Wärmeplanungsgesetz: Kommentare aus der Erneuerbare-Energien-Branche

Stapel von Fernwärme-Leitungen - Symbolbild für Kommunale Wärmeplanung und das WärmeplanungsgesetzFoto: artmans / stock.adobe.com
Leitungsstücke für Fernwärmenetz (Archivbild). Der Ausbau von Wärmenetzen ist Kern des Wärmeplanungsgesetzes.
Der Deutsche Bundestag hat am Freitag das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz) verabschiedet. In der Erneuerbare-Energien-Branche stößt das Gesetz weitgehend auf Zustimmung.

Das Wärmeplanungsgesetz (WPG) soll gemeinsam mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Neben der Wärmeplanung regelt das Gesetz auch Anforderungen an den Einsatz von Erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme in Wärmenetzen. Bis zum Jahr 2030 müssen Wärmenetze zu einem Anteil von 30 Prozent und bis 2040 zu einem Anteil von 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. Neue Wärmenetze müssen bereits ab dem 1. März 2025 einen Anteil von 65 Prozent aufweisen. Wie Kommentare der Erneuerbare-Energien-Verbände zeigen, wird von dem Wärmeplanungsgesetz eine starke Wirkung auf die Wärmewende erwartet. Im Oktober war das Gesetz in den Bundestag eingebracht worden, wie der Solarserver berichtete.

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, sieht einen Vorteil in der zeitlichen Streckung der Anforderungen: „Dafür gibt es Zeit, kleine Gemeinden können sich bis Mitte 2028 dazu Gedanken machen“, so Geywitz. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, betont die Klarheit und Planungssicherheit. Zudem ermögliche das Gesetz, jeweils die diejenige erneuerbare Energie zu nutzen, die für den konkreten Ort wirtschaftlich und effizient sei. Details zu den im Bundestag erfolgten Änderungen und weitere Hintergründe gibt es in diesem S+ Artikel.

Wärmeplanungsgesetz in Kürze

• Länder müssen dafür sorgen, dass Kommunen Wärmepläne erstellen: bis zum 30.06.2026 für Großstädte und bis zum 30.06.2028 für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern.
• Bereits aufgrund Landesrechts erstellte haben Bestandsschutz; für andere Wärmepläne gilt Bestandsschutz, wenn die dem Wärmeplan zu Grunde liegende Planung mit den Anforderungen des Wärmeplanungsgesetzes im Wesentlichen vergleichbar ist.
• Die Wärmeplanung ist technologieoffen. Die Akteure vor Ort ermitteln und entscheiden über die wirtschaftlichste und effizienteste Wärmeversorgungsart. Dies kann eine leitungsgebundene Versorgung mittels Wärmenetz oder mit klimaneutralen Gasen oder eine dezentrale Wärmeversorgung, beispielsweise mittels Wärmepumpe, sein.
• Das Wärmeplanungsgesetz und das Gebäudeenergiegesetz sind aufeinander abgestimmt. Dazu zählt auch die Möglichkeit, die 65 Prozent-Vorgabe für Bestandsgebäude im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes zeitlich vorzuziehen, wenn die zuständige Stelle dies entscheidet.
• Ergänzend zum Wärmeplanungsgesetz erfolgen Änderungen des Baugesetzbuchs, die die bauplanungsrechtliche Umsetzung der Wärmeplanung unterstützen, sowie eine Anpassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

BEE und BDEW begrüßen „überragendes öffentliches Interesse und Anhebung von Biomasse-Deckel

Sehr ähnlich lesen sich in großen Teilen die Kommentare des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) und Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zum Wärmeplanungsgesetz. BEE-Präsidentin Simone Peter und Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßen das Gesetz als wichtigen Baustein zur Wärmewende. Beide loben, dass das Gesetz der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wärme aus Erneuerbaren Energien ein überragendes öffentliches Interesse einräumt. „Das wird die Planung und den Bau von Wärmeanlagen und -netzen deutlich erleichtern und sendet ein wichtiges Zeichen an die Branche“, so Peter. Laut Andreae ist der Aus- und Umbau der notwendigen Netzinfrastrukturen die größte der bevorstehenden Aufgaben.

Beide Verbände begrüßen auch die Anhebung des Biomasse-Deckels. Für den BEE war diese eine zentrale Forderung: „Dass der Deckel erst für Wärmenetze ab einer Länge von 50 Kilometern gilt, stellt eine deutliche Verbesserung dar“, so Peter. Die zunächst vorgesehene Begrenzung auf 20 Kilometer für den Einsatz nachhaltiger Biomasse hätte aus ihrer Sicht die Nutzung lokaler, nachhaltiger und dauerhaft verfügbarer Biomassepotenziale an geeigneten Standorten verhindert.

Es gibt aber auch einige Unterschiede. Im Gegensatz zum BEE lobt der BDEW auch die Lockerung bei der Wärme aus der Abfallverbrennung in Bezug auf die genutzten Reststoffe gelockert. Das sei ein sinnvoller Schritt, um das maximale Wärmepotenzial aus der thermischen Abfallbehandlung zu heben.

Der BEE fordert, dass die Kommunen bei den Wärmepläne nun Tempo machen, damit nicht doch noch neue fossile Heizungen eingebaut würden. Andreae vom BDEW betont, dass hierfür eine enge Abstimmung mit den regionalen Netzbetreibern wichtig sei, um Planung und Umsetzung zu verzahnen.

Hauptstadtbüro Bioenergie: „Zeichen pro Bioenergie“

Im Hauptstadtbüro Bioenergie sieht man sowohl das Wärmeplanungsgesetz als auch die damit verbundene Änderung des Baugesetzbuches als „klares Zeichen pro Bioenergie“. Neben den Wärmenetzen mit weniger als 50 km Trassenlänge seien auch Bestandsnetze von der Begrenzung für Bioenergie ausgenommen. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert: „Zwar sind ordnungsrechtliche Begrenzung des Biomasseeinsatzes grundsätzlich nicht sinnvoll, doch ist von der Regelung nun de facto nur ein kleiner Teil der Wärmenetze überhaupt betroffen.“ Die Bioenergie-Verbände begrüßen zudem, dass sich Biogasanlagen nun laut Baugesetzbuch leichter für eine gemeinsame Gasaufbereitung sowie den Einsatz von Reststoffen zusammenfassen lassen. Wieso diese Regelung nur bis 2028 gelten soll, sei allerdings nicht nachvollziehbar.

Das „Hauptstadtbüro Bioenergie“ ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundesverbands Bioenergie (BBE), des Deutschen Bauernverbands (DBV), des Fachverbands Biogas (FvB) und des Fachverbands Holzenergie (FVH).

BUND: zu viel Bioenergie und Wasserstoff

Gar kein Fan der Bioenergie ist hingegen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Antje von Broock, Geschäftsführerin des BUND, kritisiert, dass das Wärmeplanungsgesetz zu viel Spielraum für „ineffiziente, teure und nicht nachhaltige Heizungsarten“ bleibe. In kleinen Wärmenetzen unbegrenzt Biomasse einsetzen zu können, sei ein „schwerwiegender Fehler. Auch vor „teuren und ineffizienten Wasserstoffheizungen“ wolle der BUND die Menschen „bewahren“. Wo bereits „ersichtlich“ sei, dass weder Wärmenetze noch Wasserstoffleitungen eine geeignete Lösung seien, solle man den Kommunen eine verkürzte Wärmeplanung erlauben.

BDH: zu starke Festlegung auf Wärmenetze

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) befürchtet hingegen, das Wärmeplanungsgesetz werde das Modernisierungstempo bremsen, da Heizungsbesitzer mit der Modernisierung auf einen möglichen Anschluss an ein Wärmenetz warten könnten. Grundsätzlich sieht der Verband, dessen Mitglieder vom Verkauf von dezentralen Heizungen leben, den Fokus auf Wärmenetze kritisch. Zunehmende Anschluss- und Benutzungszwänge könnten den freien Wettbewerb „zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher“ verzerren.

20.11.2023 | Quelle: BMWK, BEE, BDEW, BUND, Hauptstadtbüro Bioenergie, BDH | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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