Surfen mit Biogas aus Gülle und Mist

Ein mehrstöckiges Hotel im Hintergrund. Vorne steht die Wärmezentrale eines BHKWs.Foto: Oliver Ristau
Autark mit Biogas: das Hotel im Hintergrund will sich vollständig mit Wärme und Strom aus einer 500 kW-Biogasanlage versorgen.
Autark dank Biogas: im belgischen Arlon setzt ein Hotel zur Strom- und Wärmeversorgung ausschließlich auf Biogas aus Abfällen. Das funktioniert, weil Belgien den Eigenverbrauch mit grünen Zertifikaten fördert.

Gülle und Mist statt Nordseestrand. Ein Hotel im belgischen Arlon will eine stehende Welle konstruieren, die Strom aus Biogas antreibt. So könnten Wellenreiter künftig auch fern der See auf das Surfbrett steigen. Konkret geht es um die niederländische Van der Falk-Gruppe und den neu geplanten Spa- und Fitnessbereich ihres Hotels in der Hauptstadt der belgischen Provinz Luxemburg. Eine eigene Biogasanlage produziert kontinuierlich Strom und Wärme und schickt die Medien über zwei unterirdische Kabel in Richtung Hotel. Die Gesamtanlage ist so ausgelegt, Hotel und Gäste autark zu versorgen.

Konzipiert vom deutschen Unternehmen Ökobit steht dafür ein 500 Kilowatt (kW) starkes Blockheizkraftwerk vom Münsterländer Hersteller 2G bereit. Als Back-Up für die Wärme in Spitzenzeiten und bei Wartungen sind drei Gasboiler installiert. Außerdem hat das Haus die Möglichkeit, auf Strom aus dem Netz zuzugreifen.

Die Rohstoffe stammen aus der Region. Es sind zu 85 Prozent Mist und Gülle. Der Rest sind Maissilage und Agrarreste. Die Van der Falk-Gruppe will so bei gut situierten Gästen mit Nachhaltigkeit punkten. Aber auch wirtschaftlich ergibt das Investment in die autarke Bioenergielösung Sinn.

Förderung von Biogas-Eigenverbrauch

Zum einen, weil der Strom in Belgien teuer ist. Zum anderen, weil die Regionen Wallonie und Flandern den Eigenverbrauch fördern. In Deutschland gibt es für Biogas keine vergleichbare Option. In der Wallonie – wozu das französischsprachige Arlon zählt – funktioniert das über grüne Zertifikate.

Wie genau, haben die Solarthemen bei der wallonischen Bioenergie-Organisation Valbiom erfragt. Abhängig von bestimmten Rahmenbedingungen schüttet die Wallonie die grünen Zertifikate an alle Produzenten erneuerbarer Energien aus. Jedes Papier hat einen Wert von 6,5 Cent. Produzenten von Biogas-Strom erhalten – sofern sie bestimmte Auflagen erfüllen – bis zu 2,5 Zertifikate pro Kilowattstunde (kWh) Elektrizität. In die Zuteilung fließt eine detaillierte Renditeberechnung ein. Voraussetzung ist wie bei Van der Falk, die Wärme einzusetzen. Eine Mindestquote für die Wärmeauskopplung gibt es bisher nicht, ist aber für die Zukunft in der Diskussion. Ganz wichtig: Die Förderung gibt es unabhängig davon, ob die Betreiber den Strom selbst verbrauchen oder einspeisen.

Die Zertifikate können Betreiber handeln oder einer Behörde der Region andienen. Im Falle der Einspeisung setzen Betreiber über Vermarkter den Strom zum Marktpreis ab. Außerdem gibt die Wallonie Investitionskostenzuschüsse. Etwas unterschiedlich sind die grünen Zertifikate in der zweiten Großregion Belgiens konzipiert, in Flandern. Dort gibt es sowohl grüne Zertifikate für den Strom als auch Papiere, die die grüne Wärme monetarisieren.

Die Regionen wollen mit ihren Förderungen vor allem das Potenzial von Wirtschaftsdüngern heben. Dadurch ließe sich die Biogaserzeugung in Belgien laut EU auf 600 Millionen Kubikmeter bis 2030 verdoppeln. Der Anbieter Bioelectric ist auf diesen Markt mit Mikro-Anlagen zwischen 11 und 74 kW spezialisiert. Das Unternehmen aus der Nähe von Antwerpen hat in Belgien bisher rund 100 solcher Anlagen realisiert, vor allem bei Betrieben der Milchwirtschaft von 60 bis 300 Tieren. Das ist nominal rund die Hälfte des im gesamten Land installierten Biogas-Anlagenbestandes. Und es gibt weitere Nachfrage.

 „Das Prinzip ist, dass die Landwirte 100 Prozent Gülle und Mist einsetzen können“, sagt Unternehmensvertreterin Sigrid Farvaque. Und zwar vor allem, um den Eigenverbrauch zu sichern. Der Rest werde eingespeist und von den Netzbetreibern vergütet. Für einen typischen Betrieb mit 120 Kühen und einer 22 kW-Anlage liege der Eigenverbrauchsanteil bei 45 Prozent, rechnet sie vor. Die Investition geht auf: je nach Anlagengröße verspricht Bioelectric eine Amortisation innerhalb von drei bis sieben Jahren.

Autor: Oliver Ristau © Solarthemen Media GmbH

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