Klimaschutzverträge: Grüne Deals mit der Industrie

Solarpark in der Umgebung einer Industrieanlage mit rauchenden Schloten.Foto: encierro / stock.adobe.com
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck will klimaneutrale Produktionsverfahren in der Industrie – unter anderem auf Wasserstoffbasis – durch Klimaschutzverträge fördern. Der Entwurf einer Förderrichtlinie liegt dazu jetzt vor.

Überschrieben ist der Entwurf mit „Richtlinie zur Förderung von klimaneutralen Produktionsverfahren in der Industrie durch Klimaschutzverträge“ oder kürzer: „Förderrichtlinie Klimaschutzverträge – FRL KSV“. Das darin auf 40 Seiten konkret beschriebene und für Deutschland völlig neue Förderinstrument bezeichnet der Fachjargon zumeist mit dem englischen Begriff Carbon Contracts for Difference (CCfD). Er beschreibt recht gut, worum es geht. Der Staat nimmt Industrieunternehmen das finanzielle Risiko einer Umstellung auf neue klimaschonendere In­du­strieverfahren weitgehend ab, indem er die Differenzkosten gegenüber den marktgängigen Verfahren zuschießt.

Ziel der Klimaschutzverträge: klimaneutrale Grundstoffindustrie

Bereits im Koalitionsvertrag hatte die Ampelregierung angekündigt, auf diese Weise die Wirtschaftlichkeitslücke neuer Verfahren für die Unternehmen schließen zu wollen. Den Anwendungsbereich sieht das Ministerium im Wesentlichen bei der energieintensiven Grundstoffindustrie, die von fossilen Energieträgern auf erneuerbaren Strom oder Wasserstoff umgestellt werden soll. Dass es um möglichst große Industriestandorte gehen soll, zeigt schon die Mindestmenge von 30.000 Tonnen jährlich eingesparter CO2-Äquivalente pro Fördervorhaben. Laut Richtlinienentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), der den Solarthemen vorliegt, sollen die geförderten neuen Produktionsverfahren gegenüber einem Referenzsystem perspektivisch 95 Prozent der Treibhausgase vermeiden können. Praktisch müssen sie ein Jahr nach Beginn der operativen Förderung immerhin 50 Prozent und nach zwei Jahren 60 Prozent der vertraglich zugesicherten Treibhausgase nachweislich einsparen. Insgesamt sollen Klimaschutzverträge über 15 Jahre laufen, genauer: bis zum Ende des 16. Kalenderjahres nach ihrem operativen Beginn.

Während dieser Zeit wird die Förderung jährlich neu ermittelt. Die Rechenverfahren dafür füllen 15 Seiten des technischen Anhangs zur Richtlinie. Grundlage ist ein Basis-Vertragspreis, gemessen in Euro pro eingesparter Tonne CO2, den das Ministerium in Ausschreibungen ermitteln lassen will. Daneben sollen die tatsächlichen Produktionsmengen des jeweiligen Grundstoffs und auch die aktuellen CO2-Preise sowie das Preisniveau der fossilen Energiemärkte in die jährlichen Überprüfungen einfließen.
Am Mittwoch (nach Redaktionsschluss) wollte das BMWK seinen ­Entwurf Branchenverbänden erläutern. Dann sollen die Stakeholder bis Weihnachten Zeit haben, um Stellungnahmen dazu abzugeben.

Kritik an blauem Wasserstoff

Für den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) benennt dessen Präsidentin Simone Peter schon jetzt gegenüber den Solarthemen einen wesentlichen Kritikpunkt: „Das neue Förderinstrument der Klimaschutzverträge mit der Industrie halten wir für gut, sofern es richtig ausgestaltet wird. Ein großes Problem ist allerdings die Förderung von sogenanntem blauem Wasserstoff, so wie sie im Richtlinienentwurf des BMWK jetzt vorgesehen ist. Blauer Wasserstoff wird aus fossilem Erdgas gewonnen, das man ja in der Industrie – auch mithilfe dieses neuen Förderinstruments – gerade ersetzen will. Er sollte deshalb aus dem Entwurf gestrichen werden. Nur eine Förderung von echtem grünem Wasserstoff macht klimapolitisch Sinn.“

15.12.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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