Internet-Player mischen Photovoltaik-Handwerk auf

Handwerker montiert Photovoltaik-Module auf einem Schrägdach.Foto: Anatoliy Gleb / stock.adobe.com
Photovoltaikanlagen verkaufen sich spätestens seit 2022 wieder wie ge­schni­t­ten Brot. Parallel zum erstark­ten PV-Geschäft haben sich neue Player im Markt etablie­ren kön­nen, die für die Realisierung ihrer Geschäftsideen dreistellige Mil­­lionen­beträge einsammeln. Doch es gibt auch weiterhin das Handwerk, das den Onlinehändlern die Stirn bietet.

Enpal ist eines der Unternehmen, die derzeit gestützt auf ein Internet-Portal hohe Verkaufszahlen mit Photovol­taik­ erzielen. 2017 habe das Unternehmen mit wenigen Partnerbetrieben zusammen klein angefangen, berichtet Wolfang Gründinger, ein Unternehmenssprecher. Doch Enpal expandiert stark. Dafür hat es viel Geld von Investoren eingesammelt. Allein im Juni waren das 430 Millionen Euro. Damit spielt es in einer ähnlichen Liga wie weitere PV-Vertriebs- und Installationsunternehmen. 1Komma5Grad konnte im Juni ebenfalls 430 Millionen Euro frisches Kapital gewinnen. Im April waren es 200 und zuvor schon 100 Millionen Euro. Und auch die Energiekonzepte Deutschland GmbH (EKD) sicherte sich im Januar einen dreistelligen Millionenbetrag, um ihr Wachstum zu finzieren.

Digitaler Photovoltaik-Verkauf

Auf etwa 30 Prozent schätzt Sarah Müller, CCO bei Zolar, den Anteil digitaler Anbieter am PV-Markt. Als Beschleuniger der Entwicklung hat offenbar die Corona-Pandemie gewirkt. Vor ihr habe der Marktanteil der PV-Unternehmen, die vor allem über Internetseiten in Kombination mit Onlinetools Anlagen verkaufen oder vermieten, noch im einstelligen Prozent­be­- reich gelegen.

Gründinger bestätigt, der Onlineverkauf ohne Besuch von Kund:innen habe erst mit der Pandemie so richtig funktioniert: „Die Videokonferenz wurde damit zur neuen Normalität.”

Offenbar hat sich damit die Attraktivität für Investoren erhöht, wie die hohen Kapitalzuflüsse zeigen. Der Trend zum stark onlinegestützten Verkauf wurde aber schon vorher eingeleitet. Zolar startete wie Enpal 2017 mit dem Verkauf und nutzte dafür einen Onlinekonfigurator.

DZ-4: Mehr Komplexität erfordert individuelle Auslegung

Als Pionier gilt die DZ-4 GmbH. Sie begann 2012 mit der Vermietung von PV-Anlagen; der Kauf von Anlagen ist ebenfalls möglich. Auch bei DZ-4 würden PV-Anlagen „schon mal” online bestellt, erklärt Geschäftsführer Hans-Martin Rüter: „Anders als noch vor 15 Jahren sind unsere Kund:innen meist umfassend vorinformiert.” Doch wegen der zunehmenden Komplexität durch Einbezug von Speicher, Wallbox, Wärmepumpe oder auch Strommanagementsystemen wünschen sich Käu­fer:innen nach Aussage von Rüter nun wieder meist eine individuelle Auslegung. Und die sei besser durch eine persönliche Beratung vor Ort zu gewährleisten.

Die Lichtblick SE befasst sich als Stromversorger neben dem Kerngeschäft auch mit dem Verkauf von PV-Anlagen. Das Unternehmen sieht dabei in reinen Internetangeboten, die mit Videokonferenzen unterstützt werden, nicht den besten Weg. Der Verkaufsprozess lasse sich nicht ausschließlich online abwickeln, sagt Ata Mohajer von Lichtblick: „Das möchten wir auch gar nicht.” Eine persönliche Beratung biete die Möglichkeit, „weitere, tiefergehende Fragen und Unsicherheiten zu lösen, die mit einem rein onlinebasierten Prozess nicht abbildbar sind“.

Enerix: Bedeutung der Vor-Ort-Beratung

Nach Eindruck vom Franchiseunternehmen Enerix zeichnet sich 2023 gegenüber dem Vorjahr, in dem es einen sehr starken Anstieg gegeben habe, eine rückläufige Onlinenachfrage ab. „Konnten Onlineanbieter 2022 noch zahlreiche Anlagen über das Internet bzw. über Videotermine verkaufen, so geraten diese Anbieter in 2023 wieder ins Hintertreffen”, meint Enerix-Pressespecher Lucas Flügel. Kund:innen seien es bei der Vergabe handwerklicher Aufträge gewohnt, dass Anbieter möglichst aus der Region kommen.

Für Onlinedienstleister spricht aus Sicht von Svea Solar dahingegen, dass diese in der Regel schneller agieren und ihre Preise transparent kommunizieren können. Der Preisvergleich sei leichter. Svea Solar verstehe sich selbst aber nicht als reinen Onlinedienstleister, erklärt das Unternehmen gegenüber den Solarthemen. Vor jedem Vertragsabschluss prüfe ein:e Mitarbeiter:in die Gegebenheiten vor Ort. Svea Solar ist seit 2020 in Deutschland tätig. 2014 wurde es in Schweden gegründet und ist nach Unternehmensangaben schon 2016 zum größten PV-Installateur Schwedens avanciert. Dies ist aber wohl auch auf den Bau von großen PV-Freiflächenanlagen zurückzuführen. Beim Einstieg in den deutschen Markt gewann Svea Solar Investoren in dreistelliger Millionenhöhe.

Konkurrent oder Partner für das Photovoltaik-Handwerk?

Für lokal und regional tätige Handwerker:innen sind die kapitalstarken PV-Vertriebsfirmen eine relativ neue, große Konkurrenz. Der Bekanntheitsgrad von Unternehmen wie Enpal, das über Internetanzeigen sowie Radio- und Fernsehspots, aber auch Hauswurfsendungen eine hohe – teure – Werbepräsenz zeigt, ist hoch. Diese PV-Unternehmen entwickeln sich, obwohl sie keine eigenen Hardware-Komponenten produzieren, zu einer Marke. Deren Wert ist eng verknüpft mit dem Vertrauen, das Kund:innen den Firmen entgegenbringen. Neben den Vertriebskonzepten sind dafür die eigentlichen Handwerksleistungen und deren Qualitätskontrolle ent­­schei­dend.

Während Unternehmen wie DZ-4 und Zolar auf die Kooperation mit dem Handwerk setzen, gibt es etwa bei Wegatech, Svea Solar und Enpal teils eigene Teams, teils Handwerkskooperationen. Ein leistungsfähiges Fachkräftenetzwerk sei der wichtigste Baustein, um die steigende Nachfrage decken zu können, betont Mohajer von Lichtblick: „Um das sicherzustellen, haben wir im April das Energie-Start-up Installion übernommen – mit 160 Mitarbeiter:innen und zwölf Montage-Hubs bundesweit.” Enpal beschäftige rund 1.000 eigene Handwerker:innen, sagt Gründinger. Hinzu kämen noch die kooperierenden Hand­werksunternehmen.

Das Grundmodell für die Kooperation ist bei den Onlinevertrieblern meist ähnlich. Sie übernehmen Vertrieb, Logistik und Rechnungsstellung. Der regional tätige Handwerksbetrieb kümmert sich allein um die Installation. Er verzichtet auf die Erlösmarge aus dem Verkauf, kann aber auch das finanzielle Risiko reduzieren. Teils nutzen Handwerksbetriebe die Kooperation auch, um zu expandieren und weitere Installationsteams aufzubauen. Einen Teil der Aufträge gewinnen sie selbst und wickeln sie vollständig ab, einen anderen Teil steuern hier die Onlinevertriebsfirmen bei.

PV-Handwerk hat die Wahl

Die Handwerksbetriebe haben inzwischen die Wahl, mit wem sie zusammenarbeiten wollen. Denn einige der Online-PV-Vertriebler setzen auf starke Expansion und sind somit auf immer mehr gut qualifizierte Fachhandwerker:innen angewiesen.

Rund 1.000 Menschen arbeiten für die BSH-Gruppe. Diese sind nicht unbedingt Angestellte der BSH GmbH & Co. KG, sondern gehören auch zu einer Reihe von handwerklichen Partnerbetrieben. BSH-Geschäftsführer Rainer Bösch ist es wichtig, dass die Grundlage des Solarunternehmens das Handwerk ist. Mit seinem Betrieb habe er im Laufe der Jahre Höhen und Tiefen erlebt. „Wir sind immer wieder aufgestanden“, sagt Bötsch. Für ihn sei es früh eine Frage gewesen, wie der Verkauf und die Installation von PV-Anlagen besser hochzuskalieren sei. Neben seinem Sinn für den Verkauf setzt der BSH-Gründer auf gute Organisation und Logistik. So bekämen die beteiligten Handwerksbetriebe alles, was sie brauchen, pünktlich am Morgen in einem Transporter zur Baustelle geliefert. Sollte der Handwerker auch aktiv verkaufen, erläutert Bötsch, so erhalte er zusätzlich eine Verkaufsprovision ebenso wie die freien Handelsvertreter.

Investoren im Boot

Der Aufbau der Organisation und die Investition in die Logistik kosten aber auch bei einem Betrieb wie BSH Geld. Dafür hat Bötsch Investoren gewinnen können. Der größte ist Senec, eine Tochter der EnBW. Und Bötsch ist auch überzeugt von deren Produkten. Er sieht einen Unterschied zu den relativ neuen Solar-Start-ups. BSH habe mit Senec zwar auch einen Partner, sei aber nicht so ausgerichtet auf das Ansammeln von Kapital in dreistelliger Millionenhöhe.

Neben einer guten Qualität ist der Preis für PV-Anlagen ein wichtiges Verkaufsargument. Und dieser unterscheidet sich bei den Anbietern. Während Lichtblick für eine 10 Kilowatt starke PV-Anlage mit einem Speicher vom 10 Kilowattstunden Kapazität einen Preis von 27.500 Euro aufruft, sind es bei Enpal 26.930 Euro, bei Wegatech mindestens 24.000 und bei Zolar sowie Svea Solar etwa 22.000 Euro. Ohne Speicher liegen die Preise bei Zolar bei 16.223 Euro, bei Wegatech bei mindestens 14.000 Euro und bei Svea Solar etwa bei 13.000 Euro.

Die Preisangaben stammen auf Nachfrage der Solarthemen von den Unternehmen und gelten bei einfachen Installationsbedingungen. Für Kund:innen ist aber auch relevant, welche Zahlungsfristen gelten. Einzelne Anbieter verlangen erste Zahlungen schon bei Vertragsabschluss, andere wollen den ersten Cent erst nach Inbetriebnahme der Anlage sehen.

Kaufen oder mieten?

Einige Unternehmen wie DZ-4, Enpal und Svea Solar bieten Anlagen zur Miete. Die Laufzeit liegt bei DZ-4 bei 25 Jahren, bei den anderen bei 20 Jahren. Eingeschlossen sind in der Regel Wartung, Garantien und Versicherungen. Für Kund:innen kommt es auch hier auf die Details und das Kleingedruckte an. Der Preis für die 10-kW-Anlage mit Speicher beträgt bei Svea Solar 210 Euro und bei Enpal 231 Euro im Monat (in den ersten zwei Jahren 216 Euro). Ohne Speicher rechnet Svea Solar mit 120 Euro.

Hochgerechnet auf 20 Jahre summieren sich die Mietpreise deutlich. So kommen etwa bei Enpal für die Anlage mit Speicher 55.080 Euro zusammen – mehr als doppelt so viel wie beim direkten Kauf. Die Finanzierungskosten spielen aber auch eine Rolle. Soll etwa eine solche Anlage mit dem KfW-Programm Erneuerbare Energien über 20 Jahre mit einem festen Zinssatz finanziert werden, so kommt man hier bei einer mittleren Bo­nität/Si­cherheit auf einen Gesamtaufwand von etwas über 47.000 Euro. Beim Mietmodell durch den Anbieter sind allerdings ein Austausch von defekten Geräten und erweiterte Garantien enthalten.

25.7.2023 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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