Ersatz-Kraftwerke ohne Erdgas: Bioenergie kann Reserven mobilisieren

Zu sehen ist eine Biogas-Anlage, in der die Vergärung von Wirtschaftsdüngern stattfinden soll.Foto: Konrad Steininger / www.stock.adobe.com
Ein spezielles Ersatzkraftwerkbereithaltungsgesetz soll die Abhängigkeit der Stromerzeugung von russischem Erdgas senken. Es setzt auf die Energieträger Steinkohle, Öl, und Braunkohle.

Kraftwerke mit aktuell eingeschränkter Verfügbarkeit oder aus der Reserve sollen aus diesen bei Bedarf Strom liefern können. Den Entwurf für das Gesetz hat die Bundesregierung Ende Mai vorgelegt. Dabei unterstreicht sie, dass das Gesetz nur befristet gelten soll. Zudem sollen die Kraftwerke lediglich vorbereitet sein, und erst dann Strom liefern, wenn dies erforderlich sei. Das Ziel des Kohleausstieges bis 2030 bleibe unberührt. Bioenergie kommt in dem Gesetz allerdings nicht vor, obwohl sie ein Ersatz für Erdgas sein könnte, kritisierne die Branchenverbände.

Umsetzen will die Regierung das durch eine Änderung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Diese soll Kohle- und Ölkraftwerken erlauben, bis zum 31. März 2024 zusätzliche Strommengen zu erzeugen. Das Wirtschaftsministerium soll zudem per Verordnung erlauben können, dass Kraftwerke aus der Netzreserve am Strommarkt teilnehmen. Ebenfalls per Verordnung soll die Regierung den Einsatz von Gaskraftwerken beschränken können.

Gesetze schränken flexiblen Einsatz der Bioeenergie ein

Die Erneuerbare-Energien- und Bioenergie-Verbände kritisieren, dass die Bioenergie in dem Gesetz nicht vorkommt. „Die großen Potenziale nachhaltiger Bioenergie werden unverständlicher Weise jedoch nicht adressiert“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. Dieses vertritt den Bundesverband Bioenergie (BBE), den Deutschen Bauernverband (DBV), den Fachverband Biogas (FvB) und den Fachverband Holzenergie (FVH). Auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) bemängelte das Fehlen der Bioenergie in dem Gesetzesentwurf.

Biogasanlagen, Holzheizkraftwerke und andere Bioenergieanlagen liefern laut dem Hauptstadtbüro Bioenergie aktuell in Deutschland rund 50 TWh Strom und 172 TWh Wärme. Viele dieser Anlagen seien in der Lage kurzfristig ihre Strom-, Wärme- sowie Gasproduktion zu erhöhen. So könne man die Gasvorräte in den Speichern schonen. Die Verbände schlagen daher vor, auch diesen Kraftwerken eine höhere Energielieferung regulatorisch zu ermöglichen. In der aktuell laufenden EEG-Novelle solle demnach die Höchstbemessungsgrenze ausgesetzt werden und der Güllebonus leichter erhältlich sein. Auch im Baugesetzbuch und Bundesimmissionschutzgesetz müssten Hürden beseitigt werden. „Diese Maßnahmen sind nicht nur günstiger, sondern auch nachhaltiger als eine einseitige Ausweitung der fossilen Stromerzeugung“, sagt Rostek. Die ausführliche Stellungnahme ist online nachzulesen.

Bioenergie kann kurzfristig zum Erdgas-Ersatz 20 Prozent mehr Leistung liefern

Spätestens mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich auch die Mär vom Erdgas als Brückentechnologie zerschlagen“ sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Sie kritisiert die Darstellung der Kohle- und Ölkraftwerke als alternativlos und verweist auf Bioenergie, Wasserkraft und Kraft-Wärme-Kopplung. Das Jahr 2021 habe in der Bioenergie gute Erträge gebracht. Die Lager der Bioenergie-Anlagen seien daher gut gefüllt. „Eine kurzfristige, zusätzliche Stromerzeugung kann damit ohne eine Erhöhung des Flächenbedarfs der Bioenergie erfolgen“, so Peter. Mit kleinen regulatorischen Anpassungen ließe sich die Stromerzeugung daher um rund 20 Prozent erhöhen. Als Leistung ausgedrückt, gehe es um einen Wert im Gigawattbereich, als elektrische Arbeit um 7 TWh Strom. Auch bei der Wasserkraft könne man Flexibilisierungspotenzial heben, „statt der kleinen Wasserkraft mit der EEG-Novelle den Garaus zu machen“, so Peter.

Darüber hinaus kritisiert der BEE die knappen Fristen für die Verbändebeteiligung.  „Leider erleben wir es in der letzten Zeit vermehrt, dass den Verbänden teilweise nur zwei Werktage Vorlauf gegeben wird. Eine detaillierte und fachlich fundierte Stellungnahme ist unter diesen Umständen nicht fristgerecht zu leisten“, sagt sie.

Unter dem aktuellen EEG gehen derzeit kaum noch neue Bioenergie-Anlagen ans Netz, wie die jüngste Statistik der Bundesnetzagentur zeigt.

02.06.2022 | Quelle: Hauptstadtbüro Bioenergie, BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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