BePart: Beteiligungsverfahren bremsen Energiewende nicht aus

„Die Beteiligung von Gemeinden sowie von Bürgerinnen und Bürgern wird zu einem zentralen Element in der Umsetzung der Energiewende. Sie gilt einerseits als Schlüssel für einen konfliktarmen Ausbau der Erneuerbaren, andererseits wird sie aber auch als potenzieller Bremsklotz für eine zügige Realisierung wahrgenommen. Wir wollten wissen, was Beteiligung wirklich für Auswirkungen auf das Tempo und die Akzeptanz von Energiewende-Projekten hat“, sagt Projektleiterin Franziska Mey vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit.
Das Ergebnis:
Wenn Beteiligungsverfahren qualitativ hochwertig und an die lokalen Bedingungen angepasst sind, können sie Konflikte minimieren, die Akzeptanz erhöhen und Impulse für die regionale Wirtschaft setzen. Damit leisten sie einen Beitrag für den schnellen Ausbau vor Ort.
“Wir haben auch Bürgerenergieprojekte untersucht, die Mitbestimmung und finanzielle Beteiligung als integralen Bestandteil der Planung und Umsetzung von Projekten berücksichtigen. Regionale Besonderheiten werden hier berücksichtigt und ermöglichen damit wirtschaftlichen Mehrwert für die Region”, erklärt Katharina Habersbrunner, Vorständin BBEn.
Behördliche Prozesse verantwortlich für Verzögerungen
Dabei zeigten sich je nach Technologie jedoch auch Unterschiede:
Bei Windenergie an Land und Photovoltaik-Freiflächenanlagen hatten Beteiligungsmaßnahmen keinen nennenswerten Einfluss auf die Projektlaufzeit. Verzögerungen entstanden in fast der Hälfte der Fälle durch behördliche Genehmigungsverfahren und Planungsprozesse, während die Beteiligungsmaßnahmen selbst nur eine geringe Rolle spielten. Nur in wenigen Fällen führten Mitspracherechte, beispielsweise bei Projektanpassungen, zu Verzögerungen.
Beim Netzausbau hingegen bremste Beteiligung bisweilen den Fortschritt. Die Forschenden führen das auf die höhere Komplexität der Planungs- und Genehmigungsprozesse und die größere Anzahl von Akteur:innen zurück. Beteiligung lohne sich dennoch, weil sie das Vertrauen in eine gerechte Umsetzung der Energiewende fördere.
Finanzielle Beteiligung steht im Zusammenhang mit Konflikten
Die Forschenden wiesen auch einen Zusammenhang zwischen Beteiligungsmaßnahmen und Konflikten nach. Die Auswertung der Umfragedaten und Interviews zeigte, dass in vielen Fällen vorhandene Konflikte den Impuls gaben, mehr Menschen – auch finanziell – zu beteiligen.
Als zentrale Strategie setzten die Projektverantwortlichen vor allem im Übertragungsnetzausbau bei Konflikten auf intensive Kommunikationsmaßnahmen. Sie boten Informations- und Dialogveranstaltungen an und setzten bei verhärteten Konflikten auch Mediationsverfahren ein. Die Forschenden empfehlen, diese Ansätze künftig stärker durch eine gezielte lokale Wertschöpfung, etwa durch lokale Auftragsvergabe oder finanzielle Bürgerbeteiligung, zu ergänzen.
In knapp der Hälfte der Wind- und PV-Freiflächen-Projekte fließen bereits Mittel direkt an die Kommunen. Manche Bundesländer, wie Brandenburg, schreiben dies verpflichtend vor. Diese Zahlungen wirken jedoch nicht automatisch konfliktmindernd, wie die Forschenden feststellten. Vielmehr komme es auf regionale Dynamiken an. Kooperationsbereitschaft, Skepsis gegenüber Veränderungen und die Anfälligkeit für Falschinformationen spielten eine größere Rolle als die finanzielle Beteiligung der Kommune.
In einigen Regionen mit bereits stark ausgebauter Windenenergie zeige sich bereits erste Sättigungseffekte in der Bevölkerung. Interviewpartner:innen schlossen aus, dass Beteiligungsmaßnahmen hieran etwas ändern könnten. Sie berichteten zudem von zunehmenden Polarisierungen in kommunalen Entscheidungsgremien, die den Ausbau erschwerten.
Standards und Siegel für gute Beteiligungspraxis können helfen
Was könnte bei einer Beteiligung verbessert werden?
Für die weitere Umsetzung der Energiewende empfehlen die Forschenden, beim Projektmanagement gezielter zu kommunizieren und auch engagierte Bürger:innen vor Ort als Mittler:innen einzusetzen. Sie könnten eine wichtige Brückenfunktion zwischen den Projektträger:innen und der lokalen Bevölkerung einnehmen. Bei der Wahl der Beteiligungsformen sollten Projektierer:innen und Kommunen Konfliktdynamiken vor Ort berücksichtigen. Beteiligungsmaßnahmen müssten an die Situation angepasst werden. Wenn die Fronten bereits verhärtet sind, brauche es professionell moderierte Veranstaltungen und manchmal auch aufwändigere Mediationsverfahren. Dafür müssten die Landesregierungen Ressourcen bereitstellen, weil gerade kleinere Kommunen diese meist nicht hätten.
Was zeichnet eine gelungene Beteiligung aus?
Die Analysen machten auch deutlich, dass eine gelungene Beteiligung in abgeschlossenen Projekten auf den Erfolg der heutigen Energiewende einen positiven Einfluss hat. Die Forschenden sehen das als Anreiz, wenn nötig auch gesetzliche Vorgaben für die Beteiligung zu machen – die allerdings lokal angepasst Lösungen nicht verhindern dürften. Einige Landkreise, darunter Steinfurt (NRW), und das Land Thüringen haben bereits Standards und Siegel für gute Beteiligungspraxis eingeführt. Dies könne anderen als Vorbild dienen.
Über das Projekt BePart:
BePart ist das erste Forschungsprojekt, das verschiedene Formen der Beteiligung an Energieprojekten nicht nur qualitativ, sondern auch mit Hilfe quantitativer Daten statistisch auswertet. Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen, welche Rolle Beteiligung bei der Bewältigung der Herausforderungen der Energiewende und im Hinblick auf lokale Bedürfnisse spielt. Diese sollen gezielt in den Dialog mit Politik und Praxis eingebracht werden, um künftige Energieprojekte informierter zu gestalten und regionale Entwicklungspotenziale besser zu erschließen.
Gefördert wird BePart im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms im Teilbereich „Energiewende und Gesellschaft“ und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert (Förderkennzeichen: 03EI5242A).
Über das Bündnis Bürgerenergie:
Das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) e.V. setzt sich für die dezentrale Energiewende in Bürgerhand ein. Mit rund 350 Mitgliedern vereint es über 500.000 Energiebürger:innen aus ganz Deutschland, die sich einzeln als Privatpersonen oder gemeinschaftlich als Genossenschaftsmitglieder oder als Mitglieder in Organisationen für eine Stärkung der Energiewende in Bürgerhand engagieren. Diese Menschen eint die Überzeugung, dass die Energiewende nur mit breiter Verankerung der Bürgerenergie erfolgreich fortgeführt werden kann.
Quelle: Bündnis Bürgerenergie e.V. | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH