Solare Zollvergehen weiterhin im Visier der Fahnder

Solare Zollvergehen sind ihr Thema. Die hintere Ansicht eines Zollfahrzeuges, rechts vorn daneben sehend ein Zollbeamter.Foto: Andreas Scholz / stock.adobe.com
Auch solare Zollvergehen können ins Visiert der Fahnder geraten.
Bereits im September 2018 sind die Mindestimportpreise und damit verbundene Zölle für Solarmodule aus China ausgelaufen. Doch solare Zollvergehen haben noch ein Nachspiel, das einige Solarinstallateure und Solaranlagenbetreiber betreffen könnte.

Die Zollfahnder sind weiterhin Solarmodulen auf der Spur, die am Zoll vorbei in Deutschland installiert worden sind. Solare Zollvergehen sind eine Straftat. Und die Behörden haben sogar das Recht, Module zu beschlagnahmen.

Bei den Zollbehörden laufen laut deren Angaben noch Dutzende Verfahren. Wie Christian Schüttenkopf vom Zollfahndungsamt München erklärt, sei das Fallaufkommen noch so hoch, dass die Fahnder ausgelastet seien.

Heiße Phase fast vorbei

Die heißeste Phase für die Verfolgung von solaren Zollvergehen sei zwar wohl vorbei, sagt Jurist Tristan Wegner von der Kanzlei O&W Rechtsanwälte, die sich auf Zoll- und Transportrecht spezialisiert hat. Allerdings arbeiteten Zollfahnder und Staatsanwälte intensiv weiter, um Verstöße gegen die Regelungen zum Mindestzoll für Solarmodule aus China aufzudecken. Das könne auch noch eine Zeit lang dauern. Erst nach zehn Jahren verjähren diese Straftaten. Und ebenso lange seien die Zollbehörden befugt, die rückständigen Zölle einzufordern und auch die Solaranlagen zu beschlagnahmen.

Christian Schüttenkopf vom Zollfahndungsamt München, bestätigt die Option, bezeichnet sie allerdings als „theoretisch“. Denn die Solarmodule könnten nur schlecht verwertet werden. Da komme fast schon eher die Möglichkeit in Betracht, eine Firma zu übernehmen und einen eigenen Geschäftführer zu bestellen. Auch sei es möglich, einer betroffenen Firma die Verwertung des Produktes zu untersagen.

Unwissenheit schützt nicht

Die eventuelle Unwissenheit der Installateure und Anlagenbetreiber bei solaren Zollvergehen spiele keine Rolle, so Wegner. Der Staat hole sich das Geld dort, wo er den Zugriff darauf habe. „Steuerrechtlich haften die Anlagen”, erklärt Wegner. Die Besteuerungsabteilung der Zollbehörden kann verlangen, dass ein Installateur oder Betreiber das aussehende Geld sofort auf den Tisch legen müsse. Es bleibe dann dem Installateur oder Anlagenbetreiber überlassen, sich den Schaden durch den Lieferanten ersetzen zu lassen.

Solarpark gesperrt?

Offenbar ein Zollverfahren kam den Stadtwerken Marburg in die Quere. Sie wollten – und wollen grundsätzlich weiterhin – einen Solarpark erwerben. Ausgeguckt hatten sie sich einen Park mit 2,8 MW Leistung im Marburger Ortsteil Gisselberg, den die Sybac Solar GmbH projektiert hat und als Referenz auf ihrer Internetseite nennt. Doch dieser Park konnten die Stadtwerke bislang nicht übernehmen. Als Grund nennen sie den Zoll.

Sybac-Geschäftsführer Christian Rautenberg erklärte jedoch gegenüber den Solarthemen: „Der Solarpark Marburg-Gisselberg wurde nie und ist auch heute nicht vom Zoll oder einem seiner Erfüllungsgehilfen stillgelegt. Ebenfalls sind weder Module, sonstige Komponenten oder gar der Solarpark Marburg-Gisselberg vom Zoll o.ä. beschlagnahmt worden.“ Darüber hinaus wolle die Sybac Solar GmbH zum laufenden Verfahren keine Stellungnahme abgeben.

Beschlagnahme ohne Schuld

Die Beschlagnahme ist nicht gleichbedeutend damit, dass sich ein Betreiber, Installateur oder Projektierer selbst strafbar gemacht hat. Die Behörden legen lediglich die Hand auf das Geld oder die Solaranlagen. Unabhängig davon sind die strafrechtlichen Ermittlungen zu sehen.

Ein prominentes Beispiel für den Zugriff des Zolls war im vergangenen Jahr die IBC Solar AG. Gründer und Geschäftsführer Udo Möhrstedt beteuert: „Wir sind eines der Opfer dieses großangelegten Betrugs.“ Er will mit der Staatsanwaltschaft intensiv kooperieren. Freiwillig, wie er betont, habe sein Unternehemn daher auch eine Sicherheitsleistung von sechs Millionen Euro gezahlt. Möhrstedt will sich bei den Importeuren schadlos halten, sofern bei diesen noch etwas zu holen ist.

Das Vorgehen der Zollbehörden zeigt auch, wie eine laut eigener Aussage schuldlose Firma Probleme bekommen kann, weil möglicherweise zu gering verzollte, falsch deklarierte Solarmodule verwendet worden sind. Denn die Sicherheitsleistung von sechs Millionen Euro fehlt nun – zunächst – in der Firmenkasse. Und laut einem Bericht des Obermain-Tageblatts vertagte der Kronacher Stadtrat den Beschluss über die Insstallation einer 10-MW-Freiflächenanlage von IBC aufgrund der Ermittlungen.

Nicht rechtlos

Rechtlos seien Installateure und Anlagenbetreiber gegenüber den staatlichen Behörden aber nicht, betont Rechtsanwalt Wegner. Denn die Zollfahnder müssten konkret nachweisen können, dass bei jedem einzelnen Solarmodul die Zollbestimmungen tatsächlich umgangen worden seien. Und nach seinem Eindruck würden die Behörden sich auch scheuen, Solarparks stillzulegen. Dies sei das letzte Mittel, wenn auf den vorgelagerten Ebene nichts zu holen sei. In diesen Fällen habe aber wohl auch der Anlagenbetreiber schlechte Karten, sich schadlos zu halten. Denn in der vorgelagerte Kette haben die Behörden dann zunächst kein Geld sicherstellen können.

Auch die Vertragsgestaltung kann eine Rolle dabei spielen, in welchem Maße ein Installateur oder Betreiber von Zollvergehen von Lieferanten betroffen ist.  Zwar verjähren die Ansprüche des Staates erst nach zehn Jahren. Doch die Kaufverträge können deutlich kürzere Zeiträume aufweisen, so Wegner. Dies kann die Rückforderung erschweren. Betroffene sollten sich auf jeden Fall mit Vertragsfristen befassen.

Solare Zollvergehen – hohe Strafen

Getrennt von den finanziellen Auswirkungen sind die strafrechtlichen Aspekte zu betrachten. Schwere Steuerhinterziehung, insbesondere wenn sie bandenmäßig ausgeführt mit einem hohen Schaden verbunden ist, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden. Dies gilt ausdrücklich auch für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, also auch bei den Mindestimportpreisen und Zöllen von Solarmodulen aus China. Die Verjährungsfrist liegt in einem solchen schweren Fall bei zehn Jahren.

Ob zum Beispiel ein Installateur oder Großhändler davon betroffen ist und ins Visier der Staatsanwaltschaft kommt, hängt immer vom einzelnen Fall ab. Hat er von den Importvergehen gewusst und dennoch die  Module gekauft, so ist von einer Mitschuld auszugehen. Ist dies nicht so, sind Dokumente von Vorteil, die das Gegenteil beweisen.

Nicht sofort plaudern

Manchmal lägen solche entlastenden Unterlagen aber nicht vor, berichtet Wegner. Weil zum Beispiel der Importeur die Zollpapiere zwar versprochen, aber dann doch nicht geschickt habe, und der Installateur sie im hektischen Arbeitsalltag nicht ausreichend hartnäckig eingefordert habe. Solare Zollvergehen können so zustande kommen.

Installateuren, bei denen die Fahnder klingeln, rät Wegner allerdings, nicht sofort mit dem Plaudern anzufangen. Im Strafverfahren sei es sehr wichtig, erst die Akten einzusehen. Vorher sollte man selbst nicht Stellung nehmen. Solare Zollvergehen sind hier keine Ausnahme. So wie man es aus den Krimis im Fernsehen kenne, gelte auch hier: „Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.” Es sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft, ein Zollvergehen bzw. eine Straftat nachzuweisen. Sie trage die Beweislast, auch wenn Waren nicht ordnungsgemäß verzollt worden seien.

Unternehmer und private Betreiber haben laut Wegner zwei Möglichkeiten, wenn sie Zweifel an der korrekten Abwicklung eines Modulkaufs bekommen. Man könne darauf hoffen, dass eine Tat bis zur Verjährung unentdeckt bleibt. Spätestens wenn sie einen Zeugenbefragungsbogen erhielten, sollten sich Installateure und Betreiber aber mit den Umständen eines eventuell nicht korrekten Handels befassen, rät Wegner. Dann hole die Realität sie ein.

Selbstanzeige eine Option

„Auch die Selbstanzeige kann ein Weg sein”, so der Jurist, der aber auch davor warnt, dies als pauschal beste Strategie zu sehen. Er empfiehlt Unternehmen, sich aktiv möglichst frühzeitig mit heiklen Transaktionen zu befassen. „Da müssen die Firmen ran.” So könnten die Handlungsoptionen am besten abgewogen werden. Und dabei sei es auch möglich, die Fristen in den Verträgen von Lieferanten genauer zu prüfen, um gegebenenfalls rechtzeitig tätig werden zu können.

Wegner hat als Rechtsanwalt bereits einige Unternehmen begleitet, wenn solare Zollvergehen zu vermuten waren. Da seien sowohl große Firmen als auch Einzelkämpfer dabei gewesen, die zum Teil etwas leichtgläubig oder unter Zeitdruck nicht ordnungsgemäß verzollte Solarmodule gekauft haben. Und teils hole sie das jetzt noch ein. Denn so lange die Zollbehörden und Staatsanwaltschaften ermitteln, finden sie weitere Hinweise, denen sie nachgehen müssen.

24.1.2020 | Autor: Andreas Witt | Solarthemen | solarserver.de
© EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen