EUPD Research: Stromlücke im Jahr 2022 könnte Kohleausstieg verzögern

Zu sehen ist die Einweihung eines Kohlekraftwerks, wie es bei einer Stromlücke im Jahr 2022 nicht abgeschaltet werden könnte.Foto: Hafen Hamburg / Vattenfall
Im Jahr 2015 wurde das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg eingeweiht und nun geht es im Zuge der Ausschreibungsrunde zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken wieder vom Netz.
Marktforscher warnen vor einer Stromlücke im Jahr 2022. Daraus resultiere eine Laufzeitverlängerung fossiler Kraftwerke in Deutschland. Vor dem Jahreswechsel gebe es mit dem EEG die letzte legislative Möglichkeit zum Gegensteuern hin zu einem deutlich schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien in Kombination mit dem konsequenten Abbau von Marktbarrieren.

Nachdem Anfang Dezember die erste Ausschreibungsrunde zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken in einem Umfang von 4,8 Gigawatt durch die Bundesnetzagentur stattgefundne hat, befürchten die Marktforscher von EUPD Research nun, dass sich der Ausstieg aus der Kohleverstromung um viele Jahre verzögert. Das ergebe sich zwingend, wenn man Erneuerbare Energien, wie Photovoltaik und Windenergie sowie ergänzende Speicherkapazitäten, nicht zeitnah deutlich schneller ausbaut. Es sei bereits mit einer erheblichen Stromlücke im Jahr 2022 in Deutschland zu rechnen, ergaben Analysen von EUPD Research.

Eine Stromlücke im Jahr 2022 kann man nach Berechnungen der Bonner Marktforscher nur im ersten Jahr durch Stromimporte aus dem Ausland vollständig ausgleichen. „Bereits im Jahr 2023 wird der europäische Stromverbund die Stromlücke nicht mehr schließen können. Die Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken wird dann unausweichlich“, so Dr. Martin Ammon, Geschäftsführer von EUPD Research. 2023 werde die Stromlücke bereits nahezu 100 Milliarden Kilowattstunden betragen. Das entspräche fast einem Fünftel des zu diesem Zeitpunkt erwarteten Strombedarfs. Der simulierte Importbedarf an Strom aus dem europäischen Ausland steigt in der Spitze für das Jahr 2023 zeitweise bis auf eine Leistung von 30 GW.

EEG 2021 letzte Gelegenheit

„Die Bundesregierung rennt sehenden Auges in eine Stromlücke im Jahr 2022. Trotz wiederholter und zahlreicher Warnungen aus der Wissenschaft ignoriert sie den wachsenden Strombedarf infolge einer zunehmenden Verstromung der Mobilität und Wärmeversorgung. Deutliche Nachbesserungen am derzeit im Bundestag verhandelten Gesetzesentwurf zum EEG 2021 sind unverzichtbar. Sie sind die letzte Gelegenheit, um eine Laufzeitverlängerung von Kohle- oder Atommeilern zu vermeiden“, warnt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW). Vor der Bundestagswahl werde es keine weiteren Gesetzesänderungen mehr geben und ein mögliches Gegensteuern in der nächsten Legislaturperiode käme zu spät. 

Auch eine Mehrheit des Bundesrates scheint das inzwischen erkannt zu haben. Sie forderte im November den Bundestag auf, die neu installierte Photovoltaik-Leistung von derzeit 4 bis 5 Gigawatt auf 10 Gigawatt im Jahr anzuheben. Eine klare und parteiübergreifende Mehrheit der Ministerpräsidenten sprach sich zudem dafür aus, zahlreiche Marktbarrieren aus dem aktuellen Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) zu streichen.

Geschieht das nicht, so droht nahezu einer halbe Million älterer Solarstromanlagen das vorzeitige Aus, während die Laufzeit von Klimakiller-Kraftwerken um Jahre verlängert werden dürfte. Das stößt nicht nur tausende Klimaschutz-Pioniere vor den Kopf. Dem überwiegenden Teil der Bürgerinnen und Bürger dürfte es ebenso wenig vermittelbar sein, dass die Installation neuer Solardächer noch vor der Bundestagswahl deutlich ausgebremst wird, anstatt diese deutlich zu beschleunigen, wie es klimapolitisch dringend geboten wäre“, so Körnig.

2.12.2020 | Quelle: BSW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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