Energieminister der EU-Staaten wollen Geothermie stärken

Ein Mann an Rednerpult vor Logo der Europäischen Union - Ungarns Energieminister Csaba Lantos.Foto: Europäische Union
Ungarns Energieminister Csaba Lantos legte im Rahmen der ungarischen Ratspräsidentschaft einen Fokus auf die Geothermie.
Die Konferenz der europäischen Energieminister tagte gestern zum ersten Mal in der neuen Legislatur. Der gefasste Beschluss ist ein deutliches Votum für den schnellen Ausbau der Geothermie.

Die Energieministerkonferenz der EU gehört genau genommen zum Rat „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ (TTE). Neben den Energieministern der Mitgliedsstaaten kommen dabei auch die zuständigen Mitglieder der Europäischen Kommission zusammen. Wenn man die Schlussfolgerungen des Energierates aus seiner Sitzung im Dezember liest, könnte man meinen, ein Durchbruch der Tiefen Geothermie stünde kurz bevor. Einstimmig votierten die Mitglieder für eine Reihe von Maßnahmen, die auch Branchenverbände schon lange fordern. Sie reichen von einem schnelleren Zugang zu den geologischen Informationen über schnellere Genehmigungen bis zur Absicherung der Fündigkeitsrisiken.

Schwerpunkt der ersten Sitzung des Energierats während der neuen EU-Legislatur war das weitgehend unerschlossene Potenzial der Geothermie. Futter zum Auftakt lieferte ein Bericht der Internationalen Energieagentur IEA, vorgestellt vom Exekutivdirektor Fatih Birol. Als steuerbare Energiequelle könnte Geothermie vor allem der Ergänzung der fluktuierenden Energiequellen Wind und Sonne dienen. Auch Nieder- und Mitteltemperatur-Wärme für Gebäude und Industrie könnten in den Tiefen der Erde gewonnen werden. Um das Potenzial zu erschließen, müssten vor allem die Kosten sinken. Die „Geothermie der nächsten Generation“ könnte bis 2050 sogar bis zu 15 Prozent des weltweiten Anstiegs der Stromnachfrage decken, so der Bericht.

Europäische Geothermie-Allianz

Die von den Mitgliedern einstimmig angenommenen Schlussfolgerungen (Conclusions) des Energierats beziehen sich hingegen vor allem auf die anstehenden praktischen Probleme. Sie enthalten sowohl Ersuchen an die EU-Kommission als auch Aufforderungen an die Mitgliedsstaaten. „Ziel der heutigen Schlussfolgerungen ist es, diese nachhaltige Energiequelle zu fördern, die uns helfen kann, einen reibungslosen Übergang zu einem CO2-freien Europa zu gewährleisten, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und unsere Energiesouveränität zu sichern“, sagte Csaba Lantos, ungarischer Minister für Energie. Ungarn hat noch bis zum Jahresende die Präsidentschaft im Rat.

Laut den Schlussfolgerungen sollen Kommission und Mitgliedsstaaten gemeinsam eine Europäische Geothermie-Allianz einrichten, um Entscheidungsträger und Stakeholder zusammenzubringen und Erfahrungen auszutauschen. In den weiteren Punkten folgt der Energierat mit einigen Abschwächungen weitgehend dem, was sowohl der IEA-Bericht als auch Fachverbände aus der Branche schon länger fordern.

EU-weite Absicherung für Geothermie

Die EU-Kommission soll laut den Schlussfolgerungen zum Beispiel einen europäischen Aktionsplan für Geothermie erarbeiten. Der erste vorgeschlagene Inhalt für diesen sind Garantieregelungen, um die hohen Investitionen bei Geothermie-Projekten abzusichern. Zudem soll die Kommission Leitlinien vorgeben, um Genehmigungen zu vereinfachen und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel zu ergreifen. Daten über die Beschaffenheit des Untergrunds sollen leichter verfügbar und zugänglich werden. Wo Potenzial vorhanden ist, soll auch die Stromerzeugung aus Geothermie gefördert werden.

Die Kommission ist angehalten, den Ersuchen des Energierates nachzukommen, aber sie ist nicht dazu verpflichtet.

Auch an die Mitgliedsstaaten formuliert der Energierat eine Reihe von Aufforderungen. Inhaltlich adressieren sie dieselben Punkte. Der Unterschied: Die Staaten können im Gegensatz zur EU-Kommission nicht nur Leitlinien vorgeben, sondern unmittelbar handeln – wenn sie denn wollen. Für diesen Willen spricht die Einstimmigkeit der Schlussfolgerungen. In einigen Punkten fordern diese allerdings Maßnahmen lediglich zu „erwägen“.

Die Vorschläge des Rates beinhalten unter anderem schnellere Genehmigungsverfahren, das Einbeziehen von Geothermie in Bauvorschriften, Regelungen für die Finanzierung und Risikogarantien sowie die Anschlussnutzung von vorhandenen Bohrlöchern. Zudem sollen die Staaten die nötigen geowissenschaftlichen Informationen leichter verfügbar machen, Fachkräfte ausbilden und gemeinsam eine Wertschöpfungskette aufbauen.

Fachkräftemangel ist Top Thema in Deutschland

Für Deutschland nahm Staatssekretär Phillipp Nimmermann vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) an dem Treffen teil. Laut BMWK sind vor allem die Lösungsansätze zur Bekämpfung des Fachkräfte- und Bohrgerätmangels für Deutschland wichtig. Zu Letzterem finden sich in den Schlussfolgerungen allerdings nur recht allgemeine Hinweise zum Stärken der Wertschöpfungskette.

Schnell vorankommen könnte Deutschland hingegen mit der Beschleunigung von Genehmigungen – wenn das Geothermiebeschleunigungsgesetz nicht in der Nach-Ampel-Warteschleife hängen würde.

Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit im EU-Fokus für 2025

Weiteres Thema war der Aufbau einer „echten Energieunion“. Das BMWK spricht von einem „richtungsweisendes Stimmungsbild“ zum Auftakt der neuen EU-Legislatur. Staatssekretär Nimmermann sieht dabei nach dem Green Deal nun vor allem die Senkung der Strompreise im Fokus. Dabei sollen ein schneller Ausbau der Erneuerbaren, mehr nachfrageseitige Flexibilitäten und ein europaweiter Netzausbau helfen. Um mehr Flexibilität zu erschließen, müssten Abgaben und Umlagen sinken, vor allem in Zeiten niedrigere Strompreise. „Auch hier brauchen wir mehr Flexibilität im EU-Rahmen“, so Nimmermann.

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen der EU-Aktionsplan für Stromnetze, die Versorgungssicherheit im kommenden Winter und weiteren aktuellen energiepolitischen Themen. Im Januar 2025 wird Polen die Ratspräsidentschaft übernehmen. Unter dem Motto „Security, Europe!“ soll dann der Schwerpunkt auf Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit von Russland liegen.

Autorin: Eva Augsten | © Solarthemen Media GmbH

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