Strittige Debatte um „Windbürgergeld“

Einige Häuser, im Hintergrund WindkraftanlagenFoto: bohemama / stock.adobe.com
Der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch hat vorgeschlagen, Bürger, die Windräder in ihrer Nachbarschaft akzeptieren, finanziell zu belohnen.Zustimmung erhält er auch von der neuen SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken. Doch es gibt auch Widerspruch, etwa aus den Kommunen.

Miersch sieht in direkten Zahlungen an Anwohner von Windparks als „Windbürgergeld“ eine Option, die Akzeptanz zu erhöhen. Esken erklärte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen am Sonntag, sie unterstütze Mierschs Vorstoß, „denn wir sollten alles tun, um die Bevölkerung mehr in den Ausbau der Windenergie einzubeziehen“. Esken legte sich laut F.A.S. indes nicht darauf fest, ob das durch direkte Zahlungen geschehen solle. Möglich wären auch Beteiligungen am Umsatz von Windparks. Das müsse jetzt diskutiert werden.

Kommunen skeptisch

Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Stadt Abensberg in Niederbayern, sprach sich in einer Pressekonferenz dagegen klar gegen Entschädigungen für Bürger bei der Energiewende aus. Es sei Aufgabe der Politik, die Menschen bei anstehenden Herausforderungen mitzunehmen. Ein „Schweigegeld“ hält er nicht für das richtige Mittel. Brandt sieht im Kampf gegen den Klimawandel eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jeder einzelne müsse seinen Beitrag leisten, so Brandl. Wer die Energiewende wolle, der müsse entschädigungslos Windparks ebenso wie den Schienen- und Straßenausbau dulden. Sonst drohten auch bei anderen Infrastrukturmaßnahmen immer wieder Entschädigungsforderungenen.

Windbürgergeld als erster Schritt

Das Bündnis Bürgerenergie begrüßt den Vorstoß des SPD-Parteivorstandes Matthias Miersch, zur Wiederbelebung der Windenergie. Es sei sinnvoll, über finanzielle Anreize für Kommunen und Anwohner in der Nähe von Windparks nachzudenken. Den eigentlichen Königsweg sieht das Bündnis darin, viele neue Bürgerwindparks zu ermöglichen. Ein „Windbürgergeld“ könne deshalb nur ein erster Schritt zur Schadensbegrenzung der Windkraft-Krise in Deutschland sein. „Bürgerwindparks, die von lokalen Initiativen und Genossenschaften geplant, finanziert und betrieben werden, sind von Anfang an das Herz der Energiewende“, so René Mono, Vorstand beim Bündnis Bürgerenergie: „Mit der Einführung einer 18-MW-Regel, bei der Windparks unterhalb dieser Schwelle ohne Wettbewerb in Ausschreibungen gefördert werden, könnte die Politik intelligent und kosteneffizient eine große Dynamik bei Windkraftausbau entfesseln.“

Kommunen beteiligen

Auch die Energiegenossenschaft Prokon begrüßt, dass der SPD-Vorstoß zu einem „Windbürgergeld“ wieder Wind in die Diskussion um Akzeptanz der Windkraft bringe. „Wir glauben zwar nicht, dass das Auszahlen von Prämien oder Boni an betroffene Bürger der richtige Weg ist“, so Henning von Stechow, Vorstand der Prokon Regenerative Energien eG mit Sitz in Itzehoe. „Aber es ist dringend notwendig, dass die Bundespolitik sich nach der scheinbar einseitigen Fokussierung auf die Abstandregelungen offen für neue Ideen zeigt, um Akzeptanz und Image der Windenergieproduktion zu verbessern.“

Die Klimaziele und die Energiewende ließen sich nur erreichen, wenn auch die Windkraft an Land weiter ausgebaut wird. „Wir glauben dabei an eine Energiewende in Bürgerhand“, ergänzt Prokon-Vorstand Heiko Wuttke. Bürgerwindparks seien in enger Abstimmung mit der Kommune vor Ort zu errichten. Daran sollten Bürger beispielsweise über ein Genossenschaftsmodell direkt partizipieren können. Und gleichzeitig seien Einrichtungen in der Kommune zu unterstützen. Dies halten die Prokon-Vorstände für einen sinnvollen Weg.

Es gibt auch bereits Kommunen, die zeigen, wie Geld aus der Windkraft bei den Bürgern ankommen kann. So zum Beispiel im Harz, wo Kommunen Einnahmen aus der Windkraft gezielt für Infrastrukturmaßnahmen in der Gemeinde nutzen, zum Beispiel für den Bau von neuen Kindergärten. Hier ist eine deutliche Akzeptanz für die Windkraft in der Bevölkerung vorhanden.

6.1.2020 | Autor: Andreas Witt | solarserver.de
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