Erster Masterplan Geothermie für Nordrhein-Westfalen

Vibro-Truck zur Erkundung von Gesteinsschichten, u.a. in der GeothermieFoto: DMT
Die Vibro-Trucks senden Schallwellen in den Untergrund, um ihn zu erkunden. Sie sind jetzt immer häufiger für Geothermieprojekte im Einsatz.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat einen Masterplan Geothermie vorgelegt. Ziel ist es, spätestens im Jahr 2045 bis zu 20 Prozent der gesamten Wärmeversorgung im Land mittels Erdwärme zu decken. Der Masterplan beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen, darunter auch Förderung sowie eine Absicherung des Fündigkeitsrisikos.

Mona Neubaur, die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, stellte das Programm heute Nachmittag vor. „Mit dem Masterplan Geothermie NRW legen wir als erstes Bundesland eine umfassende Strategie vor, um das enorme Potenzial der Erdwärme zügig und sicher zu erschließen.“

„Auf solch ein wegweisendes Positionspapier hat das Land seit Jahren gewartet“, sprach Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW, für den Masterplan ein frühes Lob aus. „Ohne eine massive Steigerung bei der Erdwärmenutzung ist eine klimaneutrale Wärmeversorgung nicht zu erreichen.“

Masterplan Geothermie mit mehreren Maßnahmen

Dabei richtet sich der Blick des Landes im Masterplan Geothermie erstens auf die oberflächennahe sowie zweitens auf die mittlere und die tiefe Geothermie. Bei der oberflächennahem Geothermie umfasst die Strategie fünf Punkte:
1. Stärkung und Unterstützung der Aus­, Weiter­ und Fortbildung
2. Abfederung der höheren Investitions­kosten bei erdgekoppelten Wärmepumpen
3. Einfacher Datenzugang und verbesserte Datensätze
4. Stärkung von Wissen über die Technologie und die Potenziale
5. Mehr Einheitlichkeit in den Genehmigungsverfahren und Beschleunigung der Verfahren

Dieser Teil des Masterplans richtet sich vor allem an Gebäudeeigentümer. Sie sollen oberflächennahe Geothermie in Kombination mit Wärmepumpen nutzen. Sie arbeiten effizienter als Luft-Wasser-Wärmepumpen und haben über Jahrzehnte hinweg geringere Betriebskosten. Aber die Investitionskosten sind deutlich höher. Über diese Hürde will das Land hinweghelfen. Dazu tragen mehr verfügbare Informationen bei, die über das Geothermie-Portal des Landes abrufbar sind. Arbeiten will das Land noch an einer Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.

Fördermittel für oberflächennahe Geothermie

Verfügbar sind jetzt schon Fördermittel im Rahmen des Programms progres.nrw. Sie sollen einen Teil der Mehrkosten gegenüber einer Luft-Wasser-Wärmepumpe auffangen. Dafür gibt es Zuschüsse. Bei Erwärmesonden sind es entweder 5 Euro (Neubau) oder 10 Euro (Bestand) je Bohrmeter. Für Erdwärmekollektoren stehen 3 oder 6 Euro je Quadratmeter zur Verfügung. Und bei Brunnenbohrungen liegt die Förderung bei 1 Euro pro Liter und Stunde. Je Gebäude und Standort ist die Förderung auf maximal 100.000 Euro begrenzt. In Kombination mit der Bundesförderung für effziente Gebäude (BEG) ist eine Gesamtförderquote von bis zu 60 Prozent möglich.

Bis 2045 will die Landesregierung mit der oberflächennahen Geothermie – je nach Szenario – 15 bis 21 Terawattstunden (TWh) Wärme gewinnen. Das macht beim Gesamtpotenzial im Masterplan Geothermie den größten Anteil aus. Die Wärmebereitstellung aus der mitteltiefen Geothermie soll sich bis 2045 auf 3,2 bis 4,1 TWh und im Bereich der tiefen Geothermie auf 5,8 bis 8,0 TWh steigern.

Absicherung von Risiken für mittlere und tiefe Geothermie-Projekte

Für größere Unternehmen und vor allem für Kommunen ist die Strategie im Masterplan Geothermie interessant, mit der das Land die mittleren und tiefen Potenziale erschließen möchte. Ein wichtiges Element ist dabei die Absicherung des Fündigkeitsrisikos. Zum Beispiel für Stadtwerke, die Geothermie in die Fernwärme einbinden wollen, ist dieses Risiko nur schwer zu schultern. Denn die Bohrungen sind teuer. Stoßen sie auf ein ausreichendes Wärmereservoir, das sich fördern lässt, ist alles Bestens. Die Bohrung lässt sich über den Wärmeverkauf refinanzieren. Doch läuft die Bohrung ins Leere, so bleibt nur ein Millionendefizit bei einem solchen Projekt.

Hier setzt die Absicherung des Fündigkeitsrisikos an. Das Land NRW will die Bohrungen bezuschussen. Und sollte die tatsächliche Wärmeleistung bei maximal 60 Prozent der Prognose liegen, so muss ein Antragsteller den Zuschuss nicht zurückzahlen. Allerdings ist zu beachten, dass der Zuschuss bei höchstens 45 Prozent liegt. Ein Stadtwerk oder Unternehmen muss also 55 Prozent weiterhin selbst übernehmen. Daher ist zu erwarten, dass viele abwarten werden, was aus dem von der KfW Bank im März angekündigten Bundesprogramm wird, das eine Absicherung von bis zu 90 Prozent verspricht.

Absicherung des Bundes angekündigt

Auch der LEE NRW weist auf die für Kommunen, Stadtwerke und private Unternehmen wichtige Absicherung des Fündigkeitsrisikos hin. „Wie der Bundesverband Geothermie halten auch wir für solche Vorhaben eine Risikoabdeckung bis zu 90 Prozent beispielsweise durch eine Versicherungslösung für notwendig, um dieses zentrale Investitionshemmnis aus dem Weg zu räumen“, betont Vogel.

Jedenfalls adressiert das Land mit seinem Masterplan Geothermie bereits dieses Thema. Offenbar will es mit dem begrenzten Zuschuss auch dem europäischen Beihilferecht entsprechen. Außerdem erklärt Neubaur, das Land wolle sich für ein bundesweites Absicherungsinstrument für hydrothermale Geothermieprojekte beim Bund und Berücksichtigung einer Kombinierbarkeit von Landes- und Bundesinstrument einsetzen. Tatsächlich wäre ein Zuschuss von 45 Prozent sehr attraktiv, wenn das Fündigkeitsrisiko höher abzusichern wäre.

Das Land will mit seinem Masterplan aber auch an weiteren Stellschrauben ansetzen. So sollen mit einem eigenen Exlorations- und Bohrprogramm die Datengrundlagen verbessert werden. Das soll potenziellen Projekten helfen, die Potenziale und Risiken in unterschiedlichen Regionen besser einzuschätzen.

Förderprogramm für Studien und seismische Messungen

Außerdem kündigt das Land ein neues Förderprogramm an, mit dem es die vorbereitenden Arbeiten bezuschussen möchte. Das richtet sich auf Vorstudien, Machbarkeitsstudien und seismische Messungen. Die Förderquoten liegen hier für die Studien bei mindestens 60 Prozent und für die seismischen Messungen bei 50 Prozent. Allerdings ist der Zuschuss für eine Vorstudie auf 25.000 Euro begrenzt – und dies reicht nicht unbedingt aus. Auch für Machbarkeitsstudien sind die maximalen Zuschussbeträge knapp bemessen.

Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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