RED III: EU-Richtlinie fordert mehr erneuerbare Wärme

Zu sehen ist eine Solarthermie-Großanlage. Eine effiziente Weise erneuerbare Wärme zu gewinnen.Foto: Ritter XL Solar
Das Foto zeigt eine solarthermische Großanlage sowie eine Holzhackschnitzelanlage, die seit 2017 Wärme für die Solarsiedlung Hallerndorf liefert.
Nachdem das Europäische Parlament seine Position zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie am 14. September beschlossen hat, starten nun bald die Verhandlungen um die Richtlinie mit der Kommission und dem Rat. Dabei geht es auch den Ausbau der Wärme, der Deutschland einiges abverlangen wird. Für Diskussionsstoff könnte die Vorgabe in der Richtlinie sorgen, dass externen Wärmeerzeugern die Fernwärmenetze offen stehen sollen.

Die Ampelkoalition hat sich bereits ambitioniertere Ziele gesetzt, als sie Regierungen und Parlamente in früheren Jahren verfolgten. So sollen neue und sanierte Gebäude ab 2024 einen Anteil erneuerbarer Energien an der Wärme-Versorgung von 65 Prozent aufweisen. Die nun vom EU-Parlament beschlossene Position für die Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) sieht allerdings vor, dass im gesamten Gebäudesektor bis 2030 mindestens 49 Prozent der Endenergie aus erneuerbaren Quellen und unvermeidbarer Abwärme und -kälte stammen soll. Die EU-Richtlinie soll die Wärme-Versorgung neu regeln. Diese Vorgabe soll für jeden Mitgliedsstaat gelten. Und jedes Jahr soll der Anteil allein erneuerbarer Energien im Gebäudesektor um mindestens 2,3 Prozent steigen.

Erneuerbare Wärme in EU-Richtlinie: Deutschland vor Herausforderungen

Ob Deutschland dies allein mit den bislang vorgeschlagenen Maßnahmen schafft, ist sicherlich fraglich. Hinzu kommt noch, dass es für die Transformation der Wärmenetze hin zu erneuerbaren Energien relativ lange Übergangszeiträume von 10 bis 15 Jahren geben soll. Und an diesem Punkt gewinnt eine Forderung der neuen EU-Richtlinie an Relevanz: „Da die Bedeutung der Fernwärme- und -kälteversorgung gestiegen ist und diese Netze auf die Integration eines höheren Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen ausgerichtet werden müssen, sollten Vorschriften festgelegt werden, um den Zugang von Drittanbietern von Energie aus erneuerbaren Quellen und die Einspeisung von Abwärme und -kälte in Fernwärme- oder -kältesysteme mit einer Leistung von mehr als 25 MW sicherzustellen.“

Die Einspeisung von Wärme in Netze durch externe Erzeuger war auch in Deutschland in den vergangenen Jahren immer wieder mal ein Thema, das aber jeweils keine große Zustimmung fand. Und auch in einer Kurzstudie für das Umweltbundesamt, die im April 2022 erschienen ist, sehen die Autor:innen eher Nachteile in der Einspeisung durch Dritte. Sara Ortner und Martin Pehnt vom Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) sowie Susanne Ochse von der GEF Ingenieur AG kommen zu folgendem Fazit: „Nimmt man die langen Abstimmungsprozesse hinzu, die aufgrund des Drittzugangs zu erwarten sind, halten wir insgesamt den Drittzugang aufgrund des hohen regulatorischen Aufwands nicht für ein besonders erfolgversprechendes Politikinstrument zur Steigerung des erneuerbaren Energien-Anteils in Wärmenetzen.“

Solarwärme als günstige Energiequelle

Hingegen hatte sich der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) schon zum Jahresende 2021 für offenere Wärmenetze ausgesprochen, als sich die Preise für Gas und Öl bereits deutlich erhöhten. „Deutschlands Fernwärmenetz ist ein riesiger weißer Fleck auf der Landkarte der Energiewende“, bemängelte der BSW. Vor allem forderte der Verband mehr Impulse für die Solarthermie. Weniger als ein Prozent der Fernwärme stamme aus Solarkraftwerken, so der BSW. Und das, obwohl Solaranlagen im großtechnischen Maßstab bereits für unter fünf Cent je Kilowattstunde Wärme produzieren könnten. Um dieses Potenzial besser zu erschließen, solle es Marktprämien für solare Fernwärme geben. Dies allerdings wäre natürlich nur sinnvoll, wenn die Wärme auch Zugang zu den Netzen findet.

Die EU-Richtlinie könnte hier eine Tür aufstoßen. EU-Kommission und -Parlament wollen für die Fernwärme- und -kältenetze eine größere Bandbreite an erneuerbaren Quellen erschließen und Wärmespeicher besser integrieren. Daher sollen die Mitgliedsstaaten die Netzbetreiber dazu anhalten, ihre Netze für Drittanbieter zu öffnen. Entweder sollen sie ihnen Durchleitungsrechte gewähren oder die Wärme und Kälte abkaufen. Die Mitgliedsstaaten sollen dafür diskrimierungsfreie Kriterien festlegen.

EU-Richtlinie formuliert Kriterien für Dritteinspeisung in Wärme-Netze

Es finden sich aber auch Vorgaben in den Richtlinienentwürfen, wann der Zugang zu gestatten ist. So muss er technisch und wirtschaftlich realisierbar sein. Und es muss ein Bedarf für die Wärme vorhanden sein. Dies kann aus Sicht des Parlaments der Fall sein, wenn es neue Kunden und damit mehr Nachfrage gibt. Oder wenn die Netzbetreiber vorhandene Erzeugungskapazitäten ersetzen müssen. Oder wenn sie das Netz erweitern. Außerdem können die Mitgliedsstaaten definieren, wann ein Netzbetreiber den Zugang verweigern kann. Das wäre etwa der Fall, wenn das Netz wegen anderer Einspeisungen aus erneuerbaren Quellen nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt. Oder wenn die Wärme, die ein Dritter liefern möchte, nicht für einen sicheren Betrieb geeignet ist. Oder wenn der Netzbetreiber nachweisen kann, dass die Kosten für die Wärmeabnehmer zu stark steigen. Oder wenn das Netz schon ausreichend effizient ist.

Einige Auswege sind also wohl schon in der Richtlinie selbst eingebaut. Für die nationalen Gesetzgeber kann es allerdings eine Gelegenheit sein, die Einspeisung in Netze neu zu regeln. Einfach wird das nicht. Denn die meisten Netzbetreiber werden sich wohl wie bisher dagegen sträuben. Wie der AGFW, der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK, ausführt, habe die Wärme-Einspeisung ggf. nach allgemeinen kartellrechtlichen Regelungen schon vorher verlangt werden können, jedoch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen.

AGFW skeptisch

Das Bundeskartellamt sei in einer Sektoruntersuchung zur Fernwärme vor einigen Jahren davon ausgegangen, dass im Regelfall kein Anspruch auf Wärme-Einspeisung bestehe. „Denn wegen des geschlossenen Wärmekreislaufs muss die von einem Dritten eingespeiste Wärmemenge mit der vom Fernwärmeversorgungsunternehmen selbst erzeugten bzw. beschafften Wärmemenge austariert werden“, so der AGFW. „Außerdem kann das Fernwärmeversorgungsunternehmen überschüssige Wärmemenge nicht andernorts absetzen. Hinzu kommt, dass es bereits eigene Erzeugungskapazitäten aufgebaut hat oder langfristige Wärmebezugsverpflichtungen eingegangen ist.“

Gegenüber dieser schon einige Jahre alten Bewertung sieht sich die deutsche Regierung aber heute mit anderen Anforderungen konfrontiert. Denn die vorhandenen Erzeugungskapazitäten basieren häufig noch auf Öl und Gas. Sie sind laut der neuen EU-Richtlinie durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Ansonsten wird der geforderte Anteil an erneuerbaren Energien im Gebäudesektor bis 2030 wohl nicht zu erreichen sein. Und wenn dadurch der Markt in gewisser Weise neu zu sortieren ist, können sich auch neue Spielräume für die Regulierung öffnen.

23.9.2022 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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