Europa interessiert sich für Solarstrom aus Tunesien

Zwei Arbeiter mit Signalwesten vor Photovoltaikmodulen Eines PV-Parks in TunesienFoto: Oliver Ristau
Tunesien erzeugt seit kurzem seinen ersten solaren Kraftwerksstrom. Deutsch­land hat die Projekte finanziert und ist auch an der Energie interessiert. Künftig könnten die Nord­afrikaner Strom und solaren Wasserstoff nach Europa liefern.

Die Wüste von Tozeur war schon für die Jedi-Ritter ein Kraftzentrum. Zumindest hatten sie dort Auftritte vor der Kamera. Denn in der Region im Süden Tunesiens fanden die Dreharbeiten zu vielen Szenen alter Star-Wars-Filme statt. Seit kurzem dient die karge Landschaft nun auch als Schauplatz für die Solarkraft. Von der deutschen Entwicklungsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 11,5 Millionen Euro finanziert, ging das erste solare Großkraftwerk des nordafrikanischen Landes mit 10 Megawatt (MW) Leistung Ende letzten Jahres in Betrieb. Jährlich soll es 36 Gigawattstunden Strom produzieren.

Stromleitung nach Italien

Eine zweiter Bauabschnitt mit 10 MW soll am gleichen Standort noch im Februar 2020 den Probebetrieb aufnehmen. Damit wären die ersten Schritte zur Energiewende in Tunesien getan. Das Land will bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von derzeit drei auf 30 Prozent ausbauen. Der Großteil der angestrebten regenerativen Gesamtkapazität von 3500 MW werde auf die Photovoltaik (PV) entfallen, sagt Nejib Sajari. „Wir finden hier eine Solareinstrahlung von 2000 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr vor“, so der Manager des staatlichen Stromversorgers STEG. Damit zählt der Süden Tunesiens zu den einstrahlungsreichsten Regionen der Erde. Das mache angesichts gesunkener Preise der Photovoltaik die Stromquelle ökonomisch sehr attraktiv. Wenn die geplante Stromleitung zwischen Tunesien und Italien wie geplant in den kommenden fünf Jahren gebaut werde, könnte das Land Solarstrom künftig auch nach Europa liefern. „Im Winter, wenn in Tunesien der Strombedarf sinkt, könnten wir Überschüsse exportieren“, schlägt Sajari vor.

Das ist Zukunftsmusik. Denn noch hat das Erdgas Tunesien fest im Griff. Das fossile Gas stammt aus dem Nachbarland Algerien. Die STEG verstromt es in ihren Gaskraftwerken und sichert damit 96 Prozent der heimischen Nachfrage. Doch das belastet wegen der hohen Importkosten den Staatshaushalt. Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sorgen für einen steigenden Stromverbrauch von 5 Prozent pro Jahr. Der Solarstrom soll helfen, die Kosten im Zaum zu halten. Der jüngste 10-MW-Block aus Tozeur, der mit monokristallinen Modulen der chinesischen Jinko Solar bestückt ist, erzeuge die Kilowattstunde zu etwa 4 Cent, rechnet Sajari vor.

Produktionskosten von 2,5 Cent

Künftig dürfte es noch billiger werden. Denn als das Land im letzten Jahr erstmals 50 MW PV-Leistung ausgeschrieben hat, gaben Investoren laut Finanzministerium Angebote zu 2,5 Cent je Kilowattstunde ab. Das freut auch Notenbankchef Marouane Abassi. „Die hohen Energieimporte sind ein zentraler Grund unseres Leistungsbilanzdefizits“, erklärte er auf einer KfW-Veranstaltung im Februar in Tunis. „Nachhaltige Entwicklung und heimische erneuerbare Energien sind extrem wichtig, um das zu reduzieren.“

Auch Deutschland, das die junge Demokratie über die KfW finanziell unterstützt, hat ein Auge auf die Solarenergie geworfen. Bei den Diskussionen um grünen Wasserstoff hatte die Bundesregierung jüngst Importe aus Nordafrika, vor allem aus Marokko, ins Spiel gebracht. Darauf angesprochen berichtet der deutsche Botschafter in Tunesien, Andreas Reinicke, von einem bereits laufenden Projekt. Das befasse sich unter anderem mit der Frage, woher das Wasser für grünen Wasserstoff stammen könnte. Denn pro Kubikmeter Gas würden sechs Liter Wasser benötigt. „Heimische Ressourcen sind für ein arides Land wie Tunesien keine Option. Zu prüfen ist, ob das Wasser dafür etwa über Pipelines importiert werden könnte“, sagte er. Auch die Meerwasserentsalzung sei eine Option. Noch sei es zu früh, von einem konkreten Vorhaben zu sprechen. Die Botschaft plant aber, zusammen mit tunesischen Partnern, eine Studie, um die Möglichkeit zu prüfen, solaren Wasserstoff in Tunesien auch für den Export nach Deutschland zu produzieren.

19.2.2020 | Autor: Oliver Ristau, Solarthemen | solarserver.de
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