Wohin geht es mit dem Gebäudeenergiegesetz?

Für Simone Peter, die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), ist gut am Koalitionsvertrag, dass an den Klimazielen festgehalten werde. Das führe allerdings auch zu der Regierungsaufgabe, die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und sich von Erdöl und -gas zu lösen. Dies sei durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz der Ampelkoalition auf den Weg gebracht worden. Daher habe die Aussage im Koalitionsvertrag, die neue Koalition wolle das Heizungsgesetz abschaffen, viele alarmiert. Ein solcher Satz schaffe Unsicherheit.
Bitte Klarheit beim Gebäudeenergiegesetz!
Klarheit und Planungssicherheit seien nun aus Sicht des BEE allerdings die wesentlichen Vorgaben für eine GEG-Novelle, so Peter. Sie berichtet von einem großen Treffen vieler Verbände aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz und der Energiewirtschaft. Diese wollten sich mit einem gemeinsamen Positionspapier demnächst an die neue Koalition wenden. Und der breite Konsens bestehe in der Forderung nach Kontinuität und Planungssicherheit.
Als positiv wertet Peter auch die Aussage im Koalitionsvertrag, dass die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) fortgesetzt und die Bundesförderung für effiziente Wärmenetz aufgestockt werden solle. „Das ist bitter nötig“, so die BEE-Vertreterin. Problematisch sei aber die Verunsicherung beim Gebäudeenergiegesetz. So habe die Union angekündigt, das Gesetz technologieoffener zu machen. Technologieoffen sei es aber schon, so Peter. Und nun dürfe es nicht sein, dass fossile Energien als Erfüllungsoption wieder in das Gesetz einflössen. In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass der Abbau fossiler Heizungen auch derzeit schon nicht schnell genug voranschreite.
Fehlinvestitionen möglich
Peter warnt vor Fehlinvestitionen. Die Hauseigentümer:innen könnten sich nicht darauf verlassen, dass Wasserstoff oder Biomethan als Ersatzbrennstoff kämen. Wasserstoff und Biomethan seien zwar wichtig für die Energiewende, sie würden aber in anderen Sektoren benötigt. Daher sei es auch nicht hilfreich, den Menschen zu versprechen, dass das Gasnetz bleibe.
Für Professor Matthias Kalkuhl vom Postdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sind besonders die Folgeschäden des Klimawandels ein Thema. Er konstatiert, die derzeitigen Klimaziele – und damit auch die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung – seien ambitioniert. Und es erscheine schwer, sie zu erreichen. Dies berge leicht die Gefahr, dass sie infrage gestellt würden. Doch die Kosten des Nichts-Tuns seien für das globale Wirtschaftssystem wesentlich höher. So sei die Umweltschutzagentur der USA zu dem Ergebnis gekommen, dass bei konservativen Annahmen jede Tonne Kohlendioxid zu Kosten von 200 Euro führe.
Erfolgsfaktoren für die Wärmewende
Das PIK befasst sich aber auch mit Erfolgsfaktoren für die Wärmewende. Um Akzeptanz zu schaffen und zu erhalten, sei es wichtig, den Akteuren Flexibilität zu ermöglichen und Entscheidungsspielräume zu eröffnen. Jede Regelung sollte bürokratiearm und einfach sein. Finanzielle Härtefälle seien zu vermeiden. Und es sei auch wichtig, Personengruppen mit nicht so guter Bonität einen Zugang zu zinsgünstigen Krediten zu verschaffen.
Das Parlament habe mehrere Optionen, um die Wärmewende anzureizen. Alle seien mit Vor- und Nachteilen versehen. So habe ein rein wirtschaftlicher Anreiz über den CO2-Preis den Nachteil von Verteilungsproblemen, etwa der Kostenbelastung von Mieter:innen durch fossile Heizungen, auf die sie keinen Einfluss hätten. Diese Probleme seien beim Gegenmodell einer gesetzlichen Regulierung geringer bzw. besser steuerbar. Andererseits sei diese weniger flexibel und werde als kompliziert wahrgenommen. Die dritte Option eines vor allem auf Förderung basierenden Systems erfordere hohe Subventionsraten, führe zu Effizienzverlusten und möglichen Überkompensationen.
Neuer Vorschlag: vorgelagerte CO2-Bepreisung
Als Alternative nennt Kalkuhl eine vorgelagerte CO2-Bepreisung, die auf den Verkaufspreis von Heizungen aufgeschlagen würde. Bei einem CO2-Preis von 200 Euro je Tonne führe dies zum Beispiel bei einer Gasheizung zu einer Investitionsabgabe von 12.000 Euro. Das sei ein starker Anreiz, auf andere Technologien auszuweichen. Die Runde bei den Berliner Energietagen befasste sich jedoch nicht mit der Frage, ob eine solche Abgabe vielleicht direkt auf eine hohe Ablehnung in der Bevölkerung stoßen würde. Allerdings wäre eine solche Abgabe die Konsequenz aus der Forderung, die Wärmewende möglichst auf den CO2-Preis umzustellen und gleichzeitig das Verteilungsproblem bzw. das Vermieter-Mieter-Dilemma zu lösen.
Gebäudeenergiegesetz braucht Kontinuität
Aus Sicht von Unternehmen, die im Wärmesektor tätig sind, ist vor allem Kontinuität wichtig. Bei der Berliner Runde waren Alexander Sladek und Jörg Dürr-Pucher dabei. Sladek ist Geschäftsführer der Energiewerke Schönau, die nicht nur im Stromvertrieb tätig sind, sondern auch Wärmenetze betreiben. Dürr-Pucher vertritt die Clean Energy GmbH, die Wärmenetze initiiert und projektiert.
Dürr-Pucher weist darauf hin, dass für den Prozess von der ersten Idee bis zum Aufbau von Wärmenetzen einige Jahre erforderlich seien. Das brauche auch politische Stabilität. Es sei den Menschen in den Dörfern schwer vermittelbar, wenn sich immer wieder die Förderbedingungen änderten und im Prozess dann deshalb die Projekte verändert werden müssten. Für ihn ist ein zentraler Punkt: “Lasst die Förderbedingungen für eine längere Weile, wie sie sind – zumindest für laufende Projekte.”
Auch Sladek betont die Bedeutung der Kontinuität sowohl bei den Gesetzen als auch bei der Förderung. Und er vermisst eine klare Zielformulierung im Gesetz, die schneller zum Umbau der Wärmeversorgung führe. So sei für ihn der Betriff der Technologieoffenheit im politischen Raum einer, bei dem er sich die Haare raufe. “Den benutze ich, wenn ich nicht möchte, dass sich was ändert”, so der Unternehmer.
Schwierigkeiten bei der Wärmewende
Dürr-Pucher und Sladek benennen zudem weitere Schwierigkeiten bei der Wärmewende. Das sind einerseits der Fachkräftemangel. Es sei für viele Kommunen, die jetzt eine kommunale Wärmeplanung erstellt hätten, schwierig, einen Wärme- oder Klimamanager zu finden, der sich anschließend um die Wärmewende vor Ort kümmern könne, so Dürr-Pucher. Ein weiteres Problem sei der Zugang zu Fremdkapital für Wärmenetze, weil die Banken die Netze selbst nicht als Sicherheit akzeptierten. Hier wäre ein Bürgschaftsprogramm sinnvoll. Und hilfreich sei auch eine Grüngasquote, die möglichst sofort greifen sollte. Im jetzigen Gebäudeenergiegesetz sei diese erst für spätere Jahre vorgesehen. Dies ist dann aber wohl kein jetzt spürbares Entscheidungskriterium bei der Wahl der Heizung.
Es gibt also eine Reihe von Anregungen und Wünschen in der Wärmebranche an die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes. Doch im Vordergrund steht die Forderung nach Klarheit und Kontinuität. Kalkuhl erklärt, unterstützt von Kopfnicken der anderen in der Runde, es wäre sehr hilfreich, bei der Wärmewende zu einem überparteilichen Konsens zu kommen, um die Gesetzgebung nicht immer wieder neu zu verhandeln und so für Unsicherheit bei den Betroffenen zu sorgen.
Autor: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH