Ampelkoalition: Das kommt beim Klimaschutz auf Kommunen zu

Eine Wolkendecke, aus der die Spitzen von Windenergieanlagen etwas verschwommen herausragen. Im Hintergrund bewaldete Berghänge.Foto: fotoart-wallraf / stock.adobe.com
Die Ampelkoalition hat sich auf einige neue Vorhaben geeinigt, die auch für Kommunen eine hohe Relevanz haben. So soll es neue Planungsbeschleunigungen und Privilegierungen geben.

Die Vereinbarungen der Ampelkoalition, errungen in einem 30-stündigem Verhandlungsmarathon, bringen neue Impulse für den Ausbau erneuerbarer Energien. Das hat Auswirkungen auf die Arbeit der Kommunen. So will die Regierungsko­ali­tion die Planungs- und Genehmigungsverfahren u.a. für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien weiter beschleunigen. Dies soll, so die Ampel, einen zentralen Beitrag zur Modernisierung Deutsch­lands leisten. Das gilt für Autobahnvorhaben und neue Bahnlinien, aber auch für die Flächenbereitstellung für erneuerbare Energien.

Neue Privilegierung für Onshore-Wind

Für Onshore-Wind will die Ampelkoa­lition laut ihrer Vereinbarung kurzfristig zusätzliche Flächen mobilisieren und dafür die Kommunen verantwortlich machen. Zwar gilt seit dem 1. Februar das Wind-an-Land-Ge­setz, das die Bundesländer zu bestimmten Flächenanteilen für die Wind­ener­gie verpflichtet. Und in einigen Ländern ist hier die Landes- und ­Re­gi­­onalpla­nung maßgeblich. Doch die Ampelkoalition will die Voraussetzungen dafür scha­f­fen, dass Kommunen künftig Flächen für die Windenergie auch dann ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windflächen vorgesehen haben.

Stärkung der Kommunen durch Ampelkoalition

„Damit werden besonders dieje­ni­gen Kommunen gestärkt, in denen sich die Bürger:innen bewusst für den Aus­bau der Windenergie entscheiden. Das ist ein starkes Signal für Bürgerenergie und Akzeptanz vor Ort“, sagt dazu Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE).

Titelseite der Zeitschrift Energiekommune 4/2023

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 4/2023 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

Außerdem wollen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine neue flä­chen­spezifische Außenbereichsprivilegierung für die Windkraft einführen. Das soll vor allem dann greifen, wenn die Windenergieanlagen benachbarte Unternehmen direkt beliefern könnten. Ebenso soll das gelten für Windenergie zum Eigenverbrauch. Letztlich würde die geplante Regelung wohl darauf hinauslaufen, dass in und an Gewerbe- und Industriegebieten Windkraft­anlagen vereinfacht zu errichten sind. Es bleibt aber noch abzuwarten, wie die Regierung konkrete Gesetzesvorhaben formuliert.

Photovoltaik an Autobahnen privilegiert

Auch an Autobahnen und Schienenwegen soll es mehr erneuerbare Energien geben. Für die Photovoltaik hat der Bundestag bereits entsprechende Vereinfachungen beschlossen. So ist der Bau der PV-Anlagen in einem schmalen Streifen entlang von Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen privilegiert, wenn diese im Außenbereich liegen. Nun sollen an Bundesstraßen mehr Windkraftanlagen errichtet werden können. Offenbar haben die Grünen dem erweiterten Autobahnausbau zugestimmt, weil nun bei jedem Neubau für den Ausbau der erneuerbaren Energien gesorgt werden soll. „Beim Autobahnausbau werden bereits bei der Planung die Voraussetzungen für eine eigenwirtschaftliche Nutzung der Flächen zur Erzeugung erneuerbarer Energien geschaffen“, heißt es dazu in der Vereinbarung.

Dazu erklärt Marie-Luise Wolff, die Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Es ist richtig, jede verfügbare Fläche für den Ausbau der Erneuerbaren zu nutzen, auch die Flächen am Rand von Verkehrswegen. Der Kompromiss ‚Autobahnen mit Solaranlagen‘ erscheint aber wie ein Trostpflaster. Zum einen stehen entlang der jetzt schon sehr eng geplanten Trassen kaum genügend Flächen zur Verfügung, um einen spür­baren Effekt zu erreichen. Zum anderen bedeuten mehr Straßen auch immer mehr motorisierten Individualverkehr.“ Weitere Beschlüsse der Koalition richten sich allerdings auch auf den Ausbau der Infrastruktur für E-Fahrzeuge.

Beschleunigung der Genehmigungsverfahren

An Flächen entlang von bestehenden Autobahnen will die Koalition die Voraussetzung schaffen, um sie grundsätzlich für erneuerbare Energieerzeugung zu nutzen. Bisher gibt es hier einige Beschränkungen. Die Koalition will nun klarstellen, dass „im Rahmen der anbaurechtlichen Beurteilung die Belange der erneuerbaren Energien grundsätzlich überwiegen“. Weiterhin bleibt es aber je Anlage eine Einzelfallentscheidung.

Darüber hinaus plant die Ampelloalition, eine Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf den Weg zu bringen, um Industrie- und Windenergieanlagen an Land sowie Elektrolyseure für Wasserstoff verfahrensrechtlich zu be­schleu­nigen. Das will sie unter anderem durch feste Genehmigungsfristen erreichen.

Für viele Projekte sind Ausgleichs­flä­chen ein Thema. Diese sind häufig knapp und damit teuer. Die Koalition erklärt nun, das Umweltrecht ändern zu wollen. So sollen nicht mehr einzelne Projekte bzw. Genehmigungsverfahren isoliert zu betrachten sein. Sondern die Behörden und Vorhabenträger sollen Umwelt- und Naturschutzvorhaben vernetzt denken. Bislang können Eingriffe, die von einem Windrad oder eine PV-Freiflächenanlage ausgehen, entweder über eine direkte Realkompensation, wie etwa das Anpflan­zen einer Streuobstwiese, oder über Ersatzgeldzahlungen ausgeglichen wer­­den. In beiden Fällen erfolgt die Kompensation dann laut Ampelkoalition in Kommunen häufig spät und unsystematisch auf klein­teiligen und unzusammenhängenden Flächen. Jetzt wollen die Politiker:innen den Naturschutz auf großräumigeren Flächen ermöglichen und so zusammenhängende, auch länderübergreifende Biotopverbünde schaffen.

Großräumiger Naturschutz und Erneuerbare Energien

Die Ampelkoalition hat verabredet, eine zentrale Organisationseinheit im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums zu schaffen. Dabei soll sie mit teils bereits bestehenden Flächenagenturen der Länder kooperieren. „Dort, wo kommunale Zuständigkeiten oder Zuständigkeiten der Länder berührt wer­den, kann die Bundesinstitution mindestens beratend tätig werden“, heißt es im Klimakompromiss der Ampelkoalition.
„Entscheidend dabei wird sein, eine transparente Berechnung der Aus­gleichs­zahlungen gesetzlich festzule­gen“, erklärt Albers aus Sicht der Windbranche: „Dies muss bereits in der Planungsphase erfolgen, damit auch diese Maßnahme eine Beschleunigungswirkung entfalten kann.”

Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

Titelseite der Zeitschrift Energiekommune 4/2023

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 4/2023 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

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