Wie Erneuerbare die Energiewelt erobern: Analyse zu 2024/2025
Foto: Guido BröerDer globale Siegeszug der Erneuerbaren Energien, der mit dem EEG 2000 begann, setzt sich auch 2025 mit hoher Geschwindigkeit fort. Bereits 2024 entfielen über 90 Prozent der weltweiten Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten auf Erneuerbare Energien. Der Zubau von 585 Gigawatt (GW) im Vorjahr entsprach einem Anteil von 92,5 Prozent am gesamten Kapazitätsausbau. Und damit einer jährlichen Rekordwachstumsrate von 15,1 Prozent, wie ein Bericht der Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) vom März 2025 zeigt.
Die Eckdaten zu den einzelnen Technologien des Zubaus in 2024 nach IRENA
- Solarenergie:
Die Photovoltaik erhöhte sich im Vorjahr um 451,9 GW. Allein China steuerte 278 GW zum Gesamtausbau bei, gefolgt von Indien (24,5 GW). - Wasserkraft (ohne gepumpte Wasserkraft):
Die Kapazität wurde auf 1.283 GW erhöht, was einer merklichen Erholung im Vergleich zu 2023 entspricht. Dieses Wachstum wurde maßgeblich von China getragen. Äthiopien, Indonesien, Nepal, Pakistan, Tansania und Vietnam steuerten jeweils mehr als 0,5 GW bei. - Windkraft:
Beim Ausbau der Windkraft ist ein geringfügiger Rückgang des Zubaus auf insgesamt 1.133 GW Ende 2024 zu verzeichnen. Dabei dominierten erneut China und die USA. - Bioenergie:
Der Ausbau erholte sich 2024 mit einem Kapazitätszuwachs von 4,6 GW im Vergleich zu 3,0 GW im Jahr 2023. Das Wachstum wurde von China und Frankreich mit jeweils 1,3 GW getragen. - Geothermie:
Die Geothermie verzeichnete einen Zuwachs von insgesamt 0,4 GW, angeführt von Neuseeland. Es folgen Indonesien, die Türkei und die USA. - Netzunabhängiger Strom (ohne Eurasien, Europa und Nordamerika):
Der Kapazitätsausbau verdreifachte sich nahezu um 1,7 GW auf 14,3 GW. Das Wachstum wurde von netzunabhängiger Solarenergie dominiert, die 2024 6,3 GW erreichte.
Damit zeigt sich folgendes:
Stromenergie aus Atomkraft, Erdöl, Erdgas und Kohle spielt mit einem Anteil von 7,5 Prozent bei Neuzubauten keine nennenswerte Rolle mehr. Auch wenn die fossile und atomare Energiewelt mit ihrer Propaganda ein anderes Bild zeichnet.
Einfluss auf den Klimaschutz
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung 2024 übertraf den gesamten Ausbau der Elektrizitätserzeugung. Dies wird zu einem Rückgang der Nutzung fossiler und atomarer Energien führen. Und es zeigt, dass die Erneuerbaren Energien einen echten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Am deutlichsten wird dies am Beispiel Chinas, des weltweit größten Emittenten von CO2. Die chinesische Regierung hat immer noch das politische Ziel 2030 den Höhepunkt der CO2-Emissionen zu überschreiten. Tatsächlich zeigen die Zahlen aber, dass dieser Höhepunkt bereits 2024 überschritten wurde. Seit 18 Monaten stagniert der CO2-Ausstoß in China und beginnt trotz eines weiteren erheblichen Wirtschafts- und Stromnachfragewachstums leicht zu fallen.
Diese Entwicklung zeigt ganz neue Effekte. Australien beispielsweise ist ein Kontinent der massiven Rohstoffförderung, insbesondere von Kohle und Erdgas. Die australische Zentralregierung setzt weiterhin voll auf fossile Rohstoffnutzung, während einige offensive australische Bundesstaaten verstärkt auf Erneuerbare Energien setzen. Trotz dieser fossilen Politik der australischen Zentralregierung werden die ersten Kohlebergwerke und Gasförderungen durch Solar- und Batteriespeicher ersetzt.
2025 geht das globale EE-Wachstum beschleunigt weiter
Im ersten Halbjahr 2025 wurde weltweit erstmals mehr Strom aus Erneuerbaren erzeugt als aus Kohle. Insgesamt kamen 5.072 Terawattstunden (TWh) aus Erneuerbaren, was einer Steigerung um 363 TWh oder sieben Prozent entspricht. Die Stromerzeugung aus Kohle sank dagegen um 31 TWh auf 4.896 TWh. Der Anteil der Erneuerbaren an der weltweiten Stromerzeugung stieg von 32,7 Prozent auf 34,3 Prozent. Der Kohleanteil sank hingegen von 34,2 Prozent auf 33,1 Prozent.
Der globale Windkraftausbau wuchs im ersten Halbjahr 2025 um 64 Prozent besonders stark. Fast 72 Gigawatt (GW), das entspricht 72 Milliarden Watt, wurden neu installiert. Dies verkündete gerade die World Wind Energy Assoziation (WWEA).
Zwischen Januar und Juni 2025 wurden insgesamt 72,2 GW an neuer Kapazität installiert, nach 44,1 GW im ersten Halbjahr des Vorjahres. Ende Juni 2025 erreichte die gesamte installierte Windkraftkapazität 1.245 GW, was einem jährlichen Wachstum von 13,5 Prozent entspricht.
Windenergie deckt mittlerweile rund 12 Prozent des weltweiten Strombedarfs. Allein in China wurden 51,4 GW neu installiert. Dies ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr und mehr als zwei Drittel des globalen Windkraftinvestment insgesamt. WWEA erwartet für 2025 Neuinstallationen von rund 150 GW, was eine
Gesamtleistung bis Ende 2025 von über 1.320 GW ergeben wird.
Die Welt befindet sich auf einem steilen Pfad der Elektrifizierung mit Ökostrom
Auch wenn die Abwehrkämpfe der fossilen und atomaren Klima- und Umweltverschmutzer für ihre Interessen immer stärker und korrupter werden, so sind die Erneuerbaren Energien zusammen mit ihren elektrischen Heizungs- und Verkehrstechnologien weiter auf einem Wachstumspfad.
In einer Analyse von Ember zeigt sich eine erstaunliche und seit vielen Jahren anhaltende Wachstumsgeschichte der Elektrifizierung mit Erneuerbaren Energien.
In der Einleitung des Ember-Berichtes heißt es: Die elektrotechnische Revolution stellt die tiefgreifendste Umgestaltung des Energiesystems seit dem Übergang von Biomasse zu fossilen Brennstoffen im 18. Jahrhundert dar. Mit sinkenden Kosten und anhaltendem exponentiellem Wachstum mündet ein Jahrhundert der Evolution in ein Jahrzehnt der Revolution.
Drei Technologiegruppen vereinen sich zur Elektrotechnologie – einer Revolution in der Art und Weise, wie die Welt Elektronen erzeugt, nutzt und transportiert – Erneuerbare Energien aus Sonne und Wind; Strombedarf durch Elektrofahrzeuge (EVs) und Wärmepumpen; und Verbindungen durch Batterien und Digitalisierung.
Die vielfach von der fossilen Wirtschaft propagierte These: „Nicht nur Elektronen, sondern auch Moleküle werden für Klimaschutz benötigt“, wird mit dieser Ember-Analyse schnell als das entlarvt, was es tatsächlich ist: Propaganda für die fossile Wirtschaft.
Natürlich werden auch Moleküle in wenigen aber wichtigen Randbereichen wie zum Beispiel Bioenergie (Biogas, feste Biomasse) eine Rolle spielen. Dies gilt insbesondere in den nördlichen Weltregionen als Strom- und Wärmelieferant über Blockheizkraftwerke, um Dunkelflauten zu überwinden. Oder als Flugbenzin und Ersatz für fossiles Kerosin. Aber am Ende werden die Moleküle der Bioenergie in einem globalen 100 Prozent-Erneuerbare-Energien-System eine zwar wichtige, aber dennoch untergeordnete Rolle spielen. Die Elektrifizierung mit Ökostrom aus Sonne, Wind und Wasserkraft wird die Welt erobern.
Und wie sieht diese Weltrevolution der Erneuerbaren Energien in Deutschland aus?
Mit dem EEG 2000 wurde die von Ember beschriebene Entwicklung in der Welt angestoßen. Michael Bukowski hat das in seinem Buch „Deutsches Sonnenmärchen – Wie wir die Solarenergie zum weltweiten Erfolg gemacht haben“ sehr unterhaltsam, kurzweilig und verständlich beschrieben.
Leider wurde in Deutschland ab 2012 vor allem unter Umweltminister Peter Altmaier und seiner Staatssekretärin Katherina Reiche das deutsche Sonnenmärchen jäh beendet. Die solare Industrieführerschaft wurde damals aktiv unter Druck gesetzt. China konnte zum globalen Industrieproduzenten mit heute 90 Prozent Marktbeherrschung aufsteigen. Der jährliche PV-Ausbau wurde politisch aktiv von 7 GW (2012) auf etwa 1 GW im Jahr 2014 geschrumpft. Rund 100.000 Jobs gingen verloren, und hunderte Unternehmen gingen in Konkurs.
Unter der Ampel-Regierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck konnte der PV-Binnenmarkt wieder von etwa 4 GW (2020) jährlicher Neuinstallationen auf 17 GW im Jahr 2024 gehoben werden. Viele Handwerksbetriebe und innovative Solarunternehmen konnten sich erneut entwickeln.
Kommt in Deutschland ein neuer Rollback wie 2012?
Doch nun scheint sich Deutschland unter der Regierung Merz mit Wirtschaftsministerin Reiche erneut von der globalen Entwicklung abzukoppeln. Allein aufgrund verschiedener Ankündigungen von Ministerin Reiche bricht der Solarausbau auf deutschen Dächern ein. Erste Unternehmen gehen in die vorläufige Insolvenz wie das Solarunternehmen GridParity AG.
Doch diesmal steht mit dem Rollback-Versuch von Reiche und Merz weit mehr als „nur“ die Solarindustrie in Deutschland auf dem Spiel. Wie die Analyse von Ember aufzeigt, geht die globale industrielle Entwicklung den schnellen Weg der Elektrifizierung mit Ökostrom. Wer weiterhin auf Moleküle, neue Erdgaskraftwerke, die Aufweichung des Heizungsgesetzes zugunsten von Erdgas- und Erdölheizungen und vor allem auf den fossilen Verbrennungsmotor im Auto setzen will, wird in Wirklichkeit eine schnelle Deindustrialisierung Deutschlands verursachen.
Es wird Zeit, diesem destruktiven Rollback von Merz und Reiche entschiedenen Protest und entschlossene Aktivitäten entgegenzusetzen. Andernfalls wird Deutschland von der chinesisch dominierten Revolution der Elektrifizierung mit Ökostrom völlig überrollt und im industriellen Armenhaus landen.
Über den Autor
Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group, ein unabhängiges, gemeinnütziges, globales Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern, das er 2006 gegründet hat. Er war 1998 bis 2013 MdB für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2000.
Quelle: Hans-Josef Fell | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH