Debatte um Photovoltaik-Pflicht gewinnt an Fahrt

Photovoltaik auf einem PrivathausFoto: Alessandro2802 / www.stock.adobe.com
Nachdem sowohl aus den Reihen der SPD- als auch der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Forderungen nach einer Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten laut geworden sind, macht jetzt ein Gutachten von Öko-Institut und Stiftung Umweltenergierecht innovative Vorschläge zur rechtlichen Ausgestaltung einer bundesweiten Photovoltaik-Pflicht.

Die Gutachter, die die Möglichkeiten für eine Photovoltaik-Pflicht im Auftrag des Umweltbundesamtes auf 65 Seiten untersucht haben, bringen eine kombinierte Bau- oder Katasterpflicht als neue Variante in die politische Debatte ein. Sie könnten damit nicht nur bei Grünen und Linken, sondern auch bei zahlreichen Abgeordneten der Koalitionsfraktionen auf offene Ohren stoßen. Denn sowohl in der SPD als auch in der Union ist das Thema einer Solar-Pflicht, wie sie in unterschiedlicher Ausgestaltung bereits in den Ländern Baden-Württemberg, Hamburg und Bremen gilt, längst angekommen.

Forderungen aus SPD und CDU/CSU

Wenn es nach dem Papier der SPD-Fraktion geht, das diese als Verhandlungsgrundlage mit der Union für die aktuelle EEG-Novelle verfasst hat, dann käme eine Solarpflicht bereits im Zuge des Artikelgesetzes zum EEG2021. Die Sozialdemokraten um deren stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Matthias Miersch formulieren: „Im Bereich der Neubauten soll es für geeignete Dächer von öffentlichen, privaten und gewerblichen Immobilien eine Solarpflicht geben.“

Bereits im Sommer hatte auch der Klimakreis der Unionsfraktion um die Klimabeauftragte Anja Weisgerber Gedanken zur EEG-Novelle formuliert. In dem Katalog von möglichen Maßnahmen war eine Pflicht zur Installion von Photovoltaikanlagen auf Neubauten einer der Punkte. Im aktuellen Papier von 11 Unionsabgeordneten zum EEG2021, mit dem diese sich kritisch vom Regierungsentwurf absetzen, ist von einer Solarbaupflicht allerdings nicht die Rede.

Katasterlösung

Stiftung Umweltenergierecht und Öko-Institut möchten neben dem Neubau ausdrücklich auch eine Dachsanierung als Auslöser für die Solarpflicht sehen. Mit ihrer Katasterlösung heben die Forscher jetzt eine neue Idee auf die politische Agenda. Demnach sollten sich Hauseigentümer entscheiden können: Entweder sie installieren und betreiben eine PV-Anlage selbst oder sie tragen ihre Dachfläche in ein Kataster ein. Dritte könnten das Dach dann für den Betrieb einer PV-Anlage pachten.

Eine solche Ausgestaltung sichere die Wirtschaftlichkeit der Anlagen und könne die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen, argumentieren die Forscher.

Wirtschaftlich zumutbar, wenig Bürokratie

„Die PV-Pflicht soll nur dann greifen, wenn sie für die Gebäudeeigentümer und -eigentümerinnen wirtschaftlich zumutbar ist“, sagt Sebastian Palacios vom Öko-Institut. Um dies zu erreichen, schlagen die Autoren der Studie die Kombination der Nutzungs- mit der Katasterpflicht vor. „Diese Art der Verpflichtung macht zeit- und personalintensive Wirtschaftlichkeitsprüfungen überflüssig“, sagt Dr. Nils Wegner von der Stiftung Umweltenergierecht. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass nur auf rentablen Dachflächen PV-Anlagen errichtet werden. Das Verpachtungskataster soll helfen, die unterschiedlichen Beteiligten zu vermitteln.

Die Forscher haben auch juristische Bedenken überprüft, ob eine Photovoltaik-Pflicht möglicherweise zusätzliche finanzielle Förderungen ausschließen könnte. Dies sei allerdings nicht zu befürchten, sagt Nils Wegner von der Stiftung Umweltenergierecht: „Nach unserer Prüfung könnte der durch die Photovoltaik-Anlagen erzeugte Strom auch mit einer PV-Pflicht weiter nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden.“

Konkurrenz zwischen PV und Solarthermie

Wie bereits in den Bundesländern und Kommunen in denen heute eine Solarpflicht gilt, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Photovoltaik zur Solarthermie oder anderen Nutzungsformen erneuerbarer Energien im Gebäude. Bei einer technologieoffenen Solarpflicht könnten die Hauseigentümer frei entscheiden, ob solare Wärme oder solarer Strom den größten wirtschaftlichen und technischen Vorteil für ihr Gebäude bringt.

In der Praxis entstehe allerdings auch aufgrund von Verpflichtungen im Wärmebereich eine Konkurrenzsituation zwischen Photovoltaik und Solarthermie auf dem Dach, so die Gutachter. Sie schreiben, im Falle einer Photovoltaik-Pflicht müsse daher die Abgrenzung und Zusätzlichkeit zum Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) sowie zu den Landeswärmegesetzen gewahrt sein.

24.11.2020 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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