Klimaschutz: Regierung mit weniger konkreten Ambitionen

Bundeskanzleramt von vornFoto: kameraauge / stock.adobe.com
Bundeskanzleramt, Berlin
Nachdem sich die Regierung gestern auf ein „Sofortprogramm“ für den Klimaschutz geeinigt hat, stehen heute im Bundestag das Klimaschutzgesetz und das Energierecht auf der Tagesordnung. Doch mit seinem Beschluss hat das Bundeskabinett die Messlatte politischer Aktivität abgesenkt.

Der erste Aufschlag für ein Klimaschutz-Sofortprogramm, geschrieben im Bundesfinanzministerium in Kooperation mit dem Umweltministerium, enthielt deutlich mehr konkrete politische Forderungen. So war dort von einer Solarpflicht auf neuen und sanierten Gebäuden die Rede. Von der Regierung wünschten sich die Finanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Umweltministerin Svenja Schulze zudem eindeutige Positionen zu neuen Gebäudestandards, so etwa die Ankündigung, den Effienzhaus-40-Standard ab 2025 verbindlich zu machen. Außerdem sollte sich schon die jetzige Regierung die Forderung zu eigen machen, die Photovoltaikleistung bis 2030 auf 150 Gigawatt auszubauen.

Entwurf für Klimaschutz-Sofortprogramm Makulatur

Doch diese Wunschliste war wohl schon Makulatur, kurz nachdem sie in die Ressortabstimmung ging. Geblieben ist von den konkret genannten Ausbauzahlen im „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“ folgender Satz: „Die Bundesregierung wird im Lichte der ausstehenden Beschlüsse auf EU-Ebene zur Umsetzung des Green Deal in der nächsten Legislaturperiode die Ausbaupfade für die erneuerbaren Energien entsprechend anpassen.“ 

Und statt sich – wie im ersten Entwurf – schon im Programm auf eine Linie für eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) festzulegen und Standards zu benennen, schreibt die Regierung nun: „Die Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wird auf 2022 vorgezogen und für eine weitergehende Novelle genutzt. Hierbei wird auch eine Modernisierung der Anforderungssystematik des GEG untersucht. Neubaustandards werden angehoben.“ 

Im Sofortprogramm nicht mehr enthalten ist die Forderung des Entwurfs, bei Heizungen, die vom Bund gefördert werden, einen Mindestanteil regenerativer Energie von 55 Prozent vorzuschreiben. Daraus geworden ist diese Formulierung: „Aus den Förderprogrammen des Bundes werden ab 2023 keine Heizungen mehr gefördert, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können.“ Aber das ist so eigentlich auch heute schon der Fall. Denn in der heutigen Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG) ist ein Zuschuss an einen zumindest geringen Anteil erneuerbarer Energie gebunden. 

Kein beherzter Ausbau erneuerbarer Energien durch Regierung

In einer Pressekonferenz direkt im Anschluss an die Kabinettssitzung beklage Schulze, mehr sei mit der Union nicht zu machen gewesen. Aus ihrer Sicht fehlt ein „beherzter Ausbau der erneuerbaren Energien“. Dies wäre besonders wichtig, weil er die Basis bilde für viele der angestrebten Klimaschutzmaßnahmen. Schmerzhaft findet sie auch, dass sich SPD und Union nicht auf die Aufteilung der CO2-Kosten im Wohnsektor auf Mieter und Vermieter hätten einigen können.  

Von einem Klimaschutz-Sofortprogramm will Schulze daher auch gar nicht mehr reden, auch wenn dies weiterhin der Titel des aktuellen Regierungsbeschlusses ist. Die Ministerin bezeichnet ihn als Investitionsprogramm. Und tatsächlich hat sich das Kabinett vor allem auf weitere acht Milliarden Euro geeinigt, die in den Klimaschutz fließen und vorhandene Programme zum Teil aufstocken sollen. Verbindlich ist das nicht, ebenso wie der vorgelegte Haushaltsentwurf. Denn den wird der nächste Bundestag beschließen. Sofortprogramm und Haushalt haben lediglich Signalwirkung – vor allem in Kombination mit dem neuen Klimaschutzgesetz. Und so zählt dann auch das, auf was sich Union und SPD nicht haben verständigen können. 

8 Milliarden Euro mehr für Klimaschutz

Die beschlossenen acht Milliarden Euro verteilen sich auf eine Vielzahl an Programmen. Ein großer Teil soll mit 2,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr in die Aufstockung der Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG) fließen. 150 Millionen Euro sollen für einen „klimagerechten sozialen Wohnungsbau“ zur Verfügung stehen. Den Industriesektor will die Regierung mit weiteren rund 800 Millionen Euro fördern. Subventionen gibt es zum Beispiel für Investitionen in Wasserstofftechnologien für die Stahlindustrie (100 Mil Euro). 28,8 Millionen sind für „Leitmärkte grüner Stahl“ vorgesehen. Auf den Energiesektor sollen weitere fast 100 Millionen Euro entfallen. Davon gibt es 30 Millionen Euro für die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) und 50 Millionen Euro für die Förderung der Produktion grünen Wasserstoffs im Offshore-Bereich.

Echte Beschlüsse im Bundestag

Ob die kommende Regierung sich an diese Vorschläge der jetzigen hält, wird sich im Herbst herausstellen. Heute im Laufe des Tages stehen im Bundestag allerdings Beschlüsse an, die zu Gesetzen werden. Das ist zum einen das neue Klimaschutzgesetz, mit dem Regierung und Koalition der Kritik des Bundesverfassungsgerichts begegnen wollen. Zum anderen sind das energiepolitische Vorhaben wie eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Diese haben unter anderem zur Folge, dass sich der Einsatz von Speichern vereinfachen könnte und das Ausschreibungsvolumen für Photovoltaikanlagen im kommenden Jahr deutlich erhöht. 

24.6.2021 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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