Heizungsgesetz: Bundestag hört Sachverständige zum GEG

Hände mit Rohrzange und Heizungspumpe - Tausch alter HeiztechnikFoto: rupbilder /stock.adobe.com
Mit einer Anhörung zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist der Bundestag heute in die inhaltlichen Beratungen des sogenannten Heizungsgesetzes eingestiegen. Ohne bislang einen neuen Gesetzentwurf zu kennen, gaben die Expert:innen Ratschläge zur konkreten Ausgestaltung der sogenannten „Leitplanken”, auf die sich die Koalitionsspitzen in der vergangenen Woche verständigt hatten.

Gegenstand der Anhörung zum GEG war aufgrund der ungewöhnlichen Vorgeschichte nicht etwa ein fertiger Entwurf der Koalitionsregierung für das sogenannte Heizungsgesetz. Sondern es war eine Fassung, die in wesentlichen Teilen im Bundestag ausdrücklich noch geändert werden soll. Die Bundesregierung hatte dazu in der vergangenen Woche auf zwei Seiten sogenannte „Leitplanken der Ampel-Fraktionen zur weiteren Beratung des Gebäudeenergiegesetzes“ vorgelegt. Diese sind als Ausschussdrucksache 20(25) 397 offizieller Teil des parlamentarischen Verfahrens.

Bundestag plant weitere Anhörung zum GEG

Zumal diese unter den Koalitionsfraktionen abgestimmten Änderungsabsichten noch recht unscharf formuliert sind, legte sich der Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie in seiner heutigen Sitzung darauf fest, dass es noch vor der Sommerpause eine weitere Expert:innen-Anhörung zu dem bis dahin – voraussichtlich – neu gefassten Gesetzentwurf geben soll.

Eine der wesentlichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf wurde heute von fast allen geladenen Expert:innen begrüßt: Nur wo und erst nachdem es eine kommunale Wärmeplanung vor Ort gibt, sollen für Hausbesitzer jene Pflichten gelten, die sich im Falle eines Heizungstausches aus dem GEG ergeben. Das zunächst die Infrastrukturen angeschaut würden, bezeichnete Kerstin Andreae Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Versorgerverbandes BDEW als „fundamentalste Änderung, die notwendig ist“. Auch Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), lobte diesen Paradigmenwechsel. Die Koalition sei auf die Kritik an der mangelnden Verzahnung zwischen dem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und dem Heizungsgesetz eingegangen. Konkret heißt es dazu im Leitplankendokument: „Eine deutschlandweite kommunale Wärmeplanung streben wir bis spätestens 2028 an. Solange keine Kommunale Wärmeplanung vorliegt, gelten beim Heizungstausch die Regelungen des GEG noch nicht.“

Keine GEG-Pflicht ohne Kommunale Wärmeplanung

Die Logik hinter dieser klimapolitisch eher bedenklichen Verschiebung ist klar: Schließlich kann in sehr vielen Kommunen erst die kommunale Wärmeplanung klären, ob an der jeweiligen Adresse in absehbarere Zeit ein Wärmenetz zur Verfügung steht und ob dort überhaupt ein Gasnetz CO2-neutral (weiter)betrieben wird. Letzteres wäre die – von einigen Sachverständigen als unrealistisch eingeschätzte – Voraussetzung dafür, dass H2-ready-BHKW oder heute noch nicht verfügbare H2-Gaskessel klimaneutral eingesetzt werden könnten. Wo die kommunale Wärmeplanung kein Wärmenetz in Aussicht stellt, werden sich Hausbesitzer durch Umstieg auf eine elektrische Wärmepumpe beziehungsweise einen Biomassekessel weiterhin allein darum kümmern müssen, wie sie ihre Klimaneutralität bis spätestens 2045 erreichen.

Mutmaßen konnten die Expertinnen allerdings heute nur, was das alles für Hausbesitzer:innen in kleineren Kommunen bedeuten könnte. Denn zunächst hatten die Papiere aus dem Klimaschutzministerium von Robert Habeck ja lediglich ab einer Grenze von 10.000 Einwohnerinnen eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung vorgesehen. Für Liebing vom VKU ist deshalb klar: „Auch die Menschen in den kleineren Kommunen wollen ja wissen, wohin die Reise geht.“ Insofern sei es eigentlich eine logische Konsequenz, dass die kommunale Wärmeplanung durch die angekündigte Verknüpfung mit den GEG-Vorschriften überall verpflichtend eingeführt werden müsse. Jedoch müsse für kleinere Kommunen dafür ein vereinfachtes, stark standardisiertes Verfahren gelten.

Heizungsgesetz setzt auf Biomasse-Freunde im Bundestag?

Großen Raum in der zweistündigen Anhörung nahmen auch Fragen zum Schlagwort Technologieoffenheit ein. Mit dem Leitplanken-Kompromiss der vergangenen Woche verabschiedet sich die Koalition von der dualen Ausrichtung des GEG – einerseits auf Wärmepumpen, andererseits auf Wärmenetze. Insbesondere die Biomasse wollen die Koalitionäre im Bundestag per Heizungsgesetz jetzt voll rehabilitieren. Eine der Leitplanken lautet: „Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65 %-Vorgabe ausnahmslos. Beim Einsatz von Holz und Pellets sind Fehlanreize zu vermeiden.“

Letzteres heißt für Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass die Förderung für Biomasseheizungen verringert und eingestellt werden sollte. Ersteres sieht sie als Sündenfall an: Mit ihrem neuen technologieoffenen Ansatz für das GEG befinde sich die Bundesregierung in direktem Gegensatz zu ihrer eigenen Biomassestrategie.

Erweiterte Erfüllungsoptionen für das Heizungsgesetz

Im Gegensatz zu Metz als einziger Vertreterin eines Umweltverbandes lobten alle anwesenden Branchenvertreterinnen diese Öffnung der 65-Prozent-Pflicht gegenüber der Biomasse. Für den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) argumentierte Sandra Rostek, gerade der notwendige Waldumbau werde in den kommenden Jahren Brennstoffpotenziale freisetzen. Auch werde die Vorgabe, aus Klimaschutzgründen mehr mit Holz zu bauen, dazu führen, dass beispielsweise mehr Sägespäne für Pellets zur Verfügung stünden. Im übrigen strebe auch der BEE in seinen Strategiepapieren keine Vervielfachung des Biomasseeinsatzes an. Lediglich eine Zunahme des biogenen Wärmeanteils von heute etwa 90 Terawattstunden (TWh) auf künftig 120 TWh sei geplant.

Für den von der AfD als sachverständig eingeladenen Helmut Waniczek sind das offenbar alles abwegige Diskussionen. Er pries dagegen das französische Modell als Vorbild für Deutschland. Dank atomstrombetriebenen Direktheizungen, zu denen natürlich auch Heizlüfter zählten, habe Frankreich „die Wärmewende längst hinter sich“.

Angesichts der noch recht unscharfen Formulierungen im Koalitionskompromiss darf man gespannt sein, wie sich die konkreten Paragrafen des GEG im Laufe des Gesetzgebungsverfahren weiter entwickeln werden. Der Ausschussvorsitzende Klaus Ernst von der Fraktion Die Linke sieht darin auch einen Ansporn für den geladenen Expert:innenkreis: Da am Gesetz nun im Parlament noch so intensiv gearbeitet werde, würden diese in den kommenden Wochen feststellen, dass ihre Vorschläge wahrscheinlich in ungewöhnlichem Umfang in die Gesetzgebung einfließen würden.

21.6.2023 | Autor: Guido Bröer
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