EU-Solarstrategie: Hausaufgaben für Ampel-Deutschland

Photovoltaikanlage auf Wohngebäude - die Solardachinitiative ist ein Kernpunkt der EU Solar Energy StrategyFoto: Guido Bröer
Die Solardachinitiative ist ein Kernpunkt der neuen EU Solarstrategie.
Ende Mai hat die EU-Kommission die finale Fassung ihrer Solarstrategie (EU Solar Energy Strategy) als Antwort auf den Krieg in der Ukraine vorgelegt. Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen sollen sich demnach in allen EU-Mitgliedsländern innerhalb von 10 Jahren amortisieren. Die EU-Staaten dürfen die Mehrwertsteuer für Solarinvestitionen abschaffen. Innerhalb von 3 Monaten sollen Genehmigungen für Solarinstallationen auf Dächern und baulichen Anlagen erteilt werden. Dies sind nur einige der von der Kommission in der EU-Solarstrategie geforderten Maßnahmen zur Forcierung des Solarausbaus in Europa.

Auch für Deutschland ergibt sich daraus Nachbesserungsbedarf, der über den aktuellen Regierungsentwurf zur EEG-Novelle hinausgeht. Vor allem beim Abbau von Hemmnissen im Bereich Bürokratie und Wirtschaftlichkeit, beim Eigenverbrauch und gemeinschaftlichen Solarnutzungen gibt Brüssel der deutschen Bundesregierung weitere Hausaufgaben.

Solarstrategie der EU setzt höhere Ziele für PV und Solarthermie

Die neue Solarstrategie der EU-Kommission soll die in Europa installierte Photovoltaikleistung bis 2025 auf 320 Gigawatt gegenüber 2020 nahezu verdoppeln. Bis 2030 strebt sie 600 Gigawatt PV an. Die EU-Kommission verdoppelt damit bis 2025 ihre im Fit-for-55-Paket vor einem Jahr angekündigten Projektionen für die Photovoltaik. Die Kommission bezieht sich aber in der EU Solar Energy Strategy ausdrücklich auch auf die Solarthermie als schnell zu realisierende Technologie, die den Verbrauch von russischem Gas im Wärmebereich unmittelbar senken kann. Brüssel will den Anteil von Solarthermie und Geothermie an der Wärmeversorgung bis 2030 europaweit mindestens verdreifachen.

Parlament und Regierungen sind jetzt bei Solar Energy Strategy am Zug

Vor der am 18. Mai veröffentlichten finalen Fassung hat der Kommissionsvorschlag zur EU Solar Energy Strategy bereits den öffentlichen Konsultationsprozess durchlaufen. Nun müssen sich das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedsregierungen damit befassen. Bislang liegt das Papier nur in englischer Sprache vor. Die EU-Solarstrategie ist Teil des REPowerEU-Plans, der Europa von russischen Energielieferungen unabhängig machen soll. Die Strategie bezieht sich ausdrücklich auf Photovoltaik und Solarthermie. Einen hohen Stellenwert gibt die EU-Kommission dabei Initiativen zur Aus- und Fortbildung zur Behebung des Fachkräftemangels im Solarbereich sowie dem Bürokratieabbau. Die EU Solar Energy Strategy versteht sich auch als Initiative zum (Wieder-)Aufbau einer kompletten industriellen Wertschöpfungskette im Rahmen der European Solar PV Industry Alliance.

Nachbesserungsbedarf für EEG-Novelle

An einigen Stellen geht die EU-Kommission in ihrer Solarstrategie deutlich über die bisherigen Aktivitäten der deutschen Bundesregierung hinaus. Hier lohnt es sich aus deutscher Sicht genauer hinzuschauen.

Unter anderem sollen alle EU-Staaten laut EU-Kommission dafür sorgen, dass sich solare Dachanlagen verlässlich innerhalb von 10 Jahren amortisieren. Und zwar auch in Verbindung mit Speichern und Wärmepumpen. Die Solarlobby in Deutschland reklamiert aber aktuell, dass dies mit den in der aktuellen EEG-Novelle (Osterpaket) vorgesehenen Vergütungssätzen für Photovoltaik nicht möglich sei. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), sieht sich somit in seinem Eintreten für höhere Vergütungssätze durch Brüssel bestärkt: „Die Impulse der EU-Kommission sollte die deutsche Bundesregierung zügig aufnehmen. So fordert die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten auf, die Amortisationszeit von Solaranlagen mit einem attraktiven Förderrahmen auf unter 10 Jahre zu senken, wie zuvor bereits wiederholt vom BSW empfohlen. Die bisher im Gesetzentwurf des EEG 2023 vorgesehenen Vergütungssätze sollten deshalb umgehend entsprechend erhöht werden. Der Verweis auf die EU taugt ab sofort nicht mehr als Alibi für eine halbherzige Solarisierung!“

Mehrwertsteuer abschaffen für Solar?

Zum wiederholten Mal macht die Kommission in ihrer Solarstrategie auch auf die in den Finanzinstrumenten zum Green Deal geplante Möglichkeit aufmerksam, für Solaranlagen die Mehrwertsteuer nicht nur zu senken, sondern sogar ganz abzuschaffen. Deutsche Bundesregierungen sind bei der Nutzung dieses Instruments traditionell sehr zurückhaltend. Allerdings könnte es im Bereich der Solarthermieanlagen die Wirtschaftlichkeit unmittelbar verbessern. Und bei der Photovoltaik, wo sich auch etliche Kleinanlagenbetreiber:innen die Mehrwertsteuer als „Unternehmer:in“ erstatten lassen, würde es bürokratische Hürden abbauen.

Solarpflicht EU-weit

Aber die EU-Kommission will nicht mehr nur auf die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen setzen. Mit ihrer Solardach-Initiative innerhalb der Solar Energy Strategy kündigt sie europaweit verbindliche Solarpflichten an. Neue öffentliche und kommerziell genutzte Gebäude ab 250 Quadratmetern Nutzfläche sollen 2026 zur Solarnutzung auf dem Dach verpflichtet sein. Auch für bestehende Gebäude dieser Kategorie soll die Solarpflicht dann ein Jahr später greifen. Schließlich sollen bis 2029 alle neuen Wohngebäude obligatorisch eine Solaranlage haben.

EU will Recht auf Gemeinschafts-Solarstrom durchsetzen

Offenbar will die EU-Kommission auch nicht mehr tatenlos zusehen, wie die Mitgliedsstaaten – auch Deutschland – das bereits in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2018 angelegte Recht auf gemeinschaftliche Solarstromnutzung in Mietshäusern und Eigentumswohnungen de facto immer noch behindern. In ihrem Strategiepapier sichert die Kommission jetzt zu, sie werde „sicherstellen, dass ihre Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt werden, damit die Verbraucher in Mehrfamilienhäusern ihr Recht auf kollektiven Eigenverbrauch ohne unangemessene Kosten wirksam ausüben können“.

Eine „Energy Community“ pro Kommune

Auch sonst setzt die Kommission stark auf Gemeinschaftsinitiativen für die Sonne. Beispielsweise soll es in allen Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner:innen spätestens 2025 mindestens eine „Energy Community“ für erneuerbare Energien geben. In welcher Rechtsform – ob beispielsweise Energiegenossenschaft oder Stadtwerk – lässt Brüssel dabei offen.

3.6.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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