Wasserkraft und Biogas: Technologien zu wenig geschätzt

Foto zeigt Backstein-Gebäude, das über einem Fließgewässer errichtet ist - ein Wasserkraftwerk.Foto: PEE BW
Wasserkraftwerk bei Reutlingen
Das verlässliche und flexible Potenzial von Wasserkraft und Biogas für die Energiewende werde zu wenig gewürdigt, findet die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) und fordert bessere Konditionen.

Sonne und Wind seien bundesweit in Bezug auf die Strommenge die Hauptpfeiler der Energiewende räumt die Organisation in ihrer Pressemitteilung ein. Die Erzeugung aus Windrädern und Photovoltaikanlagen schwankt jedoch, je nachdem, wie viel Wind weht und wieviel Sonne scheint. „Daher braucht es auch erneuerbare Energien, die verlässlich Ökostrom liefern“, sagt Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der PEE BW. „Zu ihnen gehören die Wasserkraft und Biogas. Sie liefern konstant klimafreundliche Energie – Biogasanlagen können sogar so betrieben werden, dass sie dem Bedarf flexibel angepasst werden“, so Scheurer. Bei Biogasanlagen komme noch die Erzeugung von Wärme als Pluspunkt hinzu.

Beispiel Baden-Württemberg: Beitrag von Biogas und Wasserkraft ist signifikant

Laut PEE BW sind in Baden-Württemberg zurzeit Wasserkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 887 MW installiert. Davon verteilen sich 180 MW auf rund 1.700 kleine Wasserkraftanlagen. Die Leistung der Biogasanlagen beziffert der Verband mit 650 MW, verteilt auf 1.000 Anlagen.

Den Anteil von Biogas und Wasserkraft am Bruttostromverbrauch in Baden-Württemberg lag 2022 laut PEE BW bei 10,5 Prozent. Neuere Zahlen gebe es für das Bundesland noch nicht. Windenergie und Solarstrom kamen in dieser Zeit zusammen auf 16,2 Prozent. Das ist deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt, denn Windenergie gibt es in Baden-Württemberg nicht sehr viel.

Umso mehr lohne es sich, auf Biogas und Wasserkraft zu setzen, erklärt PEE BW und nennt für jede Technologie Anwendungsbeispiel. Im Reutlinger Stadtteil Altenburg am Neckar liegt das Wasserkraftwerk Altenburg, Baujahr 1927. Die maximale Leistung beträgt 920 kW, die jährliche Stromerzeugung 5,1 GWh. Der PE BWW betont in diesem Zusammenhang die hohe Verfügbarkeit. Anlagen in der Größenordnung des Wasserkraftwerks Altenburg kämen auf bis zu 6.000 Vollaststunden im Jahr. Das übertreffe selbst die Betriebsdauer großer thermischer Produktionsanlagen, wie zum Beispiel Kohlekraftwerke. Für Windenergieanlagen nennt PE BWW einen Vergleichswert von 2.000 Volllaststunden.

Als Beispiel für Biogas stellt der PE BWW eine Anlage bei Kusterdingen vor, die vor allem Rindergülle, Maissilage und Grassilage nutzt. Drei Blockheizkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 950 kW liefern Strom und Wärme. Die ersten beiden BHKW erzeugen dabei jeweils konstant 200 kW. Eines davon steht direkt neben der Biogasanlage, das andere 4 km entfernt in einem Hotel. Es ist über eine Gasleitung angebunden. So lassen sich sowohl Strom als auch Wärme im Hotel direkt nutzen. Das dritte BHKW steht wiederum an der Biogas-Anlage und reagiert flexibel auf die Nachfrage am Strommarkt.

Flexibilitätsbonus für Biogas anheben, Wasserkraft ausbauen

Die Politik müsse die Biogas und Wasserkraft entsprechend ihrer Vorteile fördern, fordert Jürgen Scheurer von der PEE BW. Für Biogas-Anlagen würde das bedeuten, den Flexibilitätszuschlag zu erhöhen, um gestiegene Zinsen und Inflation auszugleichen. Mindestens 120 Euro pro kW seien nötig, so Scheurer. Auch die Gebotshöchstwerte und Vergütungssätze müssten steigen, um höhere Investitions- und Betriebskosten auszugleichen.

Auch bei der Wasserkraft fordert der PEE BW, das volle Potenzial zu erschließen. Dieses beziffert der Verband mit einer möglichen Leistung von 7,1 GW und einer jährlichen Stromerzeugung von 28 TWh. Laut AGEE Stat lag die bundesweit installierte Leistung der Wasserkraft Ende 2022 bei gut 5,6 GW. Die typische Erzeugung liege um 20 TWh, je nach Niederschlägen. Wie stark sich die Leistung der Wasserkraft ausbauen lässt, hängt auch von der Naturverträglichkeit der Anlagen ab. Der PEE BW fordert, die Anlagen neu zu bewerten und dabei auch positive Beiträge für die Gewässerökologie einzubeziehen.

Das Ausbau der Wasserkraft ist in Deutschland begrenzt, aber viele Fachleute halten ein gewisses Wachstum für möglich, wie auch Berichte auf dem Solarserver zeigen.

Quelle: PEE BW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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