Bioraffinerie soll CO2 binden und Wärme liefern

Schwarz-Weiß-Grafik einer Maschinenhalle mit jungen Menschen - die Bioraffinerie von Carbonauten in Eberswalde ist im AufbauGrafik: Carbonauten
In Eberswalde soll eine Pilotanlage für eine Bioraffinerie industriellen Maßstab enstehen.
Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen hierzulande jährlich um etwa 40 Millionen Tonnen sinken. Moderne Technologien, wie Bioraffinerien, die aus Rest- und Problemstoffen sogenannte Biokohlenstoffe herstellen, könnten zur CO2-Senke beitragen.

Die carbonauten GmbH will Bioraffinerien bauen und betreiben und damit Städten und Kommunen mit Wärme beliefern. Dabei will sie ohne kommunale Zuschüsse auskommen und die Investition und den Betrieb selbst übernehmen. Das System soll eine lokale Kreislaufwirtschaft schaffen und sei auch für große Bedarfe skalierbar, heißt es von carbonauten. Die Anlagen sollen jedoch mindestens 24 GWh grundlastfähige Wärme pro Jahr liefern.

Biomasse, Reststoffe, Problemstoffe – die Bioraffinerie soll alles schlucken

Die Bioraffinerien sollen unterschiedliche Ausgangsstoffe nutzen können. Dazu gehören zum Beispiel Grünschnitt, Altholz, Schadholz und Siebüberläufe. Die Bioraffinerie nutzt deren Kohlenstoff-Anteil, um neue Produkte herzustellen. Dafür kombiniert sie den Kohlenstoff mit mit unterschiedlichen Bindern wie Proteinen, Bioploymeren, Polymeren, Silikaten, Mineralien. Heraus kommen sehr unterschiedliche Produkte. Sie reichen von Aktivkohle für die Abwasserreinigung über Terra Preta zur Bodenverbesserung bis zu verschiedenen Ersatzprodukten für erdölbasierte Dünger oder Kunststoffe. Das CO2 bleibt bis zum Ende der Nutzungsdauer gebunden – und bei einem stofflichen Recycling noch darüber hinaus.

Gleichzeitig entsteht in dem Prozess ein Überschuss an Wärme mit 850 °C, die rund um die Uhr verfügbar ist. Diese kann in ein Fernwärmenetz eingespeist oder direkt an Industrieunternehmen abgegeben werden.

Nutzung von Biokohlenstoff schafft Negativ-Emissionen

Mit fortschreitender Klimakrise wird es immer dringlicher, nicht nur Emissionen zu reduzieren, sondern auch CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Laut carbonauten gibt es derzeit 6 anerkannten Negative Emission Technologies (NET). Eine davon ist die Herstellung von Biokunststoffen. Diese sei zusammen mit der Aufforstung die sinnvollste und wirtschaftlichste Methode. Die Bioraffinerien entziehen der Atmosphäre nicht nur CO2 und speichern es dauerhaft in attraktiven Produkten. Sie sollen auch aggressive Klimagase wie Methan und Lachgas reduzieren, die bei der Verrottung der Biomasse entstehen würden. Sollte sich die Bioraffinerietechnik industriell etablieren, würde sie mit der direkten Verbrennung der Biomasse konkurrieren – zum Beispiel in Form von Holzpellets.

Eine Standardanlage mit drei Modulen könne jährlich bis zu 18.000t CO2 speichern, erklärt Carbonauten. Das entspreche etwa dem CO2-Ausstoß von 3.600 Einfamilienhäusern mit Ölheizung pro Jahr. Würde man dieselbe Menge CO2 in Bäumen binden wollen, müsste eine Stadt etwa 1.440.000 Buchen pflanzen, kalkuliert carbonauten. Dass man mit dem Pflanzen von Bäumen im Stadtgebiet nur recht wenig CO2 binden kann, ist allerdings keine Neuheit. Um relevante Beiträge zur CO2-Minderung zu leisten, braucht es große Waldflächen.

Win-Win-Situation: Wärme und Strom mit Negativ-Emissionen

Torsten Becker, der Geschäftsführer der carbonauten, betont die Win-Win Situation für beide Seiten: „Bürgermeister und Landräte wissen, sie müssen in Zukunft klimaneutral werden. Wir haben die Technologie dafür, ohne Investitionsrisiko oder Entscheidungen, die lange durch Gremien gehen müssen. Wir sind der Betreiber und sichern den Städten kostengünstige Wärmeenergie zu, die ihre CO2-Bilanz senkt. Und im Gegenzug können wir neue, dezentrale Standorte aufbauen und Biokohlenstoffe produzieren, um fossile Kohlenstoffe zu ersetzen.“ Zudem schaffe die Technologie vor Ort auch neue Arbeitsplätze.

Außerdem könnten die Anlagen auch Wasserstoff erzeugen, erklärt Becker. Mit der Wärme und dem Synthesegas aus dem Prozess lässt sich ein BHKW betreiben. Aus dem Strom kann man dann per Elektrolyse Wasserstoff gewinnen. Mit der kleinsten Bioraffinerie seien so immerhin 110 Tonnen Wasserstoff jährlich möglich. Wer mehr auf Effizienz und weniger auf das Zauberwort Wasserstoff setzt, kann natürlich auch einfach die Wärme oder den Strom nutzen.

Derzeit baut carbonauten an einer industrielle Pilotanlage in Eberswalde. Gleichzeitig sei man bereits im Austausch mit den ersten Städten und Unternehmen. Da bisher noch keine Verträge unterzeichnet seien, können man aber keine Namen nennen, sagt Becker. Auch in anderen Staaten und Kontinenten wollen die carbonauten aktiv werden.

02.02.2022 | Quelle: carbonauten | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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