Umweltpolitische Digitalagenda nur mit erneuerbaren Energien

Lichtpunkte auf einer Karte symbolisieren den Energieverbrauch. Blaue Linien zeigen die Datenverbindungen an. Beides steht für DigitalisierungFoto: yongheng19962008 / stock.adobe.com
Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat heute eine Umweltpolitische Digitalagenda vorgestellt. Die Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) sieht in ihr zwar einen wichtigen Beitrag. Es kritisiert aber auch, die Agenda müsse auf alle Ressorts umfassen. Zudem sollte die Agende auch eine klare Forderung zum Einsatz erneuerbarer Energien behinhalten.

Die Umweltpolitische Digitalaagenda stelle einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Gestaltung eines der bedeutendsten Innovationsfelder der heutigen Zeit dar. Das sagt Prof.Tilman Santarius, Digitalisierungs-Experte am IÖW und am Einstein Center Digital Future der Technischen Universität Berlin. „Die Digitalisierung und die Dekarbonisierung werden zwei der wichtigsten Megatrends des 21. Jahrhunderts sein. Das Umweltministerium hat die Notwendigkeit erkannt, diese Trends zusammen zu denken und integriert zu gestalten. Mit der Umweltpolitischen Digitalagenda legt das Bundesumweltministerium eine umfassende Strategie vor, um dieses Ziel zu erreichen. Florian Kern, IÖW-Experte für Umweltpolitik betont. „Die Digitalagenda des BMU ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die Digitalisierung als Treiber einer dringend erforderlichen sozial-ökologischen Transformation zu gestalten.“ 

Uumfassender Politik-Mix gefordert

„Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen beruhen auf ‚weichen‘ Instrumenten, während die Ziele durch verbindliche Regulierung wesentlich effektiver erreicht werden könnten“, so Santarius. „Statt in der europäischen CSR-Richtlinie ein Reporting zu Umweltschäden bei Rohstoffgewinnung zu fordern, sollten besser gleich verpflichtende menschenrechtliche und ökologische Mindeststandards angestrebt werden.“

Ordnungspolitische Instrumente adressiere die Agenda noch zu vage. Oder sie verspreche nur, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für entsprechende Regelungen einsetzen möchte. Das IÖW nennt als Beispiel die EU Ökodesign-Richtlinie. Kern hebt hervor, dass ein breiter Politikmix mit ordnungsrechtlichen und ökonomischen Instrumenten für die sozial-ökologische Transformation zentral ist. „Es bleibt abzuwarten, was die Bundesregierung im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft und darüber hinaus auf europäischer Ebene mit ihren ambitionierten Zielen tatsächlich erreichen wird.“ 

Erneuerbare für Rechenzentren

Die Umweltpolitische Digitalagenda siehe eine Reihe von vielversprechenden Maßnahmen vor,  um ökologische Auswirkungen auf (knappe) Ressourcen zu verringern, sagt Santarius. Dazu zählten langlebigere Geräte oder besseres Recycling. Doch das Ministerium adressiere den wachsenden Stromverbrauch der Digitalisierung werde nicht ausreichend. „Die meisten wissenschaftlichen Szenarien gehen von moderat bis stark anwachsenden Stromverbräuchen aller digitalen Geräte und Anwendungen aus. Um die Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbare Energien zu schaffen, muss der gesamte Stromverbrauch sinken. Die Digitalagenda liefert zu wenig Ansatzpunkte, wie wachsende Stromverbräuche abgemildert werden könnten. Es fehlen etwa strikte Verbrauchsstandards für Rechenzentren, verbindliche Anforderungen, dass deren Abwärme sinnvoll für die Wärmeversorgung genutzt wird. Oder die Forderung, dass neue Rechenzentren mit 100 % Ökostrom betrieben werden müssen.

Zukunftsfähige Digitalisierung

Der Politik-Mix solle weit über den Geschäftsbereich des BMU hinausgehen, betont Kern. „Es ist begrüßenswert, dass das Umweltministerium die fortschreitende Digitalisierung so gestalten möchte, dass sie die Energie-, Mobilitäts- und Agrarwende und den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft unterstützt und beschleunigt.“ Eine solche Ankündigung sollte sich aber nicht nur auf Programme des BMU oder die Forschungsförderung der sozial-ökologischen Forschung des Bundesforschungsministeriums beziehen. Sondern auch die Förderung des Wirtschafts- oder Verkehrsministeriums sei einzubeziehen. Beispielsweise machen vom BMU geförderte ‚Leuchtturmprojekte für Künstliche Intelligenz‘ weniger als zehn Prozent die bundesweiten Fördermittel im Jahr 2019 aus. Zahlreiche von anderen Ministerien geförderte Projekte verfolgen nach Aussage der Wissenschaftler keine Nachhaltigkeitsziele oder sind sogar kontraproduktiv. Kern fordert. „Um tatsächlich eine nachhaltige Digitalisierung zu erzielen, ist es dringend erforderlich, dass alle Ressorts der Bundesregierung sich die Zielsetzung der Digitalagenda zu eigen machen. Dies erfordert eine enge Abstimmung der Ressorts und eine kohärente Politik.“

Weitere Informationen:

-Weitere Vorschläge von Tilman Santarius und Steffen Lange finden sich im Buch „Smarte grüne Welt? sowie in einem Artikel bei Netzpolitik: https://netzpolitik.org/2018/fuer-eine-sozial-oekologische-digitalpolitik/.

Die Nachwuchsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“ von IÖW und TU Berlin forscht zur nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung: www.nachhaltige-digitalisierung.de

3.3.2020 | Quelle: Institut für Ökologische Wirtchaftsforschung | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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