mittelauszahlung ist aktuell nicht möglich, da dies vom Umfang der einzelnen beantragten Projekte abhängt. Auch im Jahr 2020 werden Projekte im erheblichen Umfang in der Energieforschung gefördert werden können.“

Für die Forschungsinstitute ist diese Aussage allenfalls eine vage Hoffnung. Niklas Martin: „Wir werden uns im neuen Jahr mit aller Kraft dafür einsetzen, dass in Politik und Ministerien nach Möglichkeiten gesucht wird, um die entstandene Etatkürzung 2020 zumindest teilweise zu kompensieren und im Haushalt 2021 zu korrigieren.“

23.12.2019 | Solarthemen | solarserver.de
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