20 Jahre EEG: Dünger für die Photovoltaik

Solarsiedlung des Architekten Rolf Disch in Freiburg - LuftaufnahmeFoto: Rolf Disch
Projekte wie die 1999 begonnene Solarsiedlung des Architekten Rolf Disch in Freiburg erfuhren einen Aufschwung durch das vor 20 Jahren, am 25. Februar 2000 beschlossene EEG.
Am 25. Februar 2000, also vor fast genau 20 Jahren, hat der Bundestag das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschlossen. Am 1. April desselben Jahres trat es in Kraft und bildete die entscheidende gesetzgeberische Basis für den folgenden starken Ausbau erneuerbarer Energien – und dies nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. 20 Jahre EEG – Solarthemen-Redakteur Andreas Witt erinnert daran, wie alles begann.

Noch zu Beginn des Jahres 1999 zeichnete sich das EEG am parlamentarischen Horizont nicht ab. Erst im April 1998 hatte der schwarz-gelb geführte Bundestag das Stromeinspeisungsgesetz novelliert. Dabei hatten die Abgeordneten vor allem die Härtefallklausel präzisiert: Energieversorger konnten nun die Zahlung von Einspeisevergütungen verweigern, wenn der Anteil des eingespeisten, regenerativen Stroms fünf Prozent der im Versorgungsgebiet abgesetzten Kilowattstunden überschreiten würde.

Einspeisungsgesetz unter Druck

Im Laufe des Jahres 1999 wurde jedoch klar, dass dieser Fall bald würde eintreten können. „Zu Beginn des nächsten Jahres wird die Härtefallklausel greifen“, erklärte Petra Uhlmann, Pressesprecherin der Preus- senElektra, im September 1999 auf Nachfrage der Solarthemen. Ein Pardon werde es nicht geben, falls der Gesetzgeber bis dahin seine Hausaufgaben nicht gemacht habe, sagt Uhlmann: „Warum sollten wir da kulant sein, wenn wir seit Jahren gegen diese Form der Förderung erneuerbarer Energien angehen.“

Das Vorläufer-Gesetz

1990 war das Stromeinspeisungsgesetz aufgrund eines schwarz-gelben Gesetzentwurfs, der allerdings auf eine bundestagsübergreifende Initiative zurückging, beschlossen worden. Mit ihm gab es zum ersten Mal ein Recht auf Einspeisung und Vergütung regenerativen Stroms. Deren Höhe bemaß sich an den Durchschnittserlösen der Stromversorger.

Vor allem zwei Faktoren trieben die erneute Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes, das zum Erneuerbare-Energien-Gesetz werden sollte, an. Zum einen war dies die drohende Anwendung der Härtefallklausel bei PreussenElektra. Zum anderen sanken aufgrund der Liberalisierung des Strommarktes (zunächst) die Strompreise und damit auch die Einspeisevergütungen. Dies gefährdete den wirtschaftlichen Betrieb von Windenergieanlagen.

Geburt des EEG

Im Juli 1999, so berichteten die Solarthemen damals, befanden sich die internen Diskussionen in der bündnisgrünen Fraktion noch in einem Frühstadium. Doch diese sollten rasch an Fahrt aufnehmen. Und auch der Koalitionspartner SPD griff sie auf.
Im Sommer 1999 war aber noch nicht absehbar, dass die Photovoltaik mit dem EEG einen so deutlichen Auftrieb würde bekommen können. Zwar gab es bereits einen solaren Aufschwung. In den Jahren zuvor hatten Unternehmer einige neue Solarfabriken, wie ErSol, Solarnova, die Solar-Fabrik, gegründet. Und in einigen deutschen Kommunen hatten engagierte Vereine und auch Stadtwerke die kostendeckende Vergütung (KV) von Solarstrom durchgesetzt, die sich meist bei rund 2 ­D-Mark (ca. 1 Euro) je Kilowattstunde bewegte. In diesen Kom­munen erhielten Anlagenbetreiber auf Basis des Stromeinspeisungsgesetzes die Zusage, für ihren eingespeisten Solarstrom 20 Jahre lang eine Vergütung zu erhalten. Diese sollte die Investition refinanzieren und einen kleinen Gewinn einbringen. Diese KV wurde zu einem wichtigen Baustein des neuen EEG.

Doch im Sommer 1999 war es dafür noch zu früh. Vorstreiter der KV war vor allem der Solarenergie-Förderverein Deutschland mit seinem Geschäftsführer Wolf von Fabeck. Er und Michaele Hustedt, die damalige energiepolitische Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, hatten bis zum Herbst 99 heftig über die Zukunft des Stromeinspeisungsgesetzes gestritten. Denn die Fraktion konnte sich lange Zeit nicht damit anfreunden, ihre grundsätzliche Befürwortung einer kostendeckenden Einspeisevergütung für Solarstrom auch in politische Taten umzusetzen. Dahinter stand die Befürchtung Hustedts, die Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes würde gefährdet, wenn mit ihr auch eine KV verbunden sein sollte. Diesen Widerständen wollten die Energiepolitiker aus dem Weg gehen. Gedrängt wurden sie dazu auch – zunächst – von Windkraftverbänden, die sich zuallererst um den Fortbestand der eigenen Branche sorgten.

Kostendeckende Vergütung

Diese Stimmung wandelte sich allerdings. Hans-Josef Fell, innerhalb der bündnisgrünen Fraktion der deutlichste Promotor einer KV, setzte sich sowohl bei den Verbänden als auch in der eigenen Partei für ein anderes Verständnis ein. Gleichzeitig machten die Bündnisgrünen für sich offenbar eine Entdeckung: „Die Widerstände sind weniger stark, als wir vorher befürchtet hatten“, sagte Carsten Pfeiffer, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter Fells. Offenbar kam weder aus dem Wirtschaftsministerium noch von der SPD-Bundestagsfraktion ein dezidierter Widerspruch gegen eine deutlich höhere Vergütung für Solarstrom. Allerdings sollte sich diese höhere Vergütung nicht an der vollen Höhe der KV orientieren. Die Bündnisgrünen sprachen von einer „betriebswirtschaftlich rentablen“ Vergütung. Diese sollte für Solarstrom bei 99 Pfennig je Kilowattstunde liegen. Um damit wirtschaftlich arbeiten zu können, mussten die Politiker die Förderung aus dem laufenden 100.000-Dächer-Solar­strom-Programm einrechnen.

Und es gab Zeitdruck. Bis Mitte November musste die rot-grüne Koalition ihren Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, wenn sie die Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes bis zum Jahreswechsel unter Dach und Fach haben wollte. „Schnell muss es gehen, das ist das Wichtigste“, sagte Monika Ganseforth. Die SPD-Bundestagsabgeordnete drängte Anfang November 99 zusammen mit Branchenverbänden und den Energieexperten der Koalitionsfraktion zur Eile.

Hinter den Kulissen zogen vor allem Hans-Josef Fell und Michaele Hustedt bei den Grünen sowie Hermann Scheer und Dietmar Schütz bei der SPD die Strippen.

Spektakuläre Überraschung

Bis Ende November hatten die Koalition und das Wirtschaftsministerium einen gemeinsamen Entwurf zur Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes fertiggestellt. Sein neuer Titel: „Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (GVeE)“, später kurz in Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) umbenannt. Und dieser Entwurf enthielt eine Sensation, die kaum jemand für möglich gehalten hatte. Tatsächlich sollte das Gesetz eine Vergütung für Solarstrom von 99 Pfennig je Kilowattstunde über 20 Jahre garantieren. Überraschend hatte der stärkste Kontrahent einer solchen Regelung, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement, Ende November eingelenkt.

Auf dem Umweg über eine Koalitionsspitzenrunde zum Thema Ökosteuer gelang ein Kompromiss. Clement stimmte den 99 Pfennig zu. Im Gegenzug unterstützten die Grünen eine von Clement geforderte zeitliche Befristung der Befreiung moderner Gaskraftwerke von der Stromsteuer. Für den NRW-Ministerpräsidenten spielte aber wohl auch eine Rolle, dass das Unternehmen Shell im November 99 seine Solarfabrik in Gelsenkirchen nach einigen Jahren des Vorlaufs offiziell einweihte – und wohl auch Clement den Vorteil einer hohen Einspeisevergütung für den Markthochlauf der Photovoltaik erkannt hatte.

Firmen waren optimistisch

Die PV-Firmen erwarteten mit dem neuen Gesetz einen deutlichen Schub für die Photovoltaik. Gemessen an heutigen Zahlen wirkt der damalige Optimismus zurückhaltend. So rechnete Peter Woditsch, der Chef von Bayer Solar, bei einer Vergütung von 99 Pfennnig mit einem deutschen Marktwachstum von 50 bis 100 Prozent. Das bedeutete eine Steigerung des Volumens von 6 auf 12 Megawatt.

Georg Salvamoser, Chef der Solarfabrik Freiburg, war sich mit seinem Kollegen einig, dass es für die PV-Industrie keinen Sinn machen würde, in Erwartung der Gesetzesnovelle auf Vorrat zu produzieren: „Die Kapazi­täten sind so groß, dass dies nicht nötig sein wird.“ Sie lagen zu Beginn des Jahres 2000 bei der Solarfabrik als einem der größten deutschen Modulproduzenten bei rund 2 Megawatt pro Jahr.

Am 1. April 2000 trat das EEG in Kraft. Im Sommer 2000 war es dann für alle Solarteure, die nicht rechtzeitig ausreichende Jahreskontingente geordert hatten, fast aussichtslos, kurzfristig Solarmodule zu beschaffen. Und dies, obwohl die Abwicklung der Anträge für das 100.000-Dächer-Solarstrom-Programm teils schwerfällig war und Zeit kostete. Der Bundeshaushalt deckelte das Förderpotenzial auf 50 MW.

Erste Erfolge

Trotz dieser Anlaufschwierigkeiten gab es nach einem Jahr im April 2001 die erste Erfolgsbilanz für das EEG. Die installierte Windenergie-Leistung hatte sich seit 1998 mit über 6000 MW mehr als verdoppelt. Und mit etwa 45 MW wurden im Jahr 2000 rund dreimal mehr Photovoltaikanlagen in Betrieb genommen als im Jahr 1999. „Damit sind fast 90 Prozent aller Neuanlagen in der Europäischen Union und 20 Prozent der weltweit eingerichteten Neuanlagen in Deutschland installiert worden“, sagte Hermann Scheer, der damalige Berichterstatter der SPD-Fraktion für das Erneuerbare-Energien-Gesetz.

19.2.2020 | Autor: Andreas Witt, Solarthemen | solarserver.de
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